SZ-Werkstatt:Der vergessene Krieg

Paul-Anton Krüger in München, 2017

Paul-Anton Krüger ist seit 2014 Nahost-Korrespondent. Nun konnte er als erster deutscher Reporter seit Ende 2016 in den Norden des Landes reisen.

(Foto: Natalie Neomi Isser)

Paul-Anton Krüger ist seit 2014 Nahost-Korrespondent der SZ. Den Jemen hat er zuletzt im Sommer 2015 besucht. Nun konnte er als erster deutscher Reporter seit Ende 2016 in den Norden des Landes reisen. Er berichtet über einen Krieg, von dem die Welt kaum etwas weiß.

Von Paul-Anton Krüger

Im Jemen tobt der vergessene Krieg der arabischen Welt, was auch daran liegt, dass es für Journalisten schwer ist, in das Land zu reisen. Die Militärkoalition aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die auf Seiten der international anerkannten Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi steht, versucht zu verhindern, dass Reporter in den Norden des Landes gelangen, den die von Iran unterstützten aufständischen Huthi-Milizen kontrollieren.

Seit Dezember 2016 unterbinden sie, dass die Vereinten Nationen Journalisten auf ihren Flugzeugen in die Hauptstadt Sanaa mitnehmen. Seither habe ich mit jemenitischen Vertrauensleuten etwa bei Treffen in Kairo überlegt, wie man dennoch dorthin gelangen könnte, um über das Leiden der Menschen zu berichten, von dem die Welt nichts wissen soll.

Eine Idee war, mit einem Boot über das Rote Meer zu fahren, doch das mussten wir als zu gefährlich verwerfen. Ein Boot mit Flüchtlingen an Bord war im März 2017 vor Mokha attackiert worden, mutmaßlich von einem Kampfhubschrauber der Koalition. 40 Menschen starben. Auch eine Reise auf dem Landweg über Oman ist mit Risiken verbunden, schon weil es unterwegs Gebiete gibt, in denen das Terrornetzwerk al-Qaida präsent ist.

Anfang August der Anruf aus Sanaa: Meinen Vertrauensleuten war es gelungen, alle Visa und Genehmigungen und ein Flugticket nach Aden zu besorgen, vor allem aber einen Weg zu finden, mich durch die Checkpoints in den Norden zu lotsen. Neun Tage habe ich das Land bereist (). Auf der Rückfahrt waren die Söhne des Fahrers dabei. Der Dreijährige sah die Ruinen an der Straße nach Aden. "Airstrike!", sagte er, das einzige englische Wort, das er kann. Ein Leben ohne Krieg kennt er nicht. Die Welt aber weiß viel zu wenig über diesen Konflikt, der den Jemen verheert.

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