Playstation-Spiel "Spider-Man" im Test:Bevorzugtes Fortbewegungsmittel: Spinnenseide

screenshot spider-man

Spider-Man schwingt im gleichnamigen Spiel durch New York. Das Playstation-Spiel hat eine neue Handlung, in der viele bekannte Marvel-Charaktere auftauchen.

(Foto: Sony Interactive Entertainment / PR)

"Spider-Man" ist eines der besten Superhelden-Spiele der letzten Jahre. Dennoch scheitert es am Spagat zwischen interaktivem Actionfilm und ultimativem Spielplatz.

Von Caspar von Au

Spoiler-Warnung: Der folgende Artikel verrät zwar keine Details zur Handlung in "Spider-Man", enthält aber Informationen, die der Spieler erst im Spielverlauf erfährt.

Es könnte kaum besser anfangen: Peter Parker, besser bekannt als Spider-Man, schwingt an einem Seil aus Spinnenseide von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer durch New York. Die Polizei benötigt wieder mal seine Hilfe. Gangsterboss Wilson Fisk soll festgenommen werden, wehrt sich aber mit seiner Privatarmee dagegen. Es braucht also einen echten Superhelden. So austauschbar diese Situation für das gleichnamige Playstation-Spiel "Spider-Man" ist - und ebenso für die zahllosen Comicbücher und Filme über den Spinnenhelden -, so schnell zieht sie den Spieler in die Welt Spider-Mans hinein. Denn es schwingt sich kinderleicht durch die Wolkenkratzerschluchten, und das macht einen Heidenspaß.

Sonys Spider-Man bedient sich kräftig am Marvel-Universum, in dem sich seit der Erfindung des Comichelden 1962 mehr als genügend Figuren, Helden, Bösewichte und viele Figuren dazwischen angesammelt haben. Peters Tante May, seine große Liebe Mary Jane, Dr. Octavius, Norman Osborn - es taucht kaum jemand auf, der nicht schon seit Jahrzehnten zu Spider-Mans Umfeld gehört. Auf der einen Seite soll das Spiel ein interaktiver Actionfilm mit tief verwurzelter Story sein. Auf der anderen Seite soll sich der Spieler in einer offenen Welt frei in Manhattan bewegen können und Verbrecher jagen, wann und wie es ihm passt. Der Spagat zwischen diesen grundverschiedenen Weisen des Erzählens ist die größte Schwäche des sonst guten Spiels. Denn er gelingt an vielen Stellen nicht.

Bekannte Figuren, aber brandneue Handlung - so werben die Entwickler. Der zu Spielbeginn 23-jährige Peter Parker bekämpft als Spider-Man schon seit acht Jahren das Verbrechen in der Stadt, einige seiner ärgsten Widersacher sitzen in einem Hochsicherheitsgefängnis auf einer Insel im East River. Dank des Superhelden ist auch Gangsterboss Fisk alias Kingpin in den Knast gewandert, aber es kehrt natürlich keine Ruhe in New York ein. Stattdessen taucht eine neue Verbrecherbande auf - und mit dem Spielverlauf immer mehr der erwähnten Marvel-Helden, von denen nicht immer klar ist, auf wessen Seite sie stehen.

Spider-Man ist gesellschaftskritisch, aber nur oberflächlich

Auch wenn die Handlung einem für Superhelden-Filme typischen Schema folgt, gelingt es den Entwicklern, Spannung zu erzeugen. Während Spider-Man zunächst vergeblich versucht, den unbekannten Feinden das Handwerk zu legen, läuft es auch im Alltagsleben für Peter Parker nicht gut. Erst verliert er seinen Job, dann die Wohnung. Wer weiß, hinter welchem bürgerlichen Namen sich in den Comics welcher Bösewicht verbirgt, befürchtet bisweilen noch Schlimmeres für Spider-Man.

Typisch für die Comicreihe ist auch der Humor des Superhelden, der in jeder Situation einen blöden Spruch parat hat. "Manchmal ist Gewalt doch eine Lösung und macht Spaß", sagt er, während er an einem Spinnenseil einen Gullideckel auf eine Gruppe Verbrecher schleudert. Sogar seine Mitstreiter im Spiel sind von den flachen Witzen genervt.

Darüber hinaus gibt sich Spider-Man in vielen Momenten gesellschaftskritisch: Der Journalist J. Jonah Jameson, Peter Parkers ehemaliger Chef und leidenschaftlicher Spider-Man-Hasser, hat einen "Fake News"-Podcast, in dem er gegen den Superhelden stänkert. Entgegen aller Fakten beschuldigt er die Spinne, New York unsicherer zu machen. Im Auftrag seines Freundes Harry Osborn soll sich Spider-Man für die Umwelt und gegen den Klimawandel einsetzen. Dazu macht er Fotos von einem kaputten Schornstein oder impft Tauben gegen die Vogelgrippe. Viel tiefer geht die Kritik nicht, das Spiel spart sich bissigere Kommentare. Die Superhelden-Action soll im Vordergrund stehen.

Was tun gegen die Eintönigkeit?

Wem die Story dafür nicht ausreicht, der findet im Manhattan des Spiels genügend zu tun. An jeder zweiten Ecke benötigt das NYPD Unterstützung. Mal überfallen Fisks Schergen einen Juwelierladen, mal wickeln Verbrecher einen Drogendeal auf dem Flachdach eines Hochhauses ab. Spider-Man schwingt zur Hilfe.

Gerade in den Kämpfen hat der Spieler Dutzende Möglichkeiten, Gegner zu überwältigen. Gegner lautlos in Spinnenseide einzuwickeln gehört zu Spider-Mans Repertoire, sie durch eine Kombination von Tritten durch die Luft zu schleudern ebenso. In längeren filmischen Einspielern darf der Spieler dagegen nur ab und zu ein Knöpfchen drücken - in diesen Momenten ist Spider-Man mehr Actionfilm als innovatives Open-World-Spiel.

Das Problem ist aber: Auch die offene Welt kann schnell eintönig werden. Die Aufgaben für Spider-Man ähneln einander stark. Neben Kämpfen an Ort und Stelle muss er hin und wieder fliehenden Verbrechern hinterherjagen. Doch die Verfolgungsjagden laufen nach dem immer selben Schema ab. Aber zu oft heißt es: Die Spinne sucht. Denn wenn gar nichts anderes los ist, kann der Superheld wenig heldenhafte Sammelaufgaben erledigen, etwa Fotos von New Yorker Sehenswürdigkeiten schießen oder in der Stadt verstreute Andenken sammeln. Als Belohnung erhält der Spieler Marken, mit denen er seine Ausrüstung verbessern kann.

Eine Sache macht in Spider-Man allerdings auch noch nach vielen Stunden Spaß: von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer schwingen. Es kommt selten vor, dass man als Spieler lieber die vom Computerspiel vorgesehene Fortbewegungsmethode nutzt, als zum Beispiel per Knopfdruck abzukürzen (im Spiel fährt der Held dann U-Bahn). Schwung, links zieht das Empire State Building vorbei, Schwung, Hausdach, Schwung - dann ein Funkspruch der Polizei. Die Pflicht ruft. Mal wieder.

"Spider-Man" ist am 7. September 2018 für Playstation 4 erschienen.

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