Es war ja kein Zufall, dass Danni Lowinski, eine der wenigen echten Serienheldinnen der vergangenen Jahre, ihrer Anwaltstätigkeit an einem Klapptisch in einem Kölner Einkaufszentrum nachging. Das Einkaufszentrum ist ein erzählerisch völlig unterschätzter Ort. Mag ja sein, dass es kein Ort der Träume ist, weil die ganze Konsumwelt eher ordinär wirkt, wenn all das in genau gleichen hässlichen Ladenparzellen zu haben ist, was laut Werbung individuellen Lifestyle verheißen soll. Andrerseits ist es deshalb ein enorm praktischer Ort ohne Illusionen.
Womit wir bei der neuen Vorabendserie Freundinnen von RTL sind, die über weite Teile im Bistro eines Grevenbroicher Einkaufszentrums spielt. Deren vier Hauptfiguren befinden sich in eher illusionslosen Lebenssituationen der unteren Mittelschicht und überlegen deshalb ganz praktisch, was im Einkaufszentrum des Lebens für sie noch so in Reichweite liegen könnte. Männer, Liebe, Geld halt, ein bisschen Romantik. Das wird dann so ein Wenn-Frauen-mit-Frauen-reden-Ding mit Anklänge an Real-Life-Unterhaltung. Hier sind keine Aufsteiger- Lebensentwürfe zu sehen.
Tina (Franziska Arndt), die in der ersten Folge nach einem One-Night-Stand verdächtig lange verschwindet, kämpft schwer mit ihrer figurformenden, fleischfarbenen Unterwäsche und glaubt dann nicht, dass jemand "an einer alleinerziehenden Mutter, die nach Frittenfett riecht" interessiert sein kann. Kaya (Shirin Soraya) fürchtet, dass ihr Mann arbeitslos wird, Heike (Katrin Höft) trägt Kostümchen und hat nachts einen Hang zur Schlampe. Nadine (Sarah Victoria Schalow) ist einfach nur lieb und treuherzig. Klar ist Sex and the City das Vorbild aller Serien dieser Art, aber atmosphärisch war es nie ferner als in der Citymall von Grevenbroich.
Das klingt eigentlich vielversprechend, trotzdem hinterlässt die erste Folge einen wirren Eindruck, an dem die zweite nur teils etwas ändert. Verwirrend ist zum Beispiel, dass das fidele, aufgedrehte Spiel und der Tonfall in Richtung Comedy gehen. Nur kommt keine Pointe, sondern schon wieder die nächste von viel zu vielen Rückblenden, ganz so, als ginge es um eine Abfolge von Sketchen. Das hat damit zu tun, dass wir uns ja im Bistro im Einkaufszentrum befinden und die vier Freundinnen - zuweilen wird die Runde erweitert durch Tinas beinhart lebenstüchtige Mutter - sich und dem Zuschauer etwas erzählen, was man auch sehen soll. Ist logisch, aber schrecklich mühsam beim Zuschauen, und es bremst die hübschen kleinen Energien aus, die in dem Format eigentlich drinstecken. Unter Freundinnen: Lass es doch raus, RTL!
Freundinnen , bei TV Now*
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