Listenhunde:Mit Führerschein

Kampfhunde, Informationstag Listenhunde, Tierheim München

Hundetrainerin Nina Jank mit American Staffordshire Terrier Astor aus dem Tierheim.

(Foto: Florian Peljak)

Der Tierschutzverein fordert eine neue Kampfhundeverordnung

Von Robert Meyer

Nichts an Astor deutet darauf hin, dass er besonders aggressiv oder gefährlich ist. Der grauweiße American Staffordshire Terrier sitzt ruhig im Tierheim, lässt sich von den Menschen um ihn herum nicht stören und hört auf Kommandos. Trotzdem darf er in Bayern nicht gehalten werden. Denn Astor fällt unter die bayerische Kampfhundeverordnung.

Der Tierschutzverein München hat am Sonntag im Truderinger Tierheim einen Informationstag über sogenannte Listenhunde veranstaltet. Listenhunde - in der Öffentlichkeit auch als Kampfhunde bekannt - sind solche Rassen, die der Gesetzgeber als besonders aggressiv bewertet. Hunde der Kategorie eins dürfen in Bayern nicht gehalten werden. Nur wenn der Besitzer ein "berechtigtes Interesse" vorweisen kann, ist das möglich - in Bayern jedoch eine Seltenheit. Bei Hunden der Kategorie zwei, zu denen unter anderem Rottweiler zählen, wird ebenfalls eine besondere Aggressivität vermutet. Wenn der Hund jedoch einen Wesenstest besteht, darf er auch in Bayern gehalten werden.

Aus Sicht von Claus Reichinger, stellvertretender Vorsitzender des Tierschutzvereins Münchens, entspricht die Listenverordnung nicht der Realität. In den Statistiken zu Bissattacken rangierten die als gefährlich geltenden Rassen im unteren Bereich. Laut Reichinger sind bestimmte Hunderassen nicht grundsätzlich aggressiver als andere. "Hunde der Kategorie eins machen bei uns im Tierheim am wenigsten Probleme." Auch der Sachverständige Franz Breitsamer, der seit mehr als 40 Jahren Hunde für die Regierung Oberbayern beurteilt, will bestimmte Rassen nicht über den Kamm geschert als "gesteigert aggressiv" bezeichnen, weshalb er für die Prüfung jedes einzelnen Falls plädiert.

Der Tierschutzverein München fordert deshalb, die Kampfhundeverordnung aus dem Jahr 1992 zu erneuern. Vor allem das "berechtigte Interesse" sei laut Claus Reichinger "nicht genau definiert". Die Folge: Das Tierheim München kann Kampfhunde der Kategorie eins in Bayern nicht an neue Halter vermitteln. Man muss auf andere Bundesländern ausweichen, die aber genauso Probleme haben, neue Besitzer zu finden. Derzeit sind fünf Hunde der Kategorie eins im Tierheim untergebracht.

Der Verein schlägt deshalb vor, den Tierschutz als "berechtigtes Interesse" festzulegen und Hunde der Kategorie eins unter strengen Auflagen abzugeben. Der Hund muss hierfür aus dem Tierschutz stammen und einen Wesenstest bestehen, der Halter soll einen Hundeführerschein vorweisen können. Wenn nötig sollen Städte und Gemeinden auch einen Leinenzwang für den Hund anordnen dürfen.

Auf einer Podiumsdiskussion mit Politikern erhielten die Vorschläge breite Zustimmung, unter anderem von Stadträtin Bettina Messinger (SPD). Gabriele Neff, FDP-Stadträtin, forderte sogar eine einheitliche Regelung in ganz Deutschland. Claudia Hämmerling von den Grünen, derzeit zweite Vorsitzende des Tierheims Berlin, ärgerte sich über Falschinformationen, die zum Thema kursieren. Man dürfe "nicht das gefühlte Wissen in Gesetze" gießen, meinte die ehemalige Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses. "Das Problem ist immer am anderen Ende der Leine." Auch Ilse Ertl (Freie Wähler), Kandidatin für die Landtagswahlen, findet, dass Listenhunde grundsätzlich nicht aggressiver seien als andere Rassen. Die Tierärztin sagt: "Die bissigsten Hunde, die einem Tierarzt an den Hals wollen, sind Chihuahuas."

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