Mandanten-Akquise:"Eine Homepage ist wie ein Haustier"

Liane Allmann

Liane Allmann ist Inhaberin der Agentur Kitty & Cie nahe Berlin. Sie berät Kanzleien bei Marketing- und Kommunikationsstrategien.

(Foto: Jens Brueggeman)

Viele Anwälte empfinden Reklame als unredlich oder gar aufdringlich. Eine Marketing-Expertin rät ihnen zu einer klaren Strategie.

Interview von Sigrid Rautenberg

Liane Allmann ist Inhaberin der Agentur Kitty & Cie in der Nähe von Berlin. Die Wirtschaftswissenschaftlerin berät seit 20 Jahren mittlere und große Kanzleien bei Marketing- und Kommunikationsstrategien.

SZ: Wo hakt es bei der Mandanten-Akquise?

Liane Allmann: Für viele Berufsträger ist Marketing noch immer negativ assoziiert. Oder sie haben, trotz der Liberalisierung des Werberechts, nach wie vor die Schere im Kopf, dass sie ihre Dienstleistungen nicht direkt bewerben dürfen. Sie finden es unredlich oder gar aufdringlich. Kaum ein Anwalt macht Fortbildungen zu Vertriebs- oder Akquisethemen.

Ist das auch der Grund, warum Werbung von Anwälten kaum sichtbar ist?

Anwälte verkaufen Dienstleistungen, die auf Vertrauen basieren. Verbraucher und auch Unternehmen können die Qualität dieser Dienstleistung kaum beurteilen. Ein seriöser Auftritt ist daher den meisten Anwälten wichtig. Das passt für viele nicht mit Werbung zusammen. Also werben sie indirekt, durch Vorträge auf Veranstaltungen, Engagement in Netzwerken oder Publikationen. Große Kanzleien allerdings haben durchaus üppige Marketingbudgets und eigene Business-Development-Abteilungen, die den Markt analysieren und einer Marketingstrategie folgen.

Niemand geht ohne Not zu einem Anwalt, viele Menschen fühlen sich eingeschüchtert. Wie könnten Anwälte die Hemmschwelle senken?

Tatsächlich bereitet vielen die Konfrontation mit Anwälten Unbehagen. Juristen müssen noch mehr lernen, so zu sprechen, dass ihre Mandanten sie verstehen. Aber viele haben sich eine Verkopftheit antrainiert und stehen sich damit selbst im Weg. Ein guter Anwalt passt seine Kommunikation an den Stil seiner Zielgruppe an. Empathie ist enorm wichtig und bindet. Mit einer Kundin habe ich zum Beispiel mal eine Broschüre "Erbrecht für Frauen" entwickelt. Natürlich gibt es rechtlich gar keine Unterschiede. Aber das Heft kam an, weil die Frauen sich da gut abgeholt fühlten.

Wie kommen junge Selbständige an Mandanten?

Viele waren zuvor in größeren Kanzleien tätig und nehmen erste Mandanten mit. Darin liegt aber auch ein großes Problem: Sie steigen sofort ins Tagesgeschäft ein und haben keine Zeit, eine Strategie zu entwickelt. Wichtig ist, sich zu spezialisieren und zu klären, wer die Zielgruppe ist - und dann auch dabei zu bleiben. Also auch einmal den Mut haben, Nein zu sagen. Das ist nicht einfach. Freiberufler sind oft getrieben von Angst und Unsicherheit, die wenigsten haben Dauermandate. Doch der größte Fehler ist blinder Aktionismus. Der lähmt alles und frisst Ressourcen.

Wer ein rechtliches Problem hat, geht erst einmal ins Internet. Wie digital sind Anwälte unterwegs?

Die Sichtbarkeit im Internet ist enorm wichtig. Aber eine Homepage ist wie ein Haustier, um das man sich ständig kümmern muss. Und sie ist längst auch ein Marketinginstrument, das man nutzen sollte. Sinnvoll ist es beispielsweise, die Sprache der Kunden zu analysieren, um die richtigen Keywords auf der Webseite zu platzieren. Viele Anwälte sind aber immer noch nicht bereit, dafür auch Geld in die Hand zu nehmen. Wer zum Beispiel mit den Stichwörtern "Anwalt" und "Verkehrsrecht" bei Google gefunden werden will (und die Frage wäre auch, ob das sinnvoll ist), zahlt viel Geld pro Klick. Deshalb ist es wichtig, dass die Suchworte auch sinnvoll gewählt sind. Social Media ist für viele Kanzleien auch noch keine Option. Viele haben aus einem gewissen Kontrollzwang heraus Angst vor den sozialen Netzwerken und deren nicht kontrollierbarer Multiplikationswirkung. Aber am Ende wird derjenige gewinnen, der eine klare Strategie hat und diese auch digital abbildet.

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