Frage der Woche:Wo werden wir besonders nass?

Der Frühling ist da und wir müssen mit Regen statt Schnee rechnen. Und wo regnet es in Deutschland am meisten?

M. C. Schulte von Drach

Noch ist es eher Schnee als Regen, der vom Himmel fällt. Doch zunehmend ersetzen Tropfen die weißen Flocken. Nicht mehr lang und wir werden wieder von Schauern und Gewittern durchnässt. Doch wo droht uns diese Gefahr in Deutschland am stärksten?

Frage der Woche: Wo muss man in Deutschland mit besonders viel Regen rechnen?

Wo muss man in Deutschland mit besonders viel Regen rechnen?

(Foto: Foto: dpa)

Gerüchte und Behauptungen darüber, welcher Ort Deutschlands Regenhauptstadt ist, kursieren etliche. So widmete Fabio Chigi, der spätere Papst Alexander VII., bereits 1649 Münster ein Gedicht, in dem er die westfälische Stadt als "Heimat des Regens" bezeichnete. "Sechs Jahre sind's nun, dass ich hier bin, aber ich sah Dich nicht anders als triefend vor ständigem Regen."

Wer dagegen in Bielefeld wohnt, könnte den Eindruck gewinnen, im schlimmsten Regenloch der Nation zu leben. Auch Hamburg gilt als regenreich, während Städte wie München und Freiburg im Breisgau als besonders sonnenreiche Orte gelten.

Deshalb sorgte im vergangenen Jahr ein Papier des Statistischen Amts der Europäischen Kommission, Eurostat, für Aufsehen. Ganz nebenbei listete das Amt in einer Studie über Lebensqualität in europäischen Städten die zehn Orte mit den meisten Regentagen im Jahr auf. Angeführt wurde die Tabelle nicht etwa von britischen oder irischen Städten. Auf den Plätzen eins und zwei fanden sich Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt und Köln am Rhein wieder.

Sofort ging die Meldung durch die Medien. Kaum jemand zweifelte die Daten an. Und das eigentlich relativ trockene Halle hatte plötzlich den Ruf des schlimmsten Regenloches der Nation.

Nur wenige Journalisten hinterfragten die Daten, die sich lediglich auf Werte aus dem Jahr 2004 - im Falle der irischen Städte dagegen auf 2001 - bezogen.

Eine rühmliche Ausnahme war der Kölner Stadt-Anzeiger. Claudia Lehnen tat, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Sie rief beim Deutschen Wetterdienst an und erfuhr, dass die Wetterstation in Köln 2004 lediglich 189 Regentage registriert hatte, und nicht 263, wie von Eurostat gemeldet.

Und Halle an der Saale? Nutzt man den sogenannten Klimarechner des Meteorologischen Dienstes WetterOnline, so kommt man für 2004 auf 146 Regentage, und nicht auf 266, wie von Eurostat angegeben.

Kritiker der Studie bemängeln außerdem, dass lediglich die Daten eines einzigen Jahres berücksichtigt wurden. Aussagekräftig sind aber nur Durchschnittswerte über einen möglichst langen Zeitraum. Dazu kommt, dass die Zahl der Regentage noch keine klare Auskunft darüber gibt, wie reich an Regen ein Ort ist. Es kommt schließlich noch auf die Niederschlagsmenge an.

Wo werden wir besonders nass?

Bei der Suche nach der regenreichsten Stadt ist eine andere Untersuchung deshalb hilfreicher: 2008 bat das Magazin Men's Health den Deutschen Wetterdienst, die regenreichste Großstadt Deutschlands zu bestimmen. Die Fachleute werteten dafür die mittlere jährliche Niederschlagsmenge über einen Zeitraum von 39 Jahren aus.

Das Ergebnis: Der Spitzenreiter ist Wuppertal. 1154,1 Liter Wasser je Quadratmeter regnen dort jährlich aus den feuchten atlantischen Luftmassen, die sich an den Höhen des Bergischen Landes stauen. Nicht von ungefähr kennt man hier den Spruch: "In Wuppertal werden die Kinder mit dem Regenschirm geboren." Auf den Plätzen zwei und drei folgen Wuppertals Nachbarstädte Solingen und Hagen.

Auf den Plätzen vier und fünf liegen München (972,8 Liter pro Quadratmeter) und Freiburg (946,5 Liter pro Quadratmeter), gefolgt von Bielefeld (877,5 Liter pro Quadratmeter).

In Köln dagegen, in den Regen-Top-Ten von Eurostat immerhin auf Platz zwei, reicht es nur für Platz 17. Und Münster, die "Heimat des Regens", findet man auf Platz 29.

Halle an der Saale aber, die Stadt mit angeblich 266 Regentagen, nimmt mit 481 Litern pro Quadratmeter weit abgeschlagen Platz 48 ein. Trockener ist es dem Deutschen Wetterdienst zufolge nur noch in Magdeburg.

Doch Vorsicht: Wer nun überlegt, von Wuppertal, Hamburg oder München nach Sachsen-Anhalt zu ziehen, sollte die Koffer nicht gleich packen. Eine hohe Niederschlagsmenge im Jahresdurchschnitt bedeutet nicht, dass es dort ständig regnet.

München und Freiburg etwa sind nur aufgrund der sommerlichen Gewitter besonders nass. Ansonsten gehören die Städte tatsächlich zu den sonnenreichsten Orten Deutschlands. Und Halle dagegen mag sehr trocken sein, aber sonnig ist es hier nicht besonders - im Gegenteil.

Die Bürger Wuppertals allerdings sollten vielleicht in Erwägung ziehen, ihre Stadt abzureißen und im Süden wieder aufzubauen. Denn der viele Regen wird hier noch nicht einmal durch eine große Zahl von Sonnentage erträglicher.

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