Zeitumstellung:Wie kam die Zeit in die Welt?

Zeitumstellung: Anfang des 19. Jahrhunderts unterschied man selbst zwischen der Berliner Zeit und der Münchner Zeit. 100 Jahre später spielt Martin Scorseses "Hugo Cabret", wichtige Nebendarstellerin: eine Bahnhofsuhr.

Anfang des 19. Jahrhunderts unterschied man selbst zwischen der Berliner Zeit und der Münchner Zeit. 100 Jahre später spielt Martin Scorseses "Hugo Cabret", wichtige Nebendarstellerin: eine Bahnhofsuhr.

(Foto: Jaap Buitendijk)

Die Erfindung der Zeit hatte vor allem einen Sinn: Geschäftemachen. Und die erste, die davon profitierte, war die nordamerikanische Eisenbahngesellschaft. Ab da wurde es dann kompliziert.

Von Martin Zips

Die Zeit, wie wir sie kennen, ist eine Erfindung der nordamerikanischen Eisenbahngesellschaft. Um die Uhrzeit einheitlich zu regeln, führten die Eisenbahner im Jahr 1883 vier Zeitzonen ein. Das erwies sich als sinnvoll, vor allem zum Geschäftemachen. Nur ein Jahr später wurde auf der Internationalen Meridiankonferenz in Washington der Meridian von Greenwich als Nullmeridian festgelegt: 24 weltweite Zeitzonen orientierten sich ab sofort direkt oder indirekt an ihm. Russland erstreckt sich heute über elf solcher Zonen. Iran, Indien, Nepal und andere bevorzugen eine Zeit, die sich in Halbstunden- oder Viertelstunden-Schritten von der im Jahr 1972 eingeführten Weltzeit UTC (Coordinated Universal Time) abhebt. Und in China, wo fünf Zeitzonen geografisch sinnvoll wären, ist seit 1949 allein die Pekinger Uhr entscheidend.

Zeit ist eben Ländersache. Und international verbindliche Regelungen gibt es auch in der Ära von GPS und Internet noch nicht. In Russland etwa gilt, nach einigem Hin und Her, seit 2014 das ganze Jahr über Winterzeit (Standard Time), in der Türkei indes herrscht immer Sommerzeit (Daylight Saving Time). In der EU galt bisher: Im März wird die Uhr um eine Stunde vor und im Oktober wieder zurückgestellt. Doch wie lange noch?

Internationale Verträge und Zeitinstitute bemühen sich zwar um eine Harmonisierung der weltweiten Interessen, und das Bureau International des Poids et Mesures bei Paris fungiert als eine Art globaler Schiedsrichter. Doch letztlich gibt es keinen Zwang zu irgendeiner verbindlichen Zeit. Ganz so wie noch Anfang des 19. Jahrhunderts, als man in Deutschland unter anderem zwischen der Berliner Zeit und der Münchner Zeit unterschied. Das machte immerhin sieben Minuten aus. Doch Vorsicht: Wenn es allein ums Geldverdienen geht, könnte die Nacht auch künftig mehr und mehr zum Tag werden.

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