Wolfgang Ambros über Österreich:"Bin mir sicher, dass es viele braune Haufen in der FPÖ gibt"

Wolfgang Ambros

"Dem glaube ich kein Wort": Wolfgang Ambros über FPÖ-Chef Strache.

(Foto: Franz Neumayr; Bearbeitung SZ)

Austro-Popstar Wolfgang Ambros über skandalöse Aussagen der österreichischen Regierungspartei, warum Kanzler Kurz nicht einschreitet und die Frage: Sind Österreicher rassistischer als Deutsche?

Interview von Oliver Das Gupta, Bernau am Chiemsee

Wolfgang Ambros ist einer der Begründer des Austropops. Der 66-jährige gebürtige Wiener hat zahlreiche Hits wie "Schifoan" fabriziert, aber auch politische Songs. In "Es lebe der Zentralfriedhof" singt er davon, wie im Tod alle Feindschaften enden, "Da Hofa" handelt davon, wie ein Außenseiter zum Mordverdächtigen wird, in "Alfred Hitter" schildert er, wie ein Hitler-Fan davon träumt, wie der Diktator zu sein.

Wolfgang Ambros spielt unter dem Titel "Ambros pur! Vol. V" am 19. November 2018 im Deutschen Theater München.

SZ: Herr Ambros, Sie haben schon früh gesellschaftspolitische Entwicklungen thematisiert. Sie haben in den siebziger Jahren sogar ein Pop-Album gemacht über einen Straßenbahn-Schaffner, der seinen Job an einen Fahrkartenautomat verliert. Warum haben Sie sich solchen Themen gewidmet?

Wolfgang Ambros: Ehrlich gesagt wurde mir bei manchen Songs erst später bewusst, wie relevant der Inhalt ist. Wobei bei "Schaffnerlos" uns schon damals klar war, dass diese Entwicklung nur der Anfang ist. Maschinen verdrängen Menschen aus der Arbeitswelt. Wir sind mitten drinnen im gesellschaftlichen Wandel, das gilt auch für rechte Tendenzen. Mir wird Angst und Bange, wenn ich daran denke, was die österreichische Regierung in den nächsten drei Jahren noch so alles anstellen wird.

In Österreich regiert seit Dezember 2017 eine Koalition aus FPÖ und ÖVP, Letztere stellt mit Sebastian Kurz den Kanzler. Was genau macht Ihnen Sorge?

Schauen Sie sich das letzte Dreivierteljahr doch an. Fast jede Woche gibt es einen kleinen oder größeren Hammer in Verbindung mit FPÖ-Personal. Damit meine ich nicht nur den Skandal über das Burschenschaftler-Liedbuch, in dem von Judenvergasungen die Rede war.

Heinz-Christian Strache, der FPÖ-Chef und Vizekanzler, beteuert, gegen Extremismus und vor allem Antisemitismus zu sein.

Ich glaub dem kein Wort. Ich bin mir sicher, dass es viele braune Haufen in der FPÖ gibt. Weil die Regierung die ganze Zeit nur über Ausländer redet, fällt vielen Österreichern gar nicht auf, wohin die Reise geht. Die Pläne dieser Regierung bekommen nicht nur die Flüchtlinge zu spüren, sondern bald auch ärmere Österreicher. Neulich hat die FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein behauptet, von 150 Euro im Monat könne man leben. Das ist doch irrsinnig! Als die Regierung gebildet wurde, war abzusehen, dass die FPÖ sich auf jeder Ebene nicht staatstragend verhält. Nicht abzusehen war aber, dass unser Herr Bundeskanzler skandalöse Aussagen der FPÖ unkommentiert lässt. Der schweigt immer, wenn es unangenehm wird.

Können Sie erklären, warum Kurz trotzdem so populär ist?

Er sagt immer das Richtige, weil er inhaltlich nix sagt. Auf die Leute wirkt das angenehm.

Inhaltsarmes Reden, das wirft man manchmal auch Angela Merkel vor. Wieso wird das bei Kurz nicht kritisiert?

Er ist halt jung, fesch und geschmeidig. Deshalb fällt das vielen Leuten nicht so auf. Mit Strache hat er den Mann fürs Grobe. Dem und seiner rechtsradikalen Truppe lässt Kurz einfach alles durchgehen. Von einem Kanzler erwarte ich, dass er auf den Tisch haut, wenn der Koalitionspartner sich danebenbenimmt.

Kurz verhielt sich passiv, als FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angegriffen hat. Dass der Kanzler schwieg, hat selbst der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisiert.

Unser Kanzler hat halt Angst, dass seine Regierung platzt. Er ist abhängig von der FPÖ. In Wirklichkeit ist Kurz nämlich gar nicht so stark, wie alle denken. Deshalb wird der FPÖ-Burschenschaftler, der mit dem Nazi-Liedbuch zu tun hatte, auch bald wieder auf der Bildfläche erscheinen dürfen. Wie es bei uns in Österreich weitergeht, hängt zum großen Teil davon ab, wie frei und unabhängig die Medien arbeiten können.

In den achtziger Jahren haben Sie in einem Song die Parolen von Rechtsradikalen thematisiert: "Des ganze Pack aus Afrika, aus Asien und vom Osten", heißt es im Text, "woll'n nur ihr Geld und ihre Töchter." Diese Argumentation klingt frappierend aktuell.

Ja, es sind heute dieselben Sprüche wie damals. Der Song war damals eine Auftragsarbeit für einen "Tatort". Damals ging es um Skinheads, heute sehen die Rechtsradikalen teilweise wie du und ich aus.

Halten Sie Österreicher eigentlich tendenziell für ausländerfeindlicher als Deutsche?

Nein, überhaupt nicht. Ich halte uns Österreicher sogar eher für besonders hilfsbereit und gastfreundlich. In meinem Tiroler Wohnort gibt es zum Beispiel drei syrische Familien, die sehr gut integriert sind. Meine achtjährige Tochter hat sich inzwischen mit einer jungen Syrerin angefreundet.

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