Mobiles Bezahlen:Mit dem iPhone an die Kasse

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Seit vier Jahren hat Apple einen eigenen Bezahldienst, brachte ihn aber bislang nicht nach Deutschland. Das soll sich jetzt ändern. Die Deutsche Bank und die HVB werden Apple Pay anbieten.

Von F. Wilke, M. Schreiber, V. Dornis und N. Wischmeyer, München

Es scheint, als könnten die Apple-Fans ihr Glück noch nicht ganz fassen. In den sozialen Netzwerken hoffen manche, dass das nicht alles "nur ein Traum" sei und witzeln darüber, ob sich Apple-Chef Tim Cook nicht versprochen haben könnte, als er in der Nacht auf Mittwoch ankündigte, den mobilen Bezahldienst Apple Pay bis Ende des Jahres nach Deutschland zu bringen. Oft verbreiteten sich in den vergangenen vier Jahren Gerüchte dazu, doch diesmal verkündete Cook bei der Präsentation der Quartalszahlen diesen Schritt offiziell. Fest steht bereits, dass Kunden von Deutscher Bank, Hypo-Vereinsbank und der Online-Bank N26 Bezahlkarten bei Apple Pay hinterlegen können. Die Postbank soll kurze Zeit später folgen.

Es tut sich gerade was beim mobilen Bezahlen in Deutschland: Bereits seit Juni können unter anderem die Kunden der Commerzbank in Deutschland mit Google Pay ihre Rechnung an der Supermarktkasse begleichen, ohne eine Bezahlkarte vorzulegen. Es reicht, das Smartphone auf das Kartenterminal zu legen. Mit dem Smartphone ist das genauso sicher wie mit einer Karte. Am Montag schalteten die meisten Sparkassen ihren eigenen Bezahldienst per App frei, die Genossenschaftsbanken werden Mitte August folgen.

Bezahlen mit dem Handy: Bald können auch Apple-Nutzer die NFC-Technologie an Ladenkassen nutzen. Bisher ging das nur mit Android-Telefonen. (Foto: Chris Ratcliffe/Bloomberg)

Das Problem für Verbraucher mit einem iPhone ist bislang: Sie können keine dieser Bezahllösungen nutzen, weil sich Apple bisher geweigert hat, die sogenannte NFC-Schnittstelle im Gerät für Banken freizugeben. NFC steht für Near Field Communication und bezeichnet die Technologie, die hinter den meisten mobilen Bezahllösungen steht. Dabei tauschen das Kassenterminal und das Smartphone innerhalb von Sekunden Informationen aus und schließen den Bezahlvorgang ab. Mit dem iPhone können Kunden an der Kasse bislang nur dann bezahlen, wenn sie eine App auf dem Handy haben, die nicht die NFC-Technik nutzt, sondern einen QR-Code generiert. Das ist zum Beispiel bei der App von Payback der Fall.

Apple Pay kommt spät auf den deutschen Markt - sehr spät im Vergleich zu manch anderem europäischen Nachbarland. Die Schweizer und die Franzosen können schon seit zwei Jahren mit ihrem iPhone bezahlen, in Dänemark brachte Apple den Dienst wenig später auf den Markt. In diesem Juni folgte Polen. Schon seit Jahren hatte der Konzern aus Kalifornien den deutschen Markt im Blick.

In Deutschland haben viele Android-Handys, Apple-Nutzer sind in der Minderheit

Doch die Expansion scheiterte bislang daran, dass Apple ausschließlich Apple Pay auf seinen Smartphones erlaubt. Will eine Bank ihren Kunden das mobile Bezahlen via iPhone anbieten, verlangt der Konzern eine Gebühr. Über die Höhe konnten sich Apple und die deutschen Banken lange Zeit nicht einigen. Bezahlt der Kunde nämlich mit Kreditkarte, wird für Händler eine Gebühr fällig, die das herausgebende Institut erhält. In Europa sind das maximal 0,3 Prozent des Ertrags, in anderen Ländern wesentlich mehr. Und hier liegt die Krux: Zwar sagt Apple nicht, welchen Anteil es von Banken verlangt. Experten schätzen ihn aber auf etwa 0,15 Prozent des Ertrags. Im deutschen Markt würde Apple damit die Hälfte des Gewinns einstreichen. Gegen dieses Konstrukt haben sich die Banken gewehrt - bis jetzt. Auf welchen Kompromiss sich Apple und die Banken geeinigt haben, verriet keines der beteiligten Unternehmen.

Jahrelang hatten Experten prophezeit, Apple Pay würde den Durchbruch des mobilen Bezahlens in Deutschland bringen. Tatsächlich bietet der Dienst seinen Nutzern einen Mehrwert, den andere mobile Bezahldienste bislang vermissen lassen. Mit Apple Pay können Verbraucher nicht nur an der Kasse bezahlen, sondern auch online und im App-Store. Es kostet die Verbraucher nichts, den Dienst zu nutzen.

Allerdings sind die Apple-Nutzer in Deutschland in der Minderheit. Deutlich mehr Menschen besitzen hierzulande ein Smartphone mit Android-Betriebssystem und haben mittlerweile die Wahl zwischen verschiedenen mobilen Bezahllösungen. Bei den Apps der Sparkassen und der Volks- und Raiffeisenbanken lassen sich zudem nicht mehr nur Kreditkarten oder weniger verbreitete Debitkarten hinterlegen, sondern auch die in Deutschland viel genutzte Girocard. Das könnte dazu führen, dass bald mehr Menschen an der Kasse mit dem Handy bezahlen. Ob dies auch bei Apple Pay möglich sein wird, ist bislang nicht bekannt.

Während die ersten Banken bereits bestätigt haben, mit Apple Pay kooperieren zu wollen, halten sich die Commerzbank, die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen noch bedeckt. Man muss allerdings nicht zwingend Kunde einer teilnehmenden Bank sein, um den Dienst künftig zu nutzen. Denn auch der Zahlungsdienstleister Wirecard wird Apple Pay über seine App Boon anbieten, in der eine bankenunabhängige Prepaid-Kreditkarte hinterlegt ist. Auch bislang hatten Apple-Nutzer auf diese Weise schon Apple Pay genutzt - mithilfe eines Tricks: Sie legten sich eine virtuelle französische Kreditkarte zu und änderten die Ländereinstellungen auf ihrem Handy. Künftig wird Apple Pay auf dem direkten Weg funktionieren.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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