Rosenheim:"Da wird nichts Illegales unter der Ladentheke verkauft"

Cannabis

Aus Hanf kann man viel mehr produzieren als nur Drogen.

(Foto: dpa)
  • In Rosenheim hat ein Hanf-Bioladen eröffnet.
  • Dort gibt es zahlreiche Produkte, die aus oder mit der Pflanze gemacht werden - aber keine Rauschmittel.
  • Das Geschäft soll auch ein kleines Museum sein, um Interessierten zu zeigen, dass Hanf ein wertvoller Rohstoff für viele Produkte ist.

Von Dietrich Mittler, Rosenheim

Einige Rosenheimer wollten ihren Augen nicht trauen: Mitten in ihrer Stadt, unweit der Touristenmeile, hat am Donnerstag in der Kaiserstraße ein neues Geschäft aufgemacht, das durch das grüne Firmenschild "Hanf - der etwas andere Bioladen" auf sich aufmerksam macht.

Die Ware im Wert von rund 25 000 Euro war noch gar nicht vollständig eingeräumt, da bekam Geschäftsführer Dieter Major auch schon die üblichen Vorurteile um die Ohren gehauen: "Mei, darf man in Rosenheim jetzt auch schon Drogen verkaufen?", fragte ein Passant - wohl nicht wissend, dass diese schmucke Stadt einmal in der Drogenszene als lokale Dealer-Hochburg galt.

Doch mit illegalem Zeug habe der "etwas andere Bioladen" nichts, aber auch gar nichts zu tun, wie Ladengründer Wenzel Vaclav Cerveny betont. Cerveny trägt ein schwarzes Hemd, auf dem in Brusthöhe ein weißes Cannabis-Blatt prangt und ihn als Sprecher des Cannabis Verband Bayern (CVB) outet. Pflichtbewusst posiert er für den Kameramann eines Privatsenders vor Regalen mit Hanf-Tee, Cannabis Lollipops und Cannabis Haarbalsam, während gerade die erste Kundin noch vor der offiziellen Eröffnung eine Flasche Hanfbier ersteht. Hanfmilch hätte es auch gegeben.

"Nein", sagt Cerveny, die Polizei sei noch nicht im Laden gewesen. Und wenn, dann hätte ihn das wohl auch nicht nervös gemacht, denn in München, wo er bereits ein solches Geschäft am Laufen hat, da gehörten auch Polizisten zur Kundschaft. Obgleich, sagt er, der Großteil bestehe aus Senioren, die dort nach schmerz- und entzündungshemmenden Cannabis-Produkten Ausschau hielten, rezeptfrei versteht sich.

Tierfreunde könnten ruhig auch einmal vorbeischauen, denn für ihre Vierbeiner gebe es im Laden auch hanfbasierte Trockennahrung, geeignet für Hunde, Katzen oder Pferde. Um Ängsten vorzubeugen: Es sei nicht damit zu rechnen, dass durch Konsum der Tiernahrung irgend ein Viecherl "high" wird. Und wenn sich auch Cervenys Hund kurzzeitig etwas narrisch aufführte, so lag das nicht am Cannabis-Entzug, sondern daran, dass Herrchen sich herzlos erlaubt hatte, ohne ihn den Lieferwagen zu verlassen.

Hanf ist "einer der wertvollsten Rohstoffe"

"Hier geht es sauber und clean zu, da wird nichts Illegales unter der Ladentheke verkauft", sagt Cerveny. Ein Blick auf den Geschäftsführer bestätigt das auch ohne Worte. Dieter Major, weißblau kariertes Hemd, kurzes Haar und Managerbrille, entspricht nun gar nicht dem Kiffer-Klischee. "Ich kann keinen Joint rauchen", sagt der 57-Jährige, "ich ziehe zweimal, und dann gehe ich zum Kotzen, auf gut Deutsch gesagt." Das letzte Mal habe er es zu seinem 44. Geburtstag probiert - Katastrophe! Dass er nun diesen Laden führt, hat hauptsächlich zwei Gründe: die seit gut 25 Jahren währende Freundschaft zu Cerveny und die Faszination, was sich aus Hanf alles herstellen lässt: Von Pesto, Hautcremes und Badesalz bis hin zu hochdämmenden feuersicheren Baumaterialien und biologisch abbaubaren Kunststoffen.

Der Laden, so betont Cerveny, zugleich Geschäftsführender Gesellschafter der DCI Cannabis Institut GmbH, verstehe sich eben nicht nur als Verkaufsplattform sondern auch als kleines Museum, um Interessierten deutlich zu machen, dass Hanf als solcher "einer der wertvollsten Rohstoffe" sei und eben bei weitem nicht nur Lieferant des berauschenden Wirkstoffs THC. Darüber hinaus sieht Cerveny in dem neuen Laden auch "eine Anlaufstation für Patienten, die sich über die Auswirkung von Cannabis als Medizin austauschen wollen. Das aber, so macht Ladengründer Cerveny auch klar, ist nach wie vor mit Problemen verbunden.

Zwar ist Cannabis seit 10. März 2017 als Medizin für schwerstkranke Patienten erlaubt. Ärzte dürften es per Betäubungsmittelrezept verschreiben. Doch viele Mediziner hätten Angst vor der Justiz - oder vor Regressforderungen der Kassen. Außerdem seien die Medikamente in Apotheken oft so teuer, dass sich für Bedürftige hohe Schranken aufrichteten. Und nicht nur das: Immer wieder drohe Patienten aufgrund der eingenommenen Cannabis-Medizinprodukte Ärger mit der bayerischen Polizei. Auf viel Verständnis seitens der Politik können diese Menschen kaum bauen. Zu beobachten war das erst wieder am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags. "Nicht die Kiffer sind die Leidtragenden solcher Umstände, sondern die Patienten", sagt Cerveny.

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