Sonntagskrimi:Fünf Vorschläge für "Tatorte", wie sie die ARD jetzt zeigen sollte

MED

Illustration: Stefan Dimitrov

Eine mörderische Hitzewelle und Lynchstimmung in der Kita: Zum Anbruch der neuen "Tatort"-Saison ein paar Wünsche und Ideen aus der SZ-Redaktion.

Von SZ-Autoren

Die Sommerpause im Tatort endet diesmal ungewöhnlich früh. Grund ist das anstehende Luzerner Kultur-Sommer-Festival. Dort drehte Dani Levy "Die Musik stirbt zuletzt", einen Krimi, bei dem die gesamte Handlung in einer einzigen Kameraeinstellung gefilmt wurde. Die Saison ist also eröffnet, Zeit für ein paar Wünsche an Tatorte, die uns gerade noch gefehlt haben.

Lichtschutzfaktor 50

Wer ermittelt? Batic und Leitmayr

Was passiert? Seit Tagen hat es über 35 Grad, keiner kann mehr nachts schlafen. In einem Münchner Vorort häufen sich die Polizeieinsätze in der Einfamilienhaussiedlung. Die Überflughilfe für Fledermäuse an der Umgehungsstraße wird von Unbekannten eingerissen. Es kommt zu einer brutalen Schlägerei unter Müttern rivalisierender Kleinkinder, dann die Amokfahrt eines verschuldeten Hausbesitzers mit dem SUV durch die Vorgärten. Als ein Mord passiert - die Leiche findet man nackt und mit Lichtschutzfaktor 50 eingecremt auf ihrer eigenen Solaranlage - treffen die Ermittler in den aparten Immobilien auf vor Müdigkeit und Hitze völlig enthemmte Bewohner. Jedem hier wäre ein Mord zuzutrauen. Batic und Leitmayer merken schnell, dass hier mehr als eine Ehe die Hölle ist, und freuen sich wieder einmal, dass sie trotz Dauerbeziehung nicht miteinander verheiratet sind.

So heißt er: "Hitze"

Pressestimmen: "Hilft Deo?" (Focus) "Familie: Oder soll man es lassen?" (Zeit)

Darüber diskutiert anschließend Anne Will: Bedroht der Klimawandel unsere Bürgerlichkeit? Claudia Tieschky

Dahoam

Wer ermittelt? Nick "Panzerfaust" Tschiller und Charlotte Lindholm, die zum BKA wegbefördert worden ist.

Was passiert? Einer liebgewonnenen Tradition folgend sollen zum 72. Geburtstag des Bundesinnenministers 72 Eriteer in ihre Heimat abgeschoben werden. Am Flughafen ist Fenan, die Nummer 67, plötzlich verschwunden. In seinem Zimmer finden die zur Verstärkung gerufenen Ermittler des Bundeskriminalamtes unterschiedliche Blutspuren und etwas, das wohl eine Tatwaffe sein könnte: ein bayerischer Fernsehpreis in Form eines Löwen aus Nymphenburger Porzellan.

So heißt er: "Dahoam is dahoam"

Pressestimmen: Das ungewöhnliche Ermittlerteam des BKA nähert sich gewohnt unkonventionell dem gesellschaftlichen Großthema Abschiebung und legt dabei den Finger in die Wunde (WAZ).

Schweiger vs. Seehofer: ARD holt den Skandal-Sommer 2018 ins TV (Bild)

Darüber diskutiert anschließend Anne Will: "Letzte Ausfahrt Flughafen - Ist Deutschland noch zu retten?" Katharina Riehl

Neunte Sinfonie

Wer ermittelt? Faber, ganz allein

Was passiert? Auf einer teilstationären Forschungseinrichtung für Synästhesie wird die Probandin Iris tot aufgefunden - offenbar erstickt mit einem leuchtend-orangefarbenen Samtkissen, auf das jemand ungelenk das Wort "eiskalt" gestickt hat. Der Mord kann nur Minuten her sein, weshalb Faber, der aus privatem Spleen zu Besuch ist, die Anlage abriegeln lässt und unter den Anwesenden nach dem Mörder fahndet. Motive gibt es viele: Unter den Probanden soll es beispielsweise immer wieder zu heftigen Kämpfen darüber gekommen sein, ob Beethovens 9. Sinfonie eher bordeaux- oder ockerfarben ist. Klassischer Whodunit also, erzählt in kammerspielhaften Aufblenden, in denen man die meiste Zeit Faber sieht, wie er sich in den Täter hineinfühlt: "Du lachst mich aus! 'Bordeaux?!', mockierst du dich. Ich ohrfeige dich. Du fällst hin. Blau! Nein: Eher türkis! Ich nehme das Kissen - eiskalt! - ich drücke es dir aufs Gesicht. Deine Schreie sind tropfenförmig für mich. Dann ist Ruhe. Endlich Ruhe." In ausnahmslos allen Einstellungen lächelt er selig. Sehr.

So heißt er: "Ein Mord in Bordeaux"

Pressestimmen: "Ein Tatort, der nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks verwischt." (FAZ). "Bordeaux aus Dortmund - was kommt als Nächstes: Champagner aus der Uckermark?!" (Gault&Millau Weinguide)

Darüber diskutiert anschließend Anne Will: "Farbenschmecker und Tonseher - die unterschätzte Gefahr" Jakob Biazza

Rappelkiste

Wer ermittelt? Rubin und Karow

Was passiert? Als der kleine Finn-Luca an Masern erkrankt, eskaliert in der Kita "Rappelkiste" in Berlin-Kreuzberg der Streit zwischen Impfbefürwortern und Impfgegnern. Kurz darauf wird Kita-Leiterin Annette Gelpke erschlagen im Sandkasten aufgefunden. Sie hatte sich geweigert, dem Gesundheitsamt die Namen derjenigen Eltern zu melden, die eine Impfberatung ausschlagen. Wer hat sie getötet? In der "Rappelkiste" kippt die weltoffen-tolerante Stimmung, jeder verdächtigt jeden, Freundschaften zerbrechen, nur die Praktikantin Jenny versucht zu schlichten. Als Nina Rubin ihrem Mann von der Lynchstimmung in der "Rappelkiste" erzählt, stellt das ihre kriselnde Ehe erneut auf die Probe. Bei den Ermittlungen im Mordfall Gelpke kommt Robert Karow indes dem Vater von Finn-Lucas Kita-Freundin June näher, einem irisch-ghanaischen Videokünstler - und erkennt erst in letzter Sekunde, in welche Gefahr er sich mit seinem amourösen Abenteuer begeben hat.

So heißt er: "Spritz auf Knopf"

Pressestimmen: "Wer ist die heiße Kita-Praktikantin aus dem Masern-Tatort? (Bild)

Darüber diskutiert anschließend Anne Will: "Impfgegner - wer rettet unsere Kinder vor íhren Eltern?" David Denk

Bewegte Männer

Wer ermittelt? Thiel und Boerne

Was passiert? In Münster wird im Keller einer eleganten Villa der seit Langem in den USA in Haft vermutete, tatsächlich aber infolge einer Feinstaubüberdosis ziemlich tote VW-Manager Daniel Diesel-Trieb gefunden. Es ergibt sich, dass der tote Automanager Verbindungen hatte zu einer führenden Verwaltungsrätin der Bahn, die jedoch von einem sich daher deutlich verspätenden ICE überfahren wird, während ihr Mann, ein Cheflobbyist der deutschen Luftfahrtindustrie, vom Flachdach eines Parkhauses in den Tod fliegt - ohne Zwischenstopp. Boerne findet schließlich heraus, dass Thiel, der in illegale Machenschaften mit einer chinesischen Fahrradverleihfirma verwickelt ist, hinter den Morden steckt. Er bezahlt dieses Wissen jedoch mit dem Tod, indem er mit einer Flasche Château Margaux erschlagen wird.

So heißt er: "Panta rhei".

Pressestimmen: "Gehen tut den Füßen gut" (Apotheken Umschau). "Die vierhundert besten Verleihräder" (Focus).

Darüber diskutiert anschließend Anne Will: Nichts geht mehr: Wie geht es weiter mit der Verkehrswende? Gerhard Matzig

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: