Brexit:Britische Forscher fürchten um ihre Zukunft

The New Term Begins For Students At Oxford University

Oxford ist eine der berühmtesten Universitäten der Welt. Doch mit dem Brexit steht die Spitzenforschung in Großbritannien unter Druck.

(Foto: Getty Images)
  • Die Konsequenzen eines harten Brexit wären für britische Forscher noch schlimmer als bisher angenommen, hat eine neue Analyse ergeben.
  • Demnach kämen Wissenschaftler aus Großbritannien für drei der wichtigsten Förderprogramme der Europäischen Union nicht mehr infrage.
  • Das Land würde damit fast die Hälfte seiner EU-Forschungszuschüsse verlieren.

Von Astrid Viciano

Was für ein Chaos. Dosen mit Ravioli, Trockenfleisch und Baked Beans stapeln sich bald in Lagerhallen, auch Vorräte an Impfstoffen und Blutkonserven werden angelegt. Die britische Regierung bereitet sich darauf vor, einen harten Ausstieg aus der Europäischen Union ohne Abkommen abzufedern. Für britische Forscher wären die Konsequenzen eines solchen No-Deal-Brexit sogar noch schlimmer als bisher angenommen, so hat es eine neue Analyse jetzt ergeben.

Wie die Kampagne "Wissenschaftler für die EU" berichtet, werden britische Forscher künftig womöglich keinen Zugang mehr zu wichtigen Fördermitteln der Europäischen Union haben. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren, nachdem sie neu veröffentlichte Dokumente der britischen Regierung zum Brexit analysiert haben. Den Unterlagen zufolge kämen Wissenschaftler aus Großbritannien für drei der wichtigsten Förderprogramme der Europäischen Union nicht mehr infrage. Fast die Hälfte aller Finanzmittel, mit denen die EU die Forschung in Großbritannien unterstützt hat, flossen über diese Programme.

Bislang waren britische Forscher beim Wettstreit um die Fördermittel höchst erfolgreich. Allein im Rahmen des EU-Forschungsprogramms Horizon 2020 der Europäischen Kommission erhielten sie 4,6 Milliarden Euro seit dem Jahr 2014, berichten die Autoren der Analyse. Und Großbritannien hat im Rahmen von Horizon 2020 mehr Projekte koordiniert als jedes andere Land. Mit 3515 Projekten liegen die Briten vor Spanien mit 2358 und vor Deutschland mit 2106 Projekten.

"Im Fall eines No-Deal-Brexits verliert Großbritannien rund 45 Prozent seiner Forschungszuschüsse", berichtet Mike Galsworthy, Direktor der Kampagne "Wissenschaftler für die EU". Das wären laut seinen Berechnungen fast 580 Millionen Euro pro Jahr.

Innerhalb des Horizon-2020-Programms erhielt Großbritannien bislang vom Europäischen Forschungsrat ERC insgesamt 1,29 Milliarden Euro, vom Marie-Sklodowska-Curie-Programm fast 700 Millionen Euro. Und ein weiteres Programm, das kleinen und mittelgroßen Start-ups auf die Beine helfen soll, hat fast 140 Millionen Euro ins Land gebracht. "Ein No-Deal-Brexit wäre absolut verheerend", sagt Galsworthy. Das alles dürfte Großbritannien in der Forschung deutlich zurückwerfen, warnt er. Hinzu kommt, dass ab März 2019 alle Forscher aus EU-Ländern ein Visum brauchen werden, um dort zu arbeiten. Ein bürokratischer und finanzieller Aufwand, der viele abschrecken dürfte.

Die britische Regierung dagegen beschwichtigt und erklärt, dass ein Brexit ohne Abkommen "höchst unwahrscheinlich" sei. Zudem erklärt sie in den neu veröffentlichten Dokumenten, dass sie im Falle eines No-Deals alle britischen Horizon-2020-Projekte bis zu deren Ende finanzieren werde. Was aber, wenn britische Forscher ein EU-Projekt koordinieren? Dieses Szenario will die Regierung noch mit der EU-Kommission ausloten.

Doch Galsworthy ist skeptisch: Zunächst müsse sich nach einem No-Deal-Brexit das ganze Land neu sortieren. Dann werde die Regierung andere Sorgen haben als sich darum zu kümmern, ob Spitzenforscher künftig nach Großbritannien gehen - oder vielleicht doch lieber nach Deutschland.

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