Besuch in Irland:Papst Franziskus bittet um Vergebung für Missbrauchsfälle

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  • Papst Franziskus besucht als erstes katholisches Kirchenoberhaupt seit fast 40 Jahren Irland.
  • Bei seiner Reise ist vor allem der Missbrauch Minderjähriger durch katholische Kleriker Thema. Franziskus sprach eineinhalb Stunden mit acht Betroffenen.
  • Der Papst bittet um Vergebung und bezeichnet die Taten als "Sünden, Skandal und Verrat".

Papst Franziskus hat um Vergebung für den massenhaften sexuellen Missbrauch von Kindern in kirchlichen Einrichtungen gebeten. "Ich bitte den Herrn inständig um Vergebung für diese Sünden, für den Skandal und Verrat, den so viele in der Familie Gottes empfinden", sagte Franziskus am Sonntag bei einem Besuch im Marienwallfahrtsort Knock im Westen Irlands. Er bezeichnete die Taten als "offene Wunde".

Am Samstagabend hatte sich Franziskus mit acht Missbrauchsopfern gesprochen. Unter den Teilnehmern war auch Marie Collins, die Teil der Kinderschutzkommission war, die Franziskus gegründet hatte. Collins war ausgetreten und warf dem Vatikan mangelnde Kooperation vor.

Vatikan
:Papst verurteilt Missbrauch: "Um Verzeihung bitten wird nicht reichen"

In einem offenen Brief entschuldigt sich Franziskus für den hundertfachen Missbrauch an Kindern in Pennsylvania. Er nennt die Vorfälle "abscheulich" und fordert, "harte Lehren" zu ziehen.

Zuvor hatte Franziskus das "Versagen" der Kirche im Umgang mit den Missbrauchsskandalen bedauert. Das Fehlverhalten der Kirche bleibe "eine Quelle des Schmerzes und der Scham für die katholische Gemeinschaft", sagte er in Dublin. "Ich teile diese Gefühle. Das Versagen der kirchlichen Behörden im Umgang mit diesen abscheulichen Verbrechen hat zu Recht für Empörung gesorgt."

Der irische Premierminister Leo Varadkar bat den Papst um Unterstützung bei dem Ziel, den Opfern der Kirche Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. "Die Wunden sind immer noch offen, und es bleibt noch viel zu tun, um Gerechtigkeit und Wahrheit und Heilung für die Opfer und Überlebenden zu erreichen", sagte Varadkar bei einem Auftritt mit dem Papst. "Heiliger Vater, ich bitte Sie, Ihr Amt und Ihren Einfluss zu nutzen, damit das hier in Irland und in der ganzen Welt geschehen kann."

Die frühere irische Regierung hatte dem Vatikan vorgeworfen, dieser behindere die Aufklärung von Pädophilie-Fällen. Franziskus versicherte, die Kirche bemühe sich, "Fehler der Vergangenheit zu beheben und strenge Regeln zu erlassen, um sicherzustellen, dass sie sich nicht wiederholen". Das Kirchenoberhaupt erinnerte an die diplomatische Krise zwischen Irland und dem Heiligen Stuhl, die 2011 zur Abberufung des Vatikanbotschafters aus Irland geführt hatte. Dublin hatte zeitweilig die eigene Botschaft im Vatikan geschlossen. Die damalige Regierung übte massive Kritik am Umgang des Vatikans mit den Missbrauchsfällen in Irland. In mehreren staatlichen Untersuchungsberichten war von insgesamt 14 500 Opfern die Rede.

Kritiker haben zum Boykott der Papst-Messe aufgerufen

Im früher streng katholischen Irland hat sich die Stimmung in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt. Ende Mai sprach sich eine deutliche Mehrheit in einem Referendum für ein Ende des strikten Abtreibungsverbots aus. Drei Jahre zuvor hatte eine ebenfalls deutliche Mehrheit für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe gestimmt.

Papst Franziskus ist als erstes katholisches Kirchenoberhaupt seit fast 40 Jahren nach Irland gereist. Anlass seines Besuchs ist der Abschluss des katholischen Weltfamilientreffens in Dublin. Die zahlreichen Missbrauchsskandale, die der einst mächtigen katholischen Kirche in Irland schwer geschadet haben, spielen bei seinem Besuch eine große Rolle.

Höhepunkt des Papstbesuchs soll eine Messe am Sonntag in Dublin sein, zu der 500 000 Menschen erwartet werden. Kritiker haben aus Protest gegen die Missbrauchsaffären zum Boykott der Messe aufgerufen und eine Gegenveranstaltung im Stadtzentrum von Dublin angekündigt. Ihnen geht die Aufklärung nicht weit genug. Sie fordern, dass die Kirche konkrete Schritte einleitet, um weiteren Missbrauch zu verhindern und die Täter und ihre Vorgesetzten zur Verantwortung zu ziehen.

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