Elysium-Prozess um Kinderpornografie:"Einen Chef gab es eigentlich nicht"

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  • Im Prozess um die Kinderporno-Plattform "Elysium" hat ein Angeklagter eingeräumt, dabei eine leitende Funktion innegehabt zu haben.
  • Mehrere Stunden berichtet der Mann aus dem Kreis Tübingen von den technischen Voraussetzungen zum Betrieb der Plattform und welche Aufgaben er sowie seine drei Mitangeklagten übernommen hätten.
  • Ein weiterer Angeklagter lässt durchblicken, dass er bereits vor mehr als 20 Jahren übergriffig geworden sei.

Im Prozess um die Kinderporno-Plattform Elysium hat ein Angeklagter eingeräumt, eine leitende Funktion innegehabt zu haben. "Einen Chef schlechthin gab es eigentlich nicht", sagte er am Dienstag vor dem Landgericht Limburg. Aber er sei derjenige mit dem größten Einfluss gewesen. Mehrere Stunden berichtete der Mann aus dem Kreis Tübingen von den technischen Voraussetzungen zum Betrieb der Plattform und welche Aufgaben er sowie seine drei Mitangeklagten übernommen hätten. Der 58-Jährige soll einer der Administratoren gewesen sein.

Ein 62-Jähriger aus Bayern, der als "Moderator" Chats betreut sowie Kinder sexuell missbraucht haben soll, räumte ebenfalls mehrere Anklagepunkte ein. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, sich mit einem Mann aus Österreich verabredet zu haben, um dessen Sohn und Tochter zu missbrauchen. Die Tat sei nicht geplant gewesen und hätte nicht passieren dürfen, sagte der Mann aus Landsberg am Lech. Er ließ durchblicken, dass er schon vor mehr als 20 Jahren übergriffig geworden sei.

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Er habe bei der Kinderporno-Plattform Elysium mitgemacht, weil er die wahren Täter später bei der Polizei verpfeifen wollte, sagt einer der Angeklagten aus. Aber seine Verteidigungsstrategie geht nicht auf.

Von Jan Willmroth

Die insgesamt vier Angeklagten sollen Elysium im Darknet betrieben oder sich daran beteiligt haben. Die Plattform mit mehr als 111 000 Nutzerkonten weltweit war ein halbes Jahr online. Die Mitglieder konnten chatten sowie Fotos und Videos tauschen, darunter Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauchs von Kindern. Im Juni 2017 wurde Elysium von Ermittlern abgeschaltet. Die Plattform war online gegangen, nachdem ein Vorgängerportal aufgeflogen war. Auch daran sollen sich die Angeklagten teilweise beteiligt haben.

Elysium habe sehr schnell viele Mitglieder gewonnen, sagte der geständige 58-Jährige. Vergangene Woche hatte er bereits zu Protokoll gegeben, sein Handeln zu bereuen. Doch seine Motive kamen bislang nicht konkret zur Sprache. Der 62 Jahre alte Angeklagte aus Bayern indessen behauptete, es sei ihm darum gegangen, Kontakt zu anderen Pädophilen zu bekommen. Er habe Chats als Möglichkeit gesehen, "sich mit Leuten, die das Problem Pädophilie in sich tragen, auszutauschen". Ähnlich hatte sich der erste gehörte Angeklagte geäußert. Frank M., 40, in dessen Werkstatt in Bad Camberg der Elysium-Server gefunden wurde, gerierte sich am zweiten Prozesstag als Privatermittler, der doch eigentlich nur die Pädophilenszene im Netz habe ausforschen wollen. Auf Nachfragen dazu konnte er keine schlüssigen Antworten geben. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 29.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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