Universität Erlangen:Muslime und Mehrheitsgesellschaft leben ziemlich gut zusammen

Eine Studie zu Muslimen in Bayern scheint an die Politiker zu appellieren: Seid nicht resigniert, nicht naiv euphorisch, sondern realistisch.

Kommentar von Matthias Drobinski

Gegen all das anschwellende Gerede, dass nun die Flut der Muslime auch Bayern überschwemmt, aus Zwiebeltürmen Minarette werden und der Burkini die Ufer des Starnberger Sees beherrscht, hilft vor allem eins: Realismus. Diesen Realismus liefert nun die große Studie des Erlanger Forscherteams; sie ist das Ergebnis von drei Jahren Arbeit und darüber hinaus vielen Jahren Erfahrungen, guten wie schlechten.

Die Forscher reden nichts schön, sie entwerfen keine rosarote Vision vom Zusammenleben der Kulturen und Religionen als immerwährendem Straßenfest. Auch das nimmt ja die Menschen nicht ernst, die da zusammenleben und manchmal auch zusammenleben müssen; es wertet alle ab, die, manchmal aus gutem Grund, sagen: Mir ist nicht nach Straßenfest zumute.

Aber sie setzen auch den Unheilspropheten den nüchternen Befund entgegen: Im Großen und Ganzen klappt das Zusammenleben von Muslimen und Mehrheitsgesellschaft, gerade in Bayern, dem reichen Land, in dem es wenige Arbeitslose gibt - vieles, was in den Medien als Religionskonflikt auftaucht, ist ja in Wahrheit ein Armuts- und Bildungsproblem. Die meisten Muslime leben gerne hier und kommen mit ihren Nachbarn aus; viele haben ihren eigenen bayerischen Patriotismus entwickelt. Es gibt Probleme, aber die können angegangen werden - und sie werden in Bayern auch schon angegangen. Es gibt Streit, aber gerade um des guten Miteinanders willen muss er ausgetragen werden.

Vieles, was die Studie nun der Landesregierung und den Kommunen empfiehlt, liest sich wie ein großer Appell: Lieber Ministerpräsident Söder, liebe Bürgermeister im Land der Bayern, helft mit, dass da weiter wächst, was in den vergangenen Jahren an Miteinander und Integration entstanden ist. Helft denen, die da tapfer an den kleinen Schritten aufeinander zuwerkeln, gerade dann, wenn der türkische Präsident einträchtig mit den deutschen Islamfeinden alles daran setzen, dass die Gräben wieder tiefer werden. Lasst euch nicht beeindrucken von den Hasspredigern aller Seiten und lenkt auch kein Wasser auf ihre Mühlen. Seid nicht resigniert, seid nicht naiv euphorisch - seid realistisch.

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