Waldbrand in Brandenburg:Wo die Front verlief, liegt Munition - und da brennt nun der Wald

In keinem anderen Bundesland gibt es so viele munitionsbelastete Flächen wie in Brandenburg. Was bedeutet das für die Löscharbeiten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Benedict Witzenberger

Die Löscharbeiten in Brandenburg werden dadurch erschwert, dass im Boden jede Menge alte Munition liegt. Was bedeutet das für die Feuerwehrleute? Können die Kampfmittel neue Brände auslösen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie viel Munition liegt im Brandenburger Boden?

Wie viel Munition liegt im Brandenburger Boden?

Brandenburg ist das Bundesland mit dem höchsten Anteil an munitionsbelasteten Flächen. 350 000 Hektar mit ziviler Nutzung stehen unter Kampfmittelverdacht, schätzt das Innenministerium - eine Fläche, mehr als neunmal so groß wie der Gardasee. Dazu kommen militärische Übungsplätze und sogenannte Konversionsflächen, die früher militärisch waren und jetzt einen neuen Nutzen bekommen sollen.

Woher stammt die Munition?

Woher stammt die Munition? Aus den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg: Vor allem in Oranienburg und Potsdam liegt viel Munition im Boden. An der Oder-Neiße-Linie und südlich von Berlin, wo die Front zwischen Sowjetunion und Wehrmacht verlief, liegt zudem noch Artillerie- und Infanterie-Munition. Also genau dort, wo jetzt der Wald brennt. Betroffen sind in diesem Gebiet außerdem die ehemaligen Militärarsenale Forst Zinna und der Truppenübungsplatz Jüterbog, wo Munitionsreste aus NS-Zeit und DDR liegen.

Kann Munition Waldbrände auslösen?

Ja, und es komme immer wieder vor, sagt der Waldbrandschutzbeauftragte des Landes Brandenburg, Raimund Engel. Leuchtspurgeschosse aus dem Zweiten Weltkrieg enthalten Phosphorköpfe. Wenn der Stoff austritt, fängt er bei Temperaturen um 22 Grad an zu brennen. "Wie zwei Streichholzköpfe, die man aneinander reibt", sagt Engel. Ob der aktuelle Waldbrand durch Munition ausgelöst wurde, ist nicht klar.

Wie schwierig ist es, munitionsbelastete Flächen zu löschen?

"Die Sicherheit der Kameraden geht vor", sagt Engel. Wenn die Einsatzleitung befürchtet, dass eine Fläche im Wald durch Munition belastet ist und es zu Explosionen kommen kann, betreten die Feuerwehrleute das Gelände nicht, sondern löschen von außen, auf die Gefahr hin, nicht alle Brandherde zu erreichen. "Manchmal muss man hinnehmen, dass eine Fläche verbrennt", sagt Engel. Immer wieder kommen Löschpanzer zum Einsatz, deren Boden besonders gegen Explosionen geschützt ist. Mit ihnen können Feuerwehrleute in gefährlicheres Gebiet fahren. Auch aus Hubschraubern wird stellenweise gelöscht.

Gibt es Bemühungen, die Munition wegzuräumen?

Im Jahr 2017 hat das Land Brandenburg dem Innenministerium zufolge mehr als 4000 Anfragen von Grundstückseigentümern auf Kampfmittelbelastung bearbeitet und wurde etwa 3000 Mal gerufen, nachdem Munition gefunden wurde. So konnten 240 Tonnen entschärft und zerstört werden, darunter 400 Minen, 34 000 Handgranaten und 2100 Brandbomben. 1300 Hektar Verdachtsfläche wurden geräumt. Will jemand auf einer Verdachtsfläche bauen, muss vorher der Boden untersucht werden.

Wer zahlt für die Räumung?

Das unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Im Regelfall zahlt das Land Entschärfung, Abtransport und Vernichtung der Kampfmittel, weil es für die Gefahrenabwehr zuständig ist. Auf private Grundstückseigentümer kommen aber Kosten für die vorherige Sondierung und die Wiederherstellung nach der Entschärfung zu. Der Bund und die betroffenen Länder streiten seit Jahren über die Kostenteilung. Bisher zahlt der Bund nur die Räumung auf seinen eigenen Flächen und für Kampfmittel, die dem Deutschen Reich zugeordnet werden können. Die Länder zahlen für ausländische Munition oder Fliegerbomben. 2017 waren das in Brandenburg 10,5 Millionen Euro.

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