Denglisch in Bayern:Englisch zum awaytaken

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Hi, my name is... Gertraud. (Foto: imago/photothek)

"New Born Shooting": Die deutsche Sprache erlebt einen Niedergang, anders lässt sich der inflationäre Gebrauch von schlechtem Englisch nicht erklären.

Kolumne von Hans Kratzer

Die deutsche Sprache erleidet gerade einen ähnlichen Niedergang wie die deutschen Fußballer. Obendrein wird sie malträtiert wie einst die Ackergäule von den Staunzen. "Kaffee zum hier oder zum awaytaken!" ist auf der Tageskarte eines Münchner Cafés zu lesen. Mit solchen Sätzen hält man sich viel Kundschaft vom Leib, denn die Hälfte der Deutschen ist des Englischen nicht mächtig.

Wie gut also, wenn im Notfall ein ehemaliger Englischlehrer wie Franz Aschenbrenner in der Nähe weilt. Neulich weckte auf einem Parkplatz in Cham eine kleine Menschentraube dessen Neugier. Der Parkautomat funktionierte nicht, es herrschte Verwirrung, denn der Bildschirm meldete: "Out of order!" Aschenbrenner konnte die Botschaft zur allgemeinen Erleichterung flüssig übersetzen: Apparat defekt.

Auch in Bayern ist der Alltag ohne Englischkenntnisse nicht mehr zu stemmen. Dieser Wahn hat sogar die Londoner Times belustigt, sie diagnostizierte bei den Deutschen eine Englisch-Sucht sowie eine sprachliche Unterwürfigkeit. Manchmal führt das bis zur Selbstverleugnung. Einmal rief Aschenbrenner wegen eines Termins bei einem Friseurladen an, dessen Wahlspruch "your head is our universe" lautet. Vorsichtshalber meldete er sich auf Englisch. Aus dem Hörer aber kam nur Schweigen, dann rief eine Frauenstimme in den Salon: "He, da is einer, der redt Englisch, i versteh na ned!"

Der Schriftsteller Bernhard Setzwein schimpfte einmal, aufgeblasene Worthülsen seien kein Ausweis für Weltläufigkeit, sondern eher für Verblödung und Angebertum. Das ist die Schattenseite der Englisch-Sucht. Ein Fotograf im Bayerischen Wald wirbt zurzeit mit der Offerte "New Born Shooting". Auch in diesem Fall ließe sich das Angebot, Babys zu fotografieren, kundenfreundlicher formulieren.

Allein das Einfügen des Worts Foto hätte schon geholfen. "Baby Foto Shooting", das klänge noch einigermaßen verständlich, "New Born Shooting" erinnert dagegen an eine Hinrichtung. Davon irritiert, fragte Franz Aschenbrenner bei seiner Verwandtschaft in Schottland nach. Prompt erfuhr er, mit New Born Shooting könne dort niemand etwas anfangen. Allerdings machten sich die Briten angesichts solcher Sprüche Sorgen: "Does cannibalism still exist in Germany?"

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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