Umweltpolitik:US-Regierung will Klimaauflagen für Kohlekraftwerke aufweichen

US President Donald Trump addresses rally of supporters in West Virginia

US-Präsident Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung in West Virginia, einem der großen Kohle-Staaten der USA.

(Foto: AFP)
  • Die US-Umweltbehörde hat die Affordable Clean Energy Rule präsentiert, die bezahlbare Regel für saubere Energie. Sie soll Obamas Clean Power Plan ersetzen.
  • Dass die neuen Regeln weder besonders umweltfreundlich noch besonders gesundheitsfördernd sind, zeigen Berechnungen der Behörde selbst.
  • Demnach werden in Folge der höheren Luftverschmutzung in den USA bis 2030 gegenüber heute pro Jahr 1400 Menschen mehr vorzeitig sterben.

Von Thorsten Denkler, New York

West Virginia ist einer der großen Kohle-Staaten der USA. Donald Trump hatte dort gerade einen Wahlkampfauftritt und der US-Präsident ließ eine Überraschung für seine Anhänger dort vorbereiten: Er verkündete das Ende einer der wichtigsten Umwelt-Regeln der Obama-Ära. Der Clean Power Plan, Obamas Plan für saubere Energie, soll ersetzt werden durch die Affordable Clean Energy Rule, die bezahlbare Regel für saubere Energie. Wobei die Betonung hier wohl mehr auf bezahlbar als auf sauber liegt.

Es geht um die Emissionsregeln für Kohlekraftwerke in den USA. Trump, der sich gerade an anderer Stelle mit großen Probleme konfrontiert sieht, hatte schon im Wahlkampf versprochen, sich massiv in den angeblichen "Krieg gegen die Kohle" einzumischen, den Obama angezettelt habe. Mit dem Versprechen, Arbeitsplätze in der Kohleindustrie zurückzubringen, sammelte er Stimmen unter den Kohle-Kumpeln im ganzen Land, auch in West Virginia. Der Plan der Umweltbehörde, die unter Trump zu einer Anti-Umwelt-Behörde verkommen ist, sieht jetzt vor, dass die strengen Grenzwerte der Obama-Zeit aufgehoben werden. Im Kern sollen künftig die US-Bundestaaten selbst entscheiden, welche Emissions-Regeln für die Kohlekraftwerke in ihrer Zuständigkeit gelten werden.

Die Behörde lobt den Plan als Beweis, dass Umweltschutz und Kohlestrom sich nicht ausschließen. In der Tat sieht auch der neue Plan Richtwerte vor, innerhalb derer sich die Bundestaaten dann frei bewegen können. Angeblich könnten damit die Treibhausgasemissionen der US-Kohlekraftwerke bis 2030 um 0,7 bis 1,5 Prozent gegenüber 2005 gesenkt werden. Ein eher mageres Ziel. Die strengen Obama-Regeln würden den Ausstoß im gleichen Zeitraum um 32 Prozent verringern.

Es wird zudem erwartet, dass alte, ineffiziente Kraftwerke jetzt länger am Netz bleiben. Und Nachrüstungen, die die Kraftwerke sauberer machen würden, erst mal nicht vorgenommen werden, wenn es keinen Handlungsdruck mehr gibt.

Trump interessiert nicht die Umwelt - ihn interessieren Wahlergebnisse

Es wird etwas dauern, bis der Plan in Kraft tritt. Ein oder zwei Jahre vielleicht, je nachdem, welchen juristischen Anfechtungen er ausgesetzt sein wird. Der Obama-Plan selbst ist auch noch nicht in Kraft getreten. Er liegt seit bald drei Jahren als unerledigter Fall vor dem Supreme Court, dem obersten Gericht der USA. In der juristischen Auseinandersetzung geht es darum, ob die Umweltbehörde nicht ihre Befugnisse überschreitet, wenn sie auf Grundlage einer einfachen Verordnung der Kohle-Industrie in den USA den Garaus macht. Unter Trump argumentiert die Behörde jetzt genauso. Und erklärt ihren Entwurf für gesetzmäßig, weil er die Hoheit über die Emissionsgrenzen weitgehend den Bundesstaaten überträgt.

Ob Trump mit dem Plan aber verloren gegangene Kohlearbeitsplätze zurückholen kann, ist mehr als fraglich. Seit 2010 wurden über 200 Kohlekraftwerke in den USA geschlossen. Nicht wegen strenger Umweltauflagen. Sondern weil Gas und erneuerbare Energien immer günstiger werden. In den kommenden sieben Jahren sollen 40 weitere Kraftwerke aus dem gleichen Grund dicht machen.

Falls also ein arbeitsloser Kohle-Kumpel hofft, wegen Trump seinen alten Job zurückzubekommen, dürfte er sich bald getäuscht sehen. Aber viele glauben Trump ja auch, wenn er wie jetzt in West Virginia sagt, der Stahlkonzern "U.S. Steel" werde in den USA bald sieben neue Werke aufmachen. Und zwar dank seiner Strafzölle auf Stahl und Aluminium. "U.S. Steel" betreibt derzeit in den USA vier Werke. Für Trumps Behauptung gibt es leider keinen Beleg. Nicht ein einziges Stahlwerk ist auch nur in Planung.

Die Umweltbehörde macht übrigens keinen Hehl daraus, dass ihre Regeln weder besonders umweltfreundlich noch besonders gesundheitsfördernd sind. Im Gegenteil. In einer fast dreihundert Seiten umfassenden Folgenanalyse hat die Umweltbehörde verschiedene Szenarien durchgespielt, um herauszufinden, welche Gesundheitsrisiken sich aus dem Plan ergeben. In dem von der Behörde favorisierten Szenario kommen deren Experten zu diesem Ergebnis:

  • In Folge der höheren Luftverschmutzung werden in den USA bis 2030 gegenüber heute pro Jahr 1400 Menschen mehr vorzeitig sterben.
  • Außerdem werden jährlich 15 000 Menschen zusätzlich an einer Erkrankung der oberen Atemwege leiden, es werde mehr Fälle von chronischer Bronchitis geben.
  • Und - auch das wurde ausgerechnet - es werde Tausende von zusätzlichen Fehltagen in den Schulen geben.

Wie gesagt, das sind alles Daten der US-Umweltbehörde.

Trump aber ist nur wichtig, dass die Wahlergebnisse stimmen, wenn im Herbst in den Zwischenwahlen der Kongress neu gewählt wird. In diesen Zeiten von Krieg und Konflikten, fabulierte er in West Virginia, "da kannst Du Windräder in die Luft jagen, sie fallen dann sehr schnell um. Du kannst Pipelines in die Luft jagen. Und Du kannst viele Dinge mit Solaranlagen anstellen. Aber wisst ihr, was nicht kaputt gemacht werden kann? Kohle!"

Hinter ihm stehen jubelnde Kumpels mit schwarzen Helmen auf dem Kopf und Schildern in der Hand, auf denen anerkennend steht: "Trump gräbt nach Kohle." Einzig, an Trumps Bild stimmt so gut wie gar nichts. Ein zerstörtes Kohlekraftwerk ist schlimmer als ein zerstörtes Windrad oder eine zerstörte Solaranlage. Und Kohle ist nicht unzerstörbar. Kohle kann verbrannt werden. Und zerstört dann die Lebensgrundlage der Menschen.

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