USA und Russland:Nach Trumps Gespräch mit Putin wächst in Washington die Panik

Trump Putin Treffen 2018 Helsinki

Einige Demokraten wollen Marina Gross, die das Gespräch übersetzte, befragen.

(Foto: AFP)
  • Bei ihrem Gipfel in Helsinki sprachen US-Präsident Trump und Russlands Präsident Putin fast zwei Stunden lang miteinander.
  • In Washington wächst nun die Panik darüber, was die beiden vereinbart haben könnten.
  • Putin soll Trump ein Referendum im Donbass und einen zweifelhaften Verbrecher-Austausch-Deal vorgeschlagen haben. Zudem haben die beiden offenbar über das jüngste Nato-Mitglied Montenegro gelästert.
  • Geheimdienstdirektor Coats ist besorgt; er erfährt von der Presse, dass Trump Putin nach Washington einlädt.

Von Hubert Wetzel, Washington

Dan Coats ist einer der Menschen in Washington, die am meisten wissen sollten. Er arbeitet als "Nationaler Geheimdienstdirektor" im Weißen Haus, er hat die Aufsicht über sämtliche amerikanische Spionagebehörden, bei ihm laufen viele Informationskanäle zusammen. Dennoch wusste Coats offenbar nicht, was sein Kollege John Bolton im Büro nebenan tat. Bolton arbeitet auch im Weißen Haus, er trägt den Titel "Nationaler Sicherheitsberater", und seine Aufgabe ist, US-Präsident Donald Trump in außen- und sicherheitspolitischen Dingen zur Seite zu stehen. Ein Thema, über das Trump, Coats und Bolton eigentlich praktisch ständig reden müssten, ist die Politik gegenüber der rivalisierenden Atommacht Russland.

So wie es aussieht, haben allerdings weder Bolton noch Trump Coats gesagt, dass Bolton im Auftrag Trumps daran arbeitet, einen Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Washington im Herbst zu organisieren. "Was? Sagen Sie das noch mal", antwortete Coats überrascht, als ihn eine Journalistin am Donnerstag während eines Gesprächs über die Pläne informierte. "O.k. Na, das wird ja was Besonderes."

Man kann nun darüber spekulieren, ob das sarkastisch oder resignativ gemeint war. Coats ließ jedenfalls keinen Zweifel, dass aus seiner Sicht schon das erste Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin, am Montag in Helsinki, überaus besonders gewesen sei. Auf ein zweites kann er offensichtlich gut verzichten.

Coats missfielen zwei Dinge an Trumps Treffen mit Putin. Er hätte sich gewünscht, so sagte er, der US-Präsident hätte nicht insinuiert, dass er dem russischen Kollegen mehr vertraue als den amerikanischen Geheimdiensten. Das war die Post-Helsinki-Standardkritik. Trump hatte in Finnland mehr oder weniger klar gesagt, er glaube Putin, wenn dieser bestreite, dass sich Russland in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt habe. Die US-Dienste und die US-Justiz behaupten das Gegenteil und haben jede Menge Beweise für ihre Version. Offenbar nicht genug für Trump: "Ich habe hier Präsident Putin. Er sagt, es war nicht Russland."

Später fällt auf: einer der "Verbrecher" ist ein Ex-US-Botschafter

Coats beklagte noch eine Besonderheit des Gipfels. Trump hatte sich zwei Stunden allein mit Putin unterhalten, nur Dolmetscher waren anwesend. So weiß jetzt außer Trump keiner in der US-Regierung wirklich, was die Präsidenten besprochen und eventuell versprochen haben. Niemand konnte erklären, was die Russen meinten, als sie am Tag nach Helsinki von "wichtigen mündlichen Vereinbarungen" redeten. Und bei vielen in Washington herrscht blanke Panik, dass Trump, ohnehin keiner, der sich Details und Nuancen eines Gesprächs merkt, von dem psychologisch geschulten Ex- KGB-Offizier Putin über den Tisch gezogen wurde.

Beispiel: US-Sonderermittler Robert Mueller hat zwölf russische Geheimdienstler angeklagt. Sie sollen im Wahlkampf 2016 Hackerangriffe auf die US-Demokraten geleitet haben, um deren Kandidatin Hillary Clinton zu schaden. Putin schlug in Helsinki vor, Mueller könne die zwölf Angeklagten befragen, wenn russische Ermittler Amerikaner verhören dürften, die in Russland Verbrechen begangen hätten. Das sei "ein großartiges Angebot", lobte Trump in Helsinki. "Unglaublich." Später fiel in Washington auf, dass unter den amerikanischen "Verbrechern", die Putin vernehmen lassen will, Michael McFaul ist, Ex-US-Botschafter in Moskau. Er ist über jeden kriminellen Verdacht erhaben. Er ist freilich ein harscher Putin-Kritiker. Trump hätte aus Unwissenheit oder Gefallsucht fast zugestimmt, dass russische Ermittler ihn ins Kreuzverhör nehmen. Erst am Donnerstag stellte das Weiße Haus klar, dass das nicht passiert.

Ähnlich besorgniserregend fanden US-Sicherheitspolitiker, dass Trump nach dem Gipfel über das jüngste Nato-Mitglied herzog: Montenegro. Dort lebten "aggressive" Menschen, die "den Dritten Weltkrieg auslösen" könnten. Und Amerika hänge dann wegen der Nato-Beistandspflicht mit drin. Das klang sehr nach russischer Sicht der Dinge.

Das gilt auch für Putins angeblichen Vorschlag, im Donbass, wo ukrainische Regierungstruppen gegen prorussische Separatisten kämpfen, ein Referendum abzuhalten. Dass so eine Volksbefragung, die in Europa strikt abgelehnt wird, für die Abspaltung von der Ukraine und den Anschluss an Russland ausgehen würde, ist sicher. Putin annektierte die Krim mit einem ähnlichen Trick. Ob und wie Trump auf die Idee geantwortet hat, ist unklar. Er weiß es, sagt es aber nicht.

Einige Demokraten im Kongress kamen daher auf die Idee, die US-Reegierungsdolmetscherin, die das Gespräch übersetzte, zu befragen. Das wäre beispiellos und wurde von den Republikanern sofort niedergestimmt. Aber das Unbehagen bleibt.

Trump stört das nicht sehr. Ihm ist ziemlich egal, was das sicherheitspolitische Establishment denkt, aus dem Coats stammt und das ihn ohnehin kritisiert. Für den Präsidenten ist wichtig, dass laut Umfrage 79 Prozent der republikanischen Wähler seinen Umgang mit Putin großartig finden.

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