Ein Asylsuchender aus Mecklenburg-Vorpommern ist möglicherweise rechtswidrig in sein Herkunftsland Afghanistan abgeschoben worden. Nach Recherchen des NDR handelt es sich bei dem 20-Jährigen um einen jener 69 Menschen, die am 3. Juli nach Kabul geflogen worden waren.
Er habe im Dezember 2015 Asyl beantragt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe den Antrag im Februar 2017 abgelehnt. Dagegen klagte der Afghane. Das Verfahren sei zum Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht abgeschlossen gewesen.
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Nach der Abschiebung des Gefährders beschuldigen sich die Behörden gegenseitig. Innenminister Seehofer und NRW-Integrationsminister Stamp finden keinen gemeinsamen Nenner - und verschieben ein wichtiges Treffen.
"Wegen des laufenden Asylklageverfahrens hätte keine Abschiebung erfolgen dürfen", zitiert der Sender einen Sprecher des Verwaltungsgerichts Greifswald. In der Woche nach der Abschiebung hätte der Flüchtling vor Gericht angehört werden sollen.
Klage des Mannes war dem Bamf wohl bekannt
Dokumente, die dem NDR vorliegen, belegen demnach, dass Bamf und Ausländerbehörde bei der Abschiebung von falschen Voraussetzungen ausgingen. Sie glaubten, die Ablehnung des Asylantrags sei rechtskräftig geworden, und der Mann könne abgeschoben werden. Das Gericht hatte die Klage jedoch schon im August 2017 akzeptiert.
Das Schweriner Innenministerium bedauerte den Fehler im NDR, verwies aber auf das Bamf, das fehlerhafte Daten geliefert habe. Nach den Dokumenten, die dem NDR vorliegen, war die Klage des Mannes dem Bamf bekannt. Dort ging man aber offenbar fälschlicherweise davon aus, dass das Verwaltungsgericht sie nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Weder das Bundesamt noch das Bundesinnenministerium äußerten sich laut NDR bisher auf Anfrage dazu. Die Anwältin des Flüchtlings, die SPD-Bundestagsabgeordnete Sonja Steffen, soll beantragt haben, den Mann zurück nach Deutschland zu holen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) war wegen der Sammelabschiebung nach Afghanistan und seinem Umgang damit in die Kritik geraten. Er hatte darüber gescherzt, dass ausgerechnet an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abgeschoben wurden. Am Tag danach wurde bekannt, dass einer der Abgeschobenen nach seiner Ankunft in Kabul Suizid begangen hatte.
Derzeit wird auch über die Abschiebung des als islamistischer Gefährder eingestuften Sami A. nach Tunesien diskutiert. Der Mann war am vergangenen Freitag in sein Herkunftsland abgeschoben worden, obwohl ein Gericht dies am Vorabend untersagt hatte. Dem Gericht zufolge droht A. - der ein Leibwächter Osama bin Ladens gewesen sein soll - in Tunesien womöglich Folter.