Für Familien:Aufwertung der Hebammenarbeit

Für Familien: Wünschen sich wohnortnahe Geburten (v.l.n.r.): Cornelia Möhring, Andreas Wagner und Harald Weinberg.

Wünschen sich wohnortnahe Geburten (v.l.n.r.): Cornelia Möhring, Andreas Wagner und Harald Weinberg.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Vertreter der Linken fordern Geburtshäuser - auch für Bad Tölz

Unter dem Titel "Einsame Geburt - Hebammen in Not" lud Andreas Wagner, seit 2017 für die Linke im Bundestag, am Montag zum Gespräch ein: Um die Problemlage zu klären und Lösungen zu diskutieren, kamen in seinem Wahlkreisbüro Cornelia Möhring (Frauenpolitische Sprecherin der Fraktion), Harald Weinberg (Gesundheitspolitischer Sprecher) und Jana Kießling von der Bundesinitiative "Mother Hood" zusammen. Ihr Fazit: Fokussierung auf Geburtshäuser.

Zwischen Bad Tölz und der Nordseeinsel Föhr liegen rund tausend Kilometer, Unterschiede in allen Lebensbereichen liegen auf der Hand. Doch einer fällt besonders ins Auge: Auf Föhr werden derzeit wieder Kinder geboren, in Bad Tölz nicht mehr. Seit der Schließung der Tölzer Entbindungsstation im April 2017 gestaltet sich die Situation für Schwangere im Südlandkreis schwierig. Wer sich etwa von Lenggries auf den Weg zur nächstgelegenen Geburtsabteilung in der Kreisklinik Wolfratshausen macht, hat bei durchschnittlichem Verkehrsaufkommen mit einer Fahrzeit von rund vierzig Minuten zu rechnen - vierzig Minuten, die bei einer Frau in den Wehen entscheidend sein können.

Die "Ökonomisierung" des Krankenhausbetriebs ist laut der Linken das Grundproblem. Die Partei fordert daher eine Abschaffung des Abrechnungsverfahrens, nach dem Patienten einer bestimmten Fallgruppe zugeordnet werden. Denn dies führe dazu, dass sich Stationen zunehmend in "Profit-Center" mit möglichst wenig, aber schnell arbeitendem Personal verwandelten, sagte Weinberg. Geburten seien nicht planbar, zeitaufwendig und daher wenig rentabel. Künstlich beschleunigte Geburten und medizinisch nicht notwendige Kaiserschnitte seien die Folge. Die Geburt werde so durch Einwirkung von außen in eine rigide Krankenhausorganisation eingetaktet - das Wohl der Mutter und des Kindes könne dabei zu kurz kommen.

Dem sei nur entgegenzuwirken mit einer flächendeckenden Versorgung durch Hebammenleistungen. "Dreh- und Angelpunkt ist es, die Situation der Hebammen zu verbessern", so Möhring. Einen Grund, sich gegen diesen Beruf zu entscheiden, sieht die Linke in den hohen Haftpflichtprämien, die Hebammen jährlich zahlen müssen. Ein aus Steuermitteln gespeister Haftungsfond sollte aus Sicht der Partei Abhilfe schaffen. Zudem müssten Leistungen der Hebammen höher vergütet werden, insbesondere die Vor- und Nachsorge: Hebammen begleiten schließlich Frauen von der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit. Eine Aufwertung der Arbeit der Hebammen müsse einhergehen mit der Bereitstellung von Räumen, etwa in Form von Geburtshäusern. Doch Vorbehalte gegen außerklinische Geburten seien weit verbreitet. Zu Unrecht, meint Kießling. Geburten seien keine Krankheiten, sondern ein natürlicher Prozess, den eine erfahrene Hebamme auch außerhalb einer Klinik zuverlässig betreuen könne.

Ein Geburtshaus war die Lösung auf der Insel Föhr. Die entsprechenden Förderprogramme vorausgesetzt, sieht die Linke darin auch für den Tölzer Landkreis die dringend benötigte Entlastung.

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