"Alte Utting":Dieser Ort zeigt, was München kann

"Alte Utting": Die "Alte Utting" am Abend.

Die "Alte Utting" am Abend.

(Foto: Robert Haas)

Die "Alte Utting" ist Bar, Frühstückscafé, Dachterrasse und Biergarten in einem. Und sie ist für alle da.

Von Elisa Britzelmeier

Ja, das ist ein Schiff da auf der Eisenbahnbrücke. Ja, es steht wirklich dort. Man kann schon kurz zweifeln, so unwirklich scheint es, wie die "Alte Utting" über der Lagerhausstraße schwebt. Zugleich ist es aber viel mehr als ein Schiff da auf der Eisenbahnbrücke. Der alte Dampfer vom Ammersee, umgebaut in langer Arbeit, ist auch Dachterrasse, Frühstückscafé, Veranstaltungslocation, Foodtruck-Festival und Biergarten. Hier verbindet sich Münchner Brotzeit-Lässigkeit mit einem Gefühl von Weite, ein bisschen Hamburger Hafen, ein bisschen Berliner Klunkerkranich, ein bisschen Tollwood in den Anfangszeiten. Die Utting ist außergewöhnlich und doch gemütlich, alternativ und doch für alle da, kurz: Hier zeigt sich, was dieses München alles vereinen kann.

Rechts und links vom Schiff bieten mehrere Stände Essen an, auf der Brücke erstreckt sich eine Terrasse samt Bühne. Über dem Biergarten im hinteren Teil thront sogar ein kleines Baumhaus. Im Schiff selbst warten mehrere Bars, der Maschinenraum will ebenso entdeckt werden wie Schiffsschraube und Anker, und der Blick vom Oberdeck aus in die untergehende Sonne macht die Utting zum perfekten Sundowner-Ort. Man schaut aufs Schlachthofviertel, die Großmarkthalle und die Kräne der Stadt. In den Bäumen hängen Laternen, und irgendwann schaltet die Besatzung die Schiffsbeleuchtung an. Natürlich darf Seemannssprache hier nicht fehlen, Freundesgruppen begrüßen sich mit "Ahoi", wenn sie sich denn finden ("Stehen am Bug, wo seid ihr?").

Was gibt es da und was kostet es?

Am Wochenende kann man den Tag mit einem Frühstück an Deck beginnen, dann öffnet die Utting schon um zehn Uhr. Die Kombüse übernehmen verschiedene Anbieter im Wechsel. Zum Beispiel das vegane Pop-Up-Frühstückscafé Bananaleaf, etwa mit Avocadobroten (7,50 Euro), wunderschönen Purple Chia Bowls (8,50 Euro) und erfrischendem Gurken-Sellerie-Birnensaft (4 Euro). Oder die Gruppe von Turbobao, die Rühr- oder Spiegeleier (ab 4 Euro) und Frühstücksbowls mit Früchten, Joghurt, Granola, Amaranth-Popcorn und Nüssen anbietet (6-9 Euro). Nicht zu vergessen der Wagen direkt neben der Schiffsschraube, bei dem man sich schon einmal Crêpes holen kann, wenn es mit dem Rest allzu lang dauert (3,50-5 Euro). Ganz oben in der Brücke, wo früher der Kapitän stand, gibt es ganz unveganen Cappuccino (2,50 Euro).

Abends ist Turbobao ebenso an der Utting anzutreffen, mit Street-Food aus Taiwan: Gua-Bao-Hefeteigtaschen (ab 6 Euro) und - wieder - Bowls, die herzhafte Variante (7-10 Euro). Daneben warten Currys, Dal, Rosmarinkartoffeln mit Gemüse (7 Euro) oder Stockbrot (3,50 Euro), auf der anderen Seite des Schiffs kann man sich Eis holen (2 Euro), es gibt gegrilltes Fleisch, Vegetarisches und Veganes, und sogar Steckerlfisch. Nach den Sommerferien soll zudem ein Mittagstisch starten.

Das Bier, Augustiner, gibt's im 0,33-Fläschchen für 3,50 Euro, daneben Huubert-Weinschorle aus der Flasche und Prosecco Aperol (7 Euro). Günstig ist auf der Utting nichts. Was auch an den hohen Kosten liegt, die für Umbau und Sicherheitsmaßnahmen fällig wurden. Dafür gibt es aber einiges zu sehen - nicht nur an den Abenden mit Kulturprogramm.

Wer geht da hin?

Angenehmerweise nicht nur die erwarteten Hipster, sondern Münchner aller Altersgruppen und Stilrichtungen. Der ältere Herr im Kurzarmhemd sitzt dann ebenso an Deck wie die Studentin. Gegen Abend wird es zunehmend voller und das Publikum jünger. Statt Musik schallt nur Stimmengewirr über die Utting, was weiter zur Biergartenatmosphäre beiträgt. Zu viel getrunken wird allein deswegen schon nicht, um den Weg über die steilen Stufen nach unten noch zu schaffen oder jederzeit in der Lage zu sein, die eigene Gruppe wiederzufinden. Übrigens: Steuerbord ist rechts vom Schiff, Backbord ist links. Während es dunkler wird und das Schiff in den Nachthimmel leuchtet, lädt hier alles dazu ein, lange zusammen zu sitzen und Seemannsgarn zu spinnen. Utting, altes Schiff, wir werden noch viel zusammen erleben.

Nautische Begriffe für Unterhaltungen an Bord

Alle Mann!: Kommando, auf das zum Manöver angetreten werden muss, meist an Deck. Beim Ruf "Mann über Bord" gilt es, ihm eine Rettungsboje zuzuwerfen. Frauen dürfen sich mitgemeint fühlen.

Back: Oberdeck am Bug; vorderster, erhöhter Teil des Schiffs. vgl. Backbord: die linke Seite des Schiffes, von hinten aus gesehen.

Bord: heißt eigentlich einfach nur "Brett". Wird pars pro toto für "Schiff" verwendet, besonders deutlich in der Wendung "an Bord".

Brücke: Da, wo der Kapitän oder Wachoffizier früher seinen Dienst tat und rausguckte. Und in Sendling: das unter dem Schiff.

Bug: vorderster Teil des Schiffs - da wo es sich biegt eben.

Deck (pl.: die Decks): oben, horizontale "Abdeckung" des Rumpfs, oder einfach: die verschiedenen Ebenen des Schiffs. Gute Aussicht von da.

Heck: hinterster oberster Teil des Rumpfes.

Kajüte: der Raum, in dem der Kapitän haust.

Klar Schiff: reines Schiff. "Klar Schiff zum Gefecht!" bedeutet: weg mit allem, was im Wege ist. Auf der Utting überlässt man das lieber den Fachleuten.

Kombüse oder Kambüse: Schiffsküche. Gibt es mehrere auf und um die Utting.

Manöver: nautisch-technische Maßnahme, mit der Schiff in andere Lage gebracht wird. Sollte man nur an sich selbst ausführen.

Pegel: Maß für flüssige Sachen. Beim Trinken nicht zu vernachlässigen. Daher auch "picheln".

Ruder: Ding, das zur Richtungsänderung dient. Direkt neben Schiffsschraube/Propeller. Aufgemerkt bei der Rede davon, dass etwas "aus dem Ruder laufen" könnte.

Rumpf: unterer Teil des Schiffs, der, der ihm die Schwimmfähigkeit verleiht.

Schiffsschraube: Propeller zum Antrieb. Nur gefährlich wenn in Betrieb.

Steuerrad: Das, was Landratten gern auch "Ruder" nennen. Ganz oben nahe der Brücke. Fototauglich.

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