Vor Gericht:Leiche am Feringasee: Verteidiger widerspricht dem Mordvorwurf

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Der Angeklagte sitzt neben seinem Anwalt Alexander Schmidtgall im Verhandlungssaal. (Foto: dpa)
  • Konstantin V. steht vor Gericht, weil er seine Lebensgefährtin getötet haben soll.
  • Die Leiche von Beatrice F. wurde im September 2017 am Feringasee gefunden.
  • Der Angeklagte gibt zum Prozessauftakt an, dass der Tod der Frau die Folge eines Sturzes während einer Rangelei gewesen sei.

Von Stephan Handel

Am ersten Tag des Prozesses um die sogenannte "Leiche vom Feringasee" hat der des Mordes Angeklagte die Tat weitestgehend eingeräumt. Allerdings stellte er den Tod seiner Lebensgefährtin als unglückliches Ergebnis eines heftigen Streits dar und widersprach damit der Anklage - die wirft dem 33-jährigen Konstantin V. vor, die Frau getötet zu haben, weil er für eine neue Beziehung frei sein wollte.

Unbestritten ist, dass Beatrice F. am 8. September 2017 in dem Reihenhaus in Bogenhausen, das sie mit dem Angeklagten bewohnte, zu Tode kam. Sie war zuvor für einige Tage auf Dienstreise in Frankreich gewesen, eine Gelegenheit, die Konstantin V. nutzte, um seine neue Geliebte, Margareta R. aus Prag, nach München einzuladen. Am Abend des 8. September war er mit Margareta R. in der Innenstadt beim Essen, als ihn ein Anruf von Beatrice F. erreichte: Sie sei wieder in der Stadt und komme jetzt gleich nach Hause.

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Diese Nachricht war für Konstantin V. einigermaßen fatal, denn in dem Haus standen noch Margareta R.s Sachen. So erzählte er seiner Geliebten, der Anruf sei von der Vermieterin gewesen, es habe einen Feueralarm gegeben, er müsse schnell heim. Seinen Vorschlag, sie solle doch in dem Lokal auf ihn warten, nahm sie jedoch nicht an - sie wollte unbedingt mitkommen. So fuhren die beiden mit der U-Bahn zum Bahnhof Böhmerwaldplatz, von dort lief Konstantin V. alleine voraus und traf zuhause tatsächlich auf Beatrice F., die sofort Rechenschaft wegen der Habseligkeiten forderte, die offensichtlich einer anderen Frau gehörten.

Von hier an gehen die Anklageschrift und die Angaben des Angeklagten auseinander. Laut Staatsanwaltschaft soll er im Verlauf des Streits den Vorsatz gefasst haben, seine Lebensgefährtin zu töten. Er habe sie "möglicherweise mit einem Messer" in den Bauch gestochen, niedergeschlagen und dann mit einer Kordel erdrosselt.

Konstantin V. hingegen sagt, Beatrice F. sei immer aufgeregter geworden. Um sich ihrer Angriffe zu erwehren und sie zu beruhigen, habe er sie in den Schwitzkasten genommen. In dem folgenden Gerangel seien beide übereinandergestürzt. Als er sich wieder aufrappelte, habe er festgestellt, dass sie nicht mehr atmete.

Von hier an stimmen Anklageschrift und Aussage wieder überein - mit dem Unterschied, dass der Staatsanwalt das Verhalten von Konstantin V. nach der Tat als kaltblütige Vertuschungshandlung wertet, während der Angeklagte sagt, er habe sich in einem Schock befunden, keinen klaren Gedanken mehr fassen können und nur noch versucht, aus der ausweglosen Situation herauszukommen.

V. legte die Leiche auf eine Wiese, übergoss sie mit Benzin und zündete sie an

Die Leiche verpackte er in Müllsäcke und legte sie im Keller ab. Kurz darauf traf er erneut Margareta R., ging mit ihr in ein Lokal und schließlich nach Hause, wo sie die Nacht verbrachten. Am nächsten Tag machte das Paar einen Ausflug nach Neuschwanstein, am späten Nachmittag fuhr Margareta R. mit einem Fernbus zurück nach Prag. In der Nacht holte Konstantin V. die Leiche aus dem Keller, fuhr mit ihr zum Feringasee, legte sie auf eine Wiese, übergoss sie mit Benzin und zündete sie an. Am nächsten Nachmittag wurde sie von zwei Gärtnern gefunden. Zwei Tage später wurde Konstantin V. festgenommen, weil er sich bei seiner Vernehmung durch die Polizei in Widersprüche verstrickt hatte.

Im Prozess sagte Konstantin V. zunächst zu seiner Person aus: Aufgewachsen in Oberfranken, Studium "Internationales Management", verschiedene berufliche Stationen, bis er bei seinem letzten Arbeitgeber, einem Hersteller von Bürotechnik, mehr als 100 000 Euro im Jahr verdiente. Auch seine Lebensgefährtin hatte ein gutes Einkommen - Geld war nicht das Problem in der Beziehung. Der Angeklagte berichtete jedoch von zunehmender Entfremdung - sie hätten nebeneinander her gelebt. Erst aus den Prozessakten habe er erfahren, dass auch Beatrice F. Affären gehabt habe. Er selbst sei mehrmals zu Prostituierten gegangen - bis er Margareta R. kennengelernt habe.

V.s Verteidiger Alexander Schmidtgall wies in einer Erklärung auf Ungereimtheiten hin, die er in der Anklage gefunden zu haben meint: Für die Verletzungen von Beatrice F. könne es auch andere Erklärungen geben, als die, die der Staatsanwalt für stichhaltig hält. "Was mein Mandant getan hat", sagte Schmidtgall, "ist immer noch ein schweres Verbrechen. Aber er hat seiner Lebensgefährtin nicht nach dem Leben getrachtet." Konstantin V. leitete seine eigene Erklärung mit der Bitte um Entschuldigung an die Familie des Opfers ein: "Ich verabscheue mich für die Tat, ich werde es mir selbst niemals verzeihen." Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 11.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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