Familienplanung:Warum Frauen Eizellen einfrieren lassen

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Eingefrorene Eizellen werden im Labor künstlich befruchtet. (Foto: Florian Peljak)

Medien und Fachliteratur lassen glauben, Frauen entscheiden sich aus Karrieregründen zum "social freezing". Eine Umfrage zeigt jetzt ein anderes Motiv.

Von Werner Bartens

Liegt der Kinderwunsch einer Frau auf Eis, steckt bestimmt ein Kerl dahinter. Diesen Schluss legen Interviews mit Frauen nahe, die ihre unbefruchteten Eizellen einfrieren lassen. Anthropologen aus Yale um Marcia Inhorn haben mit 150 Frauen aus den USA und Israel gesprochen, die sich für das als "social freezing" bezeichnete Verfahren entschieden und dazu die Dienste von Fruchtbarkeitskliniken in Anspruch genommen haben. Auf dem derzeit stattfindenden Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Reproduktion und Embryologie in Barcelona stellte Inhorn ihre Ergebnisse vor.

"Sowohl die medizinische Fachliteratur als auch die Medien vermitteln zumeist, dass Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen, um weiter ihrer Ausbildung nachgehen und ihre Karriere verfolgen zu können", sagt Inhorn. "Unsere Studie zeigt hingegen, dass die primäre Motivation dafür vielmehr der Mangel einer stabilen Partnerschaft ist."

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Der Großteil der Frauen in der aktuellen Analyse war gerade ohne Partner. Als Grund für die Konservierung der Eizellen gaben sie Karriereplanung an letzter Stelle an. Auch unter den Frauen, die mit einem Mann zusammen waren, spielten berufliche Motive kaum eine Rolle. Die Partner der Frauen waren entweder noch nicht bereit für ein Kind, die Beziehung war zu neu oder zu unsicher, andere Partner wollten gar keine Kinder oder waren mit mehreren Frauen liiert.

"Die meisten Frauen aus dieser Gruppe hatten ihre Karriereziele schon längst erreicht", sagt Inhorn. "Aber wenn sie mit Ende 30 immer noch keine stabile Partnerschaft mit einem zuverlässigen Mann gefunden hatten, entschieden sie sich für das Einfrieren ihrer Eizellen."

Wie groß die Chancen auf eine Schwangerschaft noch sind, nachdem Eizellen für Jahre eingefroren waren, ist ungewiss und auch davon abhängig, in welchem Alter die Keimzellen konserviert wurden. Frauen, die ihre Eizellen auf Eis gelagert haben, können weiter der Hoffnung nachhängen, den Richtigen zu finden. "Manche entscheiden sich allerdings dafür, die Hilfe eines Samenspenders in Anspruch zu nehmen", sagt Inhorn, "und werden dann alleinerziehende Mütter."

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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