Deutschland:"Ein Abenteuer, eine Schule des Lebens"

Unionspolitiker fordern ein Dienstpflichtjahr für alle Schulabgänger: Die Idee soll "Leitfrage" für das CDU-Grundsatzprogramm werden.

Von Joachim Käppner und Jens Schneider, Berlin/München

Erst sieben Jahre ist es her, seit die Wehrpflicht ausgesetzt wurde - geht es nach etlichen Christdemokraten, soll sie möglichst bald zurückkehren, entweder in der früheren Form oder als Teil einer "allgemeinen Dienstpflicht". Beide Modelle wurden am Wochenende in und außerhalb der Union diskutiert. So forderten die Junge Union und die Mittelstandsvereinigung der Union (MIT) am Wochenende ein "verpflichtendes Gesellschaftsjahr".

In einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey befürworten 55,6 Prozent der befragten Deutschen eine Wiederaufnahme des Pflichtdienstes an der Waffe. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung spielt eine Rückkehr zur Wehrpflicht in der Planung des Verteidigungsministeriums allerdings keine Rolle, es handele sich um eine reine Debatte innerhalb der Union.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, sie rechne zwar nicht mit einer einfachen Rückkehr zur Wehrpflicht - wolle aber über eine "allgemeine Dienstpflicht" reden. Wie genau ein solcher Dienst aussehen könnte, ließ sie offen. Auf Twitter schrieb Kramp-Karrenbauer: "Es gibt viele Möglichkeiten, einen Dienst zu gestalten."

Die Generalsekretärin geht damit auf eine Stimmung in der Partei ein, die sie bei ihrer "Zuhör-Tour" an der Basis gespürt habe. Beim Parteitag Ende des Jahres soll das Thema als eine "Leitfrage" beschlossen werden. An diesen Fragen entlang will die CDU ein neues Grundsatzprogramm debattieren, das 2020 beschlossen werden soll. Erst im Verlauf dieser Debatten will sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zum Thema äußern. Der CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl nannte ein solches Dienstjahr "ein Abenteuer, eine Schule des Lebens".

Henning Otte, der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach sich allerdings gegen eine "Wehrpflicht alten Zuschnitts" aus, diese helfe "bei den sicherheitspolitischen Herausforderungen nicht weiter". Otte sagte der SZ, wichtiger sei "eine gesellschaftliche Wertedebatte darüber, wie wir zu den Männern und Frauen stehen", welche die Freiheit mit der Waffe verteidigen. Dies sei "eine Frage der Geisteshaltung, nicht einer von oben befohlenen Wehrpflicht".

Der Reservistenverband findet die Idee eines verpflichtenden Dienstjahres gut. Sein Präsident Oswin Veith sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, er stelle sich vor, dass "sich junge Männer und Frauen ab 18 mindestens ein Jahr in der Pflege oder in den Streitkräften engagieren, "im Roten Kreuz oder im Technischen Hilfswerk". Dagegen lehnte der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), eine neue Wehrpflicht ab: "Die Bundeswehr folgt heute dem Konzept einer professionellen Armee." Eine allgemeine Dienstpflicht sei zwar eine "sympathische Idee", er sehe aber verfassungsrechtliche Probleme. FDP und Linke sprachen sich gegen eine Wehr- oder Dienstpflicht aus.

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