Klima:Solar- und Windparks könnten Wüsten ergrünen lassen

Receiver in solarthermischem Kraftwerk

Solar- und Windkraftwerke in Nordafrika können das Klima in der Region beeinflussen.

(Foto: dpa)
  • Computersimulationen zeigen, wie große Solar- und Windparks in Nordafrika das Klima in der Region verändern könnten.
  • In der Sahelzone würde es wahrscheinlich mehr regnen und in der Sahara könnten plötzlich Pflanzen wachsen.
  • Die Studie ließ jedoch einige wichtige Faktoren unberücksichtigt.

Von Christopher Schrader

Um die Welt zu verändern, tippen manche Wissenschaftler lediglich ein paar Zahlen in einen Computer, der das Klima der Zukunft simulieren kann. So haben es Yan Li von der University of Illinois und seine Kollegen getan, als sie virtuell Windräder und Solaranlagen in der Sahara und Teilen der Wüsten auf der Arabischen Halbinsel installierten. Was würde wohl passieren? Der Computer lieferte eine verblüffende Antwort: Die Sahara und die im Süden benachbarte Sahelzone würden ergrünen (Science).

Von Mauretanien bis Oman haben die Forscher in ihrem Modell Windparks mit neun Terawatt Leistung und Solarzellen mit 250 Terawatt installiert. Das wären etwa drei Millionen Windräder, gut 100-mal so viele, wie heute in Deutschland stehen, und 6000-mal so viele Photovoltaik-Module. Sie würden zusammen etwa 4,5-mal so viel Strom liefern, wie alle Kraftwerke der ganzen Welt zurzeit erzeugen. Das Klima der Region würde sich dadurch stark verändern: Die Windräder würden den Wind bremsen und die Luftschichten vermischen. Besonders nachts würden sie wärmere Luft von oben zur Oberfläche holen. Die Solarzellen wiederum sind dunkler als der Sand unter ihnen und würden mehr Sonnenwärme absorbieren. Die Temperaturen würden dadurch im Mittel um gut zwei Grad ansteigen.

Gleichzeitig gäbe es mehr Niederschläge, besonders in der Sahel-Region. Ein wesentlicher Faktor dabei ist die Vegetation, die dort langsam sprießen würde. Das Autorenteam um Yan Li hat für die Studie zum ersten Mal eine dynamisch reagierende Pflanzenwelt in das Modell aufgenommen. Auch die neuen Blätter und Halme sind dunkler als der Sand und würden die Veränderung beschleunigen, von der sie dann selbst wieder profitieren könnten. 80 Prozent des Effekts beruhen dem Modell zufolge auf dieser Rückkopplung.

Auch in der Sahel-Zone gäbe es wahrscheinlich mehr Niederschläge

"Wir haben uns auf die Sahara konzentriert, weil sie die größte Wüste der Welt und kaum besiedelt ist", sagt Yan Li. "Sie reagiert empfindlich auf Veränderungen in der Landnutzung und liegt nahe an Europa und dem Nahen Osten, die beide einen großen und wachsenden Energiebedarf haben." Die Sahara ist in der Studie aber auch die einzige Wüste, in der die Energieerzeugung derart starke Folgen für das regionale Klima hat. Die Folgen des virtuellen "Energieparks Nordafrika" bleiben aber nicht auf den Kontinent beschränkt. Im brasilianischen Amazonas-Becken steigen die Temperaturen in dem Modell an, und die Region von Iran bis Nordindien bekommt weniger Regen also zuvor.

Bevor man aber nun Millionen Windräder und Solarmodule für ein Projekt grüne Sahara bestellt, sollte man genauer hinschauen. Die Wüste ist mit einem groben Raster simuliert worden, sagen die Autoren der Studie selbst, und der Effekt hängt stark davon ab, welche Qualität die eingesetzten Solarzellen haben. Zudem, merkt Axel Kleidon vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena an, waren die Effekte zwar "plausibel und nachvollziehbar". Doch die neu wachsende Vegetation müsste auch Zeit haben, sich zu entwickeln, und dürfte daher nicht gleich von der großteils am Existenzminimum lebenden Bevölkerung der Sahelzone genutzt werden.

Auch Bewohner der Sahara wie die Tuareg wären wohl wenig begeistert von den Plänen, ergänzt Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. "Mit anderen Worten: eine rein akademische Studie, die leider soziologische, ökonomische und rechtliche Aspekte ausblendet."

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