Oper:Lohengrin lyrisch

Mehr als nur ein Ersatz: Der Tenor Piotr Beczała springt nach der Absage von Roberto Alagna kurzfristig in Bayreuth ein. In drei Wochen ist Eröffnungspremiere. Aber keine Bange: Beczała ist für diese Partie mehr als nur eine Ersatzlösung.

Von Michael Stallknecht

"Ein Wunder, ein Wunder!", ruft der Chor in Richard Wagners "Lohengrin", wenn der Schwan unerwartet einen Ritter ans Land zieht, den buchstäblich der Himmel schickt. Normalerweise funktioniert die Sache im Theater trotzdem relativ berechenbar. Vorausgesetzt, der Schwanenritter steigt nicht wenige Tage vor Probenbeginn unritterlich aus dem Kahn, wie es der Tenor Roberto Alagna bei den Bayreuther Festspielen tat - angeblich, weil er sich den deutschen Text nicht merken kann (SZ vom 2. Juli). In drei Wochen steht die Eröffnungspremiere an, Christian Thielemann dirigiert und der Maler Neo Rauch entwirft das Bühnenbild. Nun wurde relativ rasch - ein Wunder! - ein Ersatzritter gefunden, der alles andere als nur ein "Ersatz" ist: Piotr Beczala, der mit einer der schönsten Tenorstimmen der Gegenwart gesegnet ist.

Der Text wird für den gebürtigen Polen sicher kein Hindernis darstellen, war er doch 15 Jahre am Zürcher Opernhaus engagiert. Inzwischen ist er in der Schweiz eingebürgert. Dabei ist Beczala, 51, kein klassischer Heldentenor, er hat eine lyrisch geprägte Stimme mit viel Glanz, die zu Kraftentladungen durchaus fähig ist. Wagners "italienischster" Heldenpartie dürfte das entgegenkommen, denn der Schwanenritter steigt "aus Glanz und Wonne" hernieder. Die Festspiele hätten diese Lösung wahrscheinlich schon früher haben können. Schließlich sang Beczala den Lohengrin 2016 unter Thielemann neben Anna Netrebko in Dresden, was als Probelauf für Bayreuth gedacht war. Daraus wurde nichts. Nun ist Beczala doch noch ins Boot gestiegen.

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