Mietpreise explodieren:Wohnen erschwinglich machen

In Wartenberg wird über die Notwendigkeit und Möglichkeiten gesprochen, wie Kommunen als Bauträger auftreten können

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Die "Mitte der Gesellschaft", zum Beispiel Erzieher, Polizisten oder Feuerwehrleute", kann sich Wohnen in der Region München nicht mehr leisten. Erschwinglicher Wohnraum wird immer weniger und wenn man den privaten Immobilienmarkt sich selbst überlässt, werden überwiegend hochpreisige Angebote gebaut, nur keine Sozialwohnungen. Nur die Kommunen können dem noch entgegen wirken, sehen sich in der Pflicht, selber als Wohnungsgeber aktiv zu werden. Das ist das Fazit eines "Dialogs Wohnen im Landkreis Erding" im Trachtenstadel in Wartenberg, zu dem die baucultur project GmbH in München in Kooperation mit der Regierung von Oberbayern und der Bayerischen Gemeinde Zeitung eingeladen hatte.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von baucultur-Geschäftsführer Christoph Maier, der den Immobilienmarkt in München und Umgebung vorstellte. baucultur project sieht sich als Partner der Kommunen um bezahlbaren und zum Wohnbudget von Senioren, Alleinerziehenden und jungen Familien passenden Wohnraum zu schaffen. Ziel sei es, so Maier, Wohnraum für die Mitte der Gesellschaft, die sich die vom Markt angebotenen Luxusimmobilien nicht leisten könne, bereitzustellen. Wohnen darf kein Luxus sein, denn Wohnen ist wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge - darüber waren sich alle einig. Doch die Realität sei, dass die Immobilienpreise explodieren, so Maier. Ein Grund dafür sei, dass Grundstücke zunehmend zum Spekulationsobjekt werden, da viel Geld auf dem Markt sei.

Maier zeigte, wo sich Potenziale für bezahlbares Wohnen ableiten lassen. Demnach betragen die Anteile für das Grundstück sowie Planen und Bauen jeweils rund 30 Prozent. Weitere zehn Prozent gingen an Projektentwickler und Bauträger. Zehn Prozent müssten für die Instandhaltung und die nicht direkt auf den Mieter umlegbare Verwaltung bezahlt werden, während der restliche Anteil von rund 20 Prozent als Gewinn beim Vermieter bleibe. Ein großer Faktor sei eben der Grundstückpreis. Und hier kommen die Kommunen ins Spiel, da sie auf eine Gewinnmaximierung verzichten können und oft eigene Grundstücke anbieten können. Mit diesen Ansätzen lasse sich die Miete um rund 35 Prozent senken und wenn man dann noch intelligente Grundrisse ins Spiel bringe, erreiche man beispielsweise für eine alleinerziehende Mutter einen Sprung von etwa 1200 Euro für eine marktübliche Dreizimmerwohnung auf rund 650 Euro, was eher zu ihrem Wohnbudget passe und damit mehr Geld für Essen und Bildung übrig bleibe.

Wie kommunaler Wohnungsbau aussehen kann, stellte Christine Borst dar, die Bürgermeisterin der Würmtalgemeinde Krailling und Vorsitzende des Verbandes Wohnen im Landkreis Starnberg. Verbandsmitglieder sind der Landkreis Starnberg und 13 Gemeinden des Landkreises Starnberg. Aktuell bewirtschaftet der Verband 2364 eigene Wohnungen und etwa 200 Wohneinheiten in der Fremdverwaltung, wie Borst sagte. Satzungsgemäß erfülle der Zweckverband seine Aufgaben ohne Gewinnabsicht. Da in ihm nur Kommunen seien, könnten auch alle staatlichen Fördermittel in Anspruch genommen werden. Zur Deckung des Finanzbedarfs (zum Beispiel als Eigenkapital für Neubauten) könne eine Wohnbauumlage erhoben werden. "Der Solidaritätsgedanke steht im Mittelpunkt", sagte die Verbandsvorsitzende.

Um kostengünstig bauen zu können, müssten die Mitglieder einen Antrag über Aufnahme ins Bauprogramm samt ihrem Bedarf stellen und sich bereit erklären, das Grundstück im Erbbaurecht für 0,51 Euro je Quadratmeter jährlich zu vergeben. Den Rest erledige der Verband. Zurzeit seien bis 2020 insgesamt 249 Wohnungen geplant. "Ein sportliches, aber dringend notwendiges Programm", so Borst. Um erschwinglicher bauen zu können, hat sie aber auch deutliche Forderungen an die Kommunen: zum einen müsse man endlich dichtere Bebauung zulassen und auch mehr Geschosse als drei. Und beim sozialen Wohnungsbau vom Stellplatzschlüssel abweichen. "Einer reicht", sagte Borst. Nur so könne man, wie im Landkreis Starnberg eine Miete von 7,50 Euro pro Quadratmeter mit Berechtigungsschein und von zehn Euro ohne erreichen.

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