Aktionstag:Eine Nacht für die Demokratie

Lesezeit: 5 min

Im Puchheimer Kulturzentrum können die Besucher mit Politikern ins Gespräch kommen, Podiumsdiskussionen besuchen, Kultur genießen und ihre Meinung äußern

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Vertrauensverlust in die staatlichen Institutionen, ein unkontrollierter Kapitalismus, das Erstarken rechtspopulistischer Parteien und ganz aktuell die Ereignisse in Chemnitz: Die Demokratie in Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen und ist längst nicht mehr so selbstverständlich, wie noch vor wenigen Jahren angenommen. In Puchheim soll nun mit einem Aktionstag am Samstag, 15. September, den demokratiekritischen und -feindlichen Tendenzen entgegengewirkt werden. "Die Lange Nacht der Demokratie ist eine Form der Wachsamkeit, der Auseinandersetzung und der Vergewisserung", sagt dazu Bürgermeister Norbert Seidl. Diskutiert werden sollen dabei folgende Fragen: Was soll Demokratie können? Welche Attacken muss Demokratie aushalten? Wie viel Positives kann Demokratie in die Zivilgesellschaft einbringen? Wer muss auf die Demokratie in schwierigen Zeiten aufpassen? Dazu finden im Puchheimer Kulturzentrum von 15 Uhr bis Mitternacht Veranstaltungen statt - von der Podiumsdiskussion über Ausstellungen bis zum Kinofilm.

Auftakt bei Weißwurst und Bier

Eröffnet wird die "Lange Nacht der Demokratie" bereits am Vormittag. Von 10 bis 12 Uhr lädt Seidl zusammen mit dem Stadtrat die Bürger zu einem politischen Stammtisch auf dem Grünen Markt ein - eine ideale Gelegenheit, um mit den Vertretern der Stadtpolitik ins Gespräch zu kommen.

Podiumsdiskussionen

Soziale Medien spielen auch im politischen Diskurs eine immer wichtigere Rolle. Doch welche Gefahren sind damit verbunden? Unter dem Titel "Social Media, Fake News und Hate Speech" diskutieren Michael Schrodi, SPD-Bundestagsabgeordneter, Christine Wagner, Vorsitzende des Puchheimer Jugendbeirates, Christian Hufnagel, Leiter der Fürstenfeldbrucker Redaktion der Süddeutschen Zeitung, und Stefan Primbs vom Bayerischen Rundfunk von 18.30 Uhr an im Béla-Bartók-Saal. Bereits um 18 Uhr hält Primbs einen Impulsvortrag über den Einfluss sozialer Medien und die tief greifenden Veränderungen in den vergangenen Jahren, für die Presse und für die Demokratie. "Warum wir unsere Werte verteidigen müssen", heißt ein Vortrag der Fernsehjournalistin Düzen Tekkal. Sie spricht von 20 Uhr an im Béla-Bartók-Saal darüber, wie Extremisten die freiheitliche Gesellschaft bedrohen. Danach diskutiert sie mit Gerhard Zierl, dem ehemaligen Leiter des Amtsgerichts München, über ihre Thesen. Moderiert wird das Gespräch vom Journalisten Dennis Lohmann.

1 / 3
(Foto: Günther Reger)

Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl.

2 / 3
(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler.

3 / 3
(Foto: Claus Schunk)

Die Fensehjournalistin Düzen Tekkal.

Landtagsabgeordneter Sepp Dürr.

Abgeordnete im Gespräch

Auch mehrere Politiker werden bei der Demokratienacht anwesend sein und sich den Fragen der Bürger stellen. So lässt sich die CSU-Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler von 16.30 Uhr an im Béla-Bartók-Saal von Jugendlichen interviewen und beantwortet Fragen zu ihrer Arbeit in Berlin und zur Demokratie im Allgemeinen. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Sepp Dürr stellt von 22 Uhr an im Béla-Bartók-Saal die Frage "Demokratie - brauch ma des?". Danach, von 22.45 Uhr an, spricht Dürr dann mit dem SPD-Landtagsabgeordneten und Altbürgermeister Herbert Kränzlein über ihre Erfahrungen in der Politik. Über ihre Wünsche für Puchheim können junge Besucher von 15.30 Uhr an in der Gaststätte mit Bürgermeister Norbert Seidl sprechen. Egal, ob es um den Schulweg geht, ein Klettergerüst oder das Schwimmbad, gesprochen werden kann dabei über alles. Beim politischen Café von 16 Uhr an, ebenfalls in der Gaststätte, stehen Vertreter der örtlichen Parteien zum Gespräch über landes- und bundespolitische Themen zur Verfügung.

Kunst und Kultur

Zwischen den politischen Diskussionen bleibt auch eine Menge Raum für Kultur. So geben um 15.30 Uhr die "Streichhölzer" der Musikschule Puchheim unter der Leitung von Simone Burger-Michielsen ein kleines Eröffnungskonzert. Von 17 bis 17.30 Uhr spielt das Duo "Tonart" in der Gaststätte eine Mischung aus sehnsuchtsvollen und heiteren Klängen aus nahen und fernen Ländern, direkt danach treten die beiden Musiker dann noch einmal im Béla-Bartók-Saal auf. Die Impro-Theatergruppe des Brucker Viscardi-Gymnasiums spielt von 19.15 Uhr an auf Zuruf der Besuch kleine Stücke. Der Maisacher Puppenspieler und Kabarettist Joe Heinrich erzählt von 21.15 Uhr an mit seinen liebevoll gestalteten Figuren die Geschichte von "Mutti Europa und ihren Kids". "Rock for Democracy" heißt es von 23.30 Uhr bis Mitternacht beim Konzert der Puchheimer Rockband "BluPanDu" im Béla-Bartók-Saal. In der Galerie zeigt der Asylhelferkreis die Ausstellung "Was bedeutet für mich Demokratie", eine Einführung gibt es von 15 Uhr an im Gabriele-Münter-Zimmer. Ebenfalls in der Galerie ist die Ausstellung "Permanente Demokratie - Wie Kurt Eisner vor 100 Jahren den Freistaat ausrief" zu sehen. Sie widmet sich dem Leben des ersten bayerischen Ministerpräsidenten. Im Zentrum der Ausstellung steht ein Kunstwerk von Guido Zingerl. Ausgestellt werden außerdem Zeichnungen des Illustrators Manfred "papan" von Papen. Im Foyer ist von 15 Uhr an zudem das Fotoprojekt "Lebendige Demokratie in Puchheim" zu besichtigen. Die Bilder von Orten in der Stadt stehen dabei symbolisch für wichtige Grundrechte und zeigen, dass eine demokratische Gesellschaft der Garant für eine funktionierende Kommune ist. Im Jugendzentrum haben die Besucher an einer Videoumfrage teilgenommen. Die Statements sind nun zu einem Kurzfilm zusammengestellt worden, der ebenfalls im Foyer zu sehen ist.

Filme für Familien

Im Film "Eine Möhre für zwei. Demokratie - aber wie" wollen ein Schaf und ein Pferd ihre Möhre neu streichen. Aber in welcher Farbe? Weil sie sich nicht einigen können, bekommen sie vom Staatssekretär Grübeldong-Schlichterbeck erklärt, wie man sich demokratisch einigt - mit einem überraschenden Ergebnis. Der Film für Kinder ab neun Jahren läuft von 15.15 bis 15.30 Uhr im Béla-Bartók-Saal. Einen Einblick in die Demokratie bekommt ein Jugendlicher dann im Film "Applaus für Felix. Ein Tag im Bundestag". Der Sechstklässler darf für einen Tag in die Rolle eines Abgeordneten schlüpfen und lernt dort die Arbeit in der Herzkammer der deutschen Demokratie kennen. Der Film, der von 16 bis 16.30 Uhr ebenfalls im Béla-Bartók-Saal läuft, ist besonders für Familien mit Kindern von acht bis 14 Jahren geeignet.

Workshops

Was genau sind eigentlich Konflikte und wie geht man demokratisch mit ihnen um? Dieser Frage geht der Sozialwissenschaftler Tarik Ndifi in einem Workshop für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren nach. Dabei geht es um Konflikte in Familie, Freundeskreis und Schule ebenso wie solche in der Politik. Diskutiert werden soll dann auch, wie man im Alltag Konflikte gewaltfrei lösen kann. Beginn ist um 16 Uhr im Gabriele-Münter-Zimmer. Im Anschluss findet noch ein zweiter Workshop statt. Dort erklärt Franziska Hinz vom Kreisjugendring Teilnehmern ab zwölf Jahren, wie man sicher vor Klassen und Gruppen auftritt. In praktischen Übungen wird gelernt, wie man Sprache, Körper und Rhetorik richtig einsetzt.

Aktiv werden

Im Foyer des Kulturzentrums können die Besucher zur Einstimmung auf die Demokratienacht von 15 Uhr an an kleinen Stationen selbst zur Tat schreiten. An einem Stand werden sie gebeten, zehn jeweils konträre Aussagen zu bewerten, natürlich anonym. Die Ergebnisse werden später auf der Homepage der Stadt bekannt gegeben. An den "Säulen dem Demokratie" können die Besucher deutlich machen, welche Komponenten der Demokratie ihnen wichtig sind - indem sie die Säulen mit farbigen Bällen füllen. Buttons mit Kinderrechten können sich die kleinen Besucher beim Kinderschutzbund gestalten. Außerdem können sie an einer Umfrage teilnehmen und zeigen, ob sie ihre Rechte kennen. Im Max-Reinhard-Saal dürfen sich Besucher eigene politische Botschaften überlegen und ein dazu passendes Motiv gestalten, das dann auf eine Stofftasche gedruckt werden kann. An einem Gesetzesgenerator können die Besucher eigene Gesetze schreiben und dabei überlegen, wo sie gelten sollen und für wen und was passiert, wenn jemand dagegen verstößt. Das Ergebnis kann dann als Urkunde gedruckt und mit nach Hause genommen werden. Geöffnet ist der Saal von 15 bis 18 Uhr. Zum Abschluss können die Besucher im Foyer dann noch ihr persönliches Bekenntnis zur Demokratie abgeben. Im Gästebuch, das in Form einer Wandzeitung gestaltet sein wird, kann jeder aufschreiben oder malen, was er von der Veranstaltung mitgenommen hat oder welche Gedanken ihn beschäftigen.

Das komplette Programm ist auch online unter www.demokratie-puchheim.de zu finden

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: