USA:Trumps Deal: Wahlen zuerst, Probleme später

Lesezeit: 3 min

Donald Trump am Donnerstag mit Iowas Gouverneurin Kim Reynolds und seiner Tochter Ivanka. (Foto: AP)
  • Die Deeskalation zwischen der EU und Trump signalisiert, dass das Weiße Haus die Zwischenwahlen vor Augen hat.
  • In dieser Woche verteilte die Regierung Milliardenhilfen an US-Bauern, distanzierte sich von Russland und signalisierte Kompromissbereitschaft im anstehenden Haushaltsstreit.
  • Den Republikanern droht im November der Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus.

Von Johannes Kuhn, Austin

Am Tag nach der Deeskalation im Handelskonflikt mit Europa praktizierte Donald Trump wieder einmal die "Kunst des Deals": Die Kunst, seinen Anhängern jede seiner Abmachungen als nie zuvor erreichten Erfolg zu verkaufen. Und so prahlte der US-Präsident bei einem Auftritt im Ackerbau-Staat Iowa: "Wir haben euch Farmern gerade die Tür nach Europa geöffnet. Ihr werdet nicht besonders sauer auf Trump sein."

Damit legte der 72-Jährige eine Marktöffnung nahe, obwohl die EU nur erklärt hat, künftig mehr amerikanische Sojabohnen importieren zu wollen. Viel interessanter für die Farmer ist eigentlich das Hilfspaket im Umfang von 12 Milliarden US-Dollar, das Landwirtschaftsminister Sonny Perdue wegen des für Farmer verlustreichen Zollstreits mit China diese Woche aufgelegt hat.

Die US-Regierung wird das Geld im September auszahlen. Dieses Timing und die Trump'sche Rhetorik erklären die politische Dynamik, die auch den EU-Deal möglich gemacht hat: Im November stehen die Zwischenwahlen an und die Republikaner haben Sorgen, ihr Stammklientel zu verärgern. Der Handelsstreit, der von Trump durchaus mit Blick auf die Basis ausgelöst wurde, hat sich dabei als weniger populär herausgestellt, als erhofft.

Alleine in Iowa und den landwirtschaftlich geprägten Teilen von Illinois sind sechs republikanische Sitze in Gefahr - das ist ein Viertel der Mandate, die Demokraten den Republikanern abluchsen müssen, um als Mehrheit im Repräsentantenhaus der US-Regierung das Leben schwer zu machen.

In Michigan und Wisconsin, die Trump 2016 gewonnen hatte, sind fast zwei Drittel der Wähler gegen eine zweite Amtszeit des US-Präsidenten - was sich ebenfalls in den Midterms niederschlagen dürfte. Entsprechend hat das Trump-Team seit dieser Woche in den Wahlkampfmodus geschaltet und versucht, unangenehme Themen loszuwerden und symbolische Siege zu vekründen.

Putins Besuch? Frühestens 2019

Neben der transatlantischen Deeskalation ergriff Trumps Team auch einige Maßnahmen, um sich für den Rest des Jahres des Russland-Themas zu entledigen.

Ranghohe Offizielle betonten, dass Washington niemals die Annexion der Krim anerkennen werde. Am Mittwoch kündigte Sicherheitsberater John Bolton an, dass der für Herbst anvisierte Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Washington frühestens 2019 stattfinden wird. "Wenn die Russland-Hexenjagd vorbei ist", wie Bolton mit Verweis auf die Ermittlungen von Robert Mueller erklärte. Und der 6. November, Tag der Halbzeitwahlen.

Zuvor hatten republikanische Berater hinter den Kulissen eindringlich davor gewarnt, dass ein weiteres Freundschaftstreffen der Präsidenten den Demokraten Angriffsfläche bieten und konservative Stammwähler demotivieren könnte; ranghohe Republikaner im Kongress hatten Putin zur unerwünschten Person erklärt. Am Freitag will Trump nun auch den Eindruck korrigieren, ausländische Versuche zur Wahlbeeinflussung zu ignorieren - mit einem öffentlichkeitswirksamen Treffen des Nationalen Sicherheitsrats zum Thema.

Haushaltsdeal statt Mauer-Milliarden

Vor den Zwischenwahlen im November geht es auch darum, den politisch hochexplosiven Stichtag am 30. September zu entschärfen. An diesem Tag läuft um Mitternacht wieder einmal jene Frist aus, nach der die US-Regierung ohne Geld dasteht und viele Behörden und Parks schließen muss ("Shutdown"). Für die Zwischenfinanzierung des Haushalts müssen beide Parteien einen Kompromiss finden.

Trump wollte eigentlich einer Einigung nur zustimmen, wenn diese fünf Milliarden Dollar für den Bau-Beginn seiner Grenzmauer zu Mexiko enthält. Vor seinen Anhängern hatte er angekündigt, notfalls den Shutdown zu riskieren - schließlich beweise das nur, dass die Demokraten nicht an der Sicherheit des Landes interessiert seien.

In dieser Woche rückte er Medienberichten zufolge von dieser Haltung ab. Die Führung der Republikaner konnte ihn erneut mit dem Argument überzeugen, dass ein Shutdown Wählerstimmen kosten würde und der Grenzschutz nach der heftig kritisierten Familientrennung nicht zum Gewinnerthema taugt. Die Konservativen sollten sich stattdessen darauf konzentrieren, den Supreme-Court-Richter Brett Kavanaugh vor dem Wahltag zu bestätigen und die Botschaft von der ausgezeichneten Wirtschaftslage zu verbreiten.

Solche Erfolgsmeldungen sollen die republikanischen Wähler mobilisieren, die am Wahltag hochmotivierte und ziemlich wütende Demokraten treffen werden. In den eigentlich gering geschätzten Zwischenwahlen wird eine Rekordbeteiligung erwartet.

Die republikanische Partei und Trumps Wiederwahl-Kampagnenfonds für 2020 kündigten am Donnerstag an, ihre Anstrengungen zur Sicherung der Mehrheit zu verstärken: Sie werden mehr als 100 Kandidaten für Senat und Repräsentantenhaus mit zusätzlichen Finanzmitteln zu unterstützen.

Eine Garantie, dass der US-Präsident nun bis November alte Probleme entsorgt, statt neue zu schaffen, kann allerdings niemand abgeben.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Handelsstreit
:Was der Deal von Washington für Europa bedeutet

Werden die Strafzölle abgeschafft? Und wer soll in der EU jetzt die amerikanischen Sojabohnen kaufen? Die wichtigsten Antworten zum Treffen von Juncker und Trump.

Von Cerstin Gammelin, Berlin, und Claus Hulverscheidt, New York

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: