Twitter-Studie:Im Zeichen des Hashtags

#MeToo

Eine Studie von Mediennutzungsforscher Sascha Hölig hat untersucht, inwieweit Hashtag-Debatten auf Twitter das gesellschaftliche Stimmungsbild wiedergeben.

(Foto: dpa)
  • Hashtag-Debatten wie #MeToo und #aufschrei nehmen Einfluss auf die mediale Berichterstattung.
  • Eine Studie hat nun untersucht, inwieweit das Stimmungsbild auf Twitter der gesellschaftlichen Interessenslage entspricht.
  • Das Ergebnis: Twitterdiskurse repräsentieren nicht, was die Allgemeinheit bewegt.

Von Carolin Werthmann

Ob #aufschrei, #MeToo, oder #BlackLivesMatter - was die Nutzer sozialer Netzwerke schreiben, hat Einfluss auf die Berichterstattung von Medien. Tweets und Posts dienen als Zitate, häufig verwendete Hashtags als potenzielle Trendthemen: #NoPAG, die Raute gegen das Polizeiaufgabengesetz, #MenAreTrash, die umstrittene Parole gegen strukturelle Benachteiligung von Frauen. Doch was von dem, was getwittert und zur Debatte wird, entspricht tatsächlich der Interessenslage durchschnittlicher Internetnutzer?

Der Mediennutzungsforscher Sascha Hölig hat für das Hamburger Hans-Bredow-Institut untersucht, inwieweit das Stimmungsbild auf Twitter dem der Bevölkerung ohne Twitter-Account entspricht. Sein Ergebnis ist ernüchternd. Themen und Meinungen, die in dem Kurznachrichtendienst kursieren, seien nicht repräsentativ für den Stand einer gesellschaftlichen Diskussion, heißt es in der Studie. Die Gruppe der Menschen, die Twitter als Bühne für die Äußerung der eigenen Meinung verwenden, wiesen tendenziell narzisstische Züge auf, seien persönlichkeitsstärker, extrovertierter und weniger ängstlich als Menschen, die zwar online sind, aber nicht twittern.

Politisch neigten Twitterer dazu, extremere Positionen zu vertreten. Hölig hat untersucht, ob Meinungen und Stimmungen auf Twitter einer ähnlichen demografischen Grundlage entstammen wie in der Internet nutzenden Bevölkerung insgesamt. Dafür wurden 763 erwachsene Internetnutzer aus Deutschland befragt, darunter 209 aktive Twitter-Nutzer. Aktiv ist, wer nach eigenen Angaben mindestens mehrmals pro Woche im privaten Kontext twittert, kommentiert oder auf Tweets antwortet. Die Gruppe der Online-Bevölkerung in Deutschland sei homogener, tendenziell um die politische Mitte aufgestellt, so der Autor der Studie, weniger offen für Neues und zurückhaltender.

Twitterdiskurse repräsentieren demnach nicht, was die Allgemeinheit im Netz bewegt, und schon gar nicht, was Menschen ohne Internetzugang beschäftigt. Dennoch können die Hashtag-Debatten eine andere Funktion erfüllen: Indem sie extreme Standpunkte aufzeigen, sind sie ein Seismograf für radikale Trends und Positionen. Manchmal schwappt eine Debatte, die auf Twitter begann, ins Netz. Und selten, wie #MeToo und #aufschrei, sogar ins echte Leben.

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