Vorschlag-Hammer:Beglückt statt abgezockt

Kinder sind teuer, das ist nichts Neues. Allerdings sind sie noch teurer geworden, seit clevere Geschäftsleute Mittel und Wege gefunden haben, die lieben Kleinen mitsamt ihren Eltern über den Tisch zu ziehen, meist über das Smartphone als Einfallstor

Kolumne von Oliver Hochkeppel

Kinder sind teuer, das ist nichts Neues. Allerdings sind sie noch teurer geworden, seit clevere Geschäftsleute Mittel und Wege gefunden haben, die lieben Kleinen mitsamt ihren Eltern über den Tisch zu ziehen, meist über das Smartphone als Einfallstor. In Düsseldorf oder Ratingen sitzende "Dienstleister", die - offensichtlich rechtlich unangreifbar - "Abo"- oder Trick-SMS-Gebühren für in Malaysia, Panama oder Weißrussland sitzende Gaunerfirmen einziehen, die wiederum die auf Spieleseiten rumklickenden oder auch nur whats-appenden Kinder in Klick-Fallen locken. Mobilfunk-Betreiber machen die Abzocke gerne mit, bekommen sie doch zwischen 20 und 50 Prozent der anfallenden Beute. Das Einzige, was hilft, ist eine Drittanbietersperre, die Betreiber nach höchstrichterlichem Urteil seit 2012 kostenfrei einrichten müssen. Mein Betreiber teilte mir trotzdem noch vor drei Jahren mit, dies sei "rechtlich nicht möglich". Und heute muss man auf dem entsprechenden Vertragsänderungsformular zwischen einem Dutzend unterschiedlicher Sperren auswählen, deren Tragweite dem Laien völlig unklar bleibt. Will man daran später irgendetwas ändern, dann kostet das jeweils 12,95 Euro. Ein Geschäftsmodell, das ebenso seriös ist wie die ständigen Angebote für Flatrates oder Internet-TV für "nur 9,99 Euro" - welche dann aber laut Kleinstgedrucktem unterm Sternchen nach dem sechsten oder zwölften Monat das Zwei- oder Dreifache kosten.

Ich spreche in meinem Fall übrigens von einer Tochterfirma der Stadt München. Denn auch kommunal (mit)getragene Firmen machen den Tanz ums goldene Kälbchen besinnungslos mit, etwa die Verkehrsbetriebe. Statt meiner Tochter sieben Euro abzunehmen, nachdem ihre neue Jahreskarte nicht rechtzeitig da und der Fahrkartenautomat (nachweislich) defekt war, lässt man sie ohne Anwalt oder Eltern irgendetwas ausfüllen, das dann nach Baden-Baden geschickt wird - aller Wahrscheinlichkeit nach, damit die vollen 60 Euro Strafgebühr hängen bleiben. Wenn aber der Alltag mehr und mehr zum schmutzigen "Deal" verkommt, darf man sich nicht wundern, wenn auch die Politik in die Hände der Schacherer fällt. Auch deshalb wird die Weltmacht Nummer 1 ja inzwischen von einem windigen Geschäftemacher "regiert" beziehungsweise mit "Deals" versorgt.

Für "weiche Standortfaktoren" wie kommerziell unergiebige Kultur bleibt da wenig Luft. Aber es gibt sie noch, die ehrlichen, günstigen, seriösen, am Ende beglückenden Angebote. Inhaltlich wie räumlich. Wie etwa die aufstrebende niederländische, in Berlin lebende Sängerin Kiki Manders in der Unterfahrt (15.9.); oder der hiesige, Jahr für Jahr besser werdende Trompeter Florian Brandl mit seinem Quintett im Night Club des Bayerischen Hofs (16.9.); oder das Monstergespann von Ernst Molden und dem Nino aus Wien in der Milla (21.9.), die freilich gegen Konkurrenz wie Jeff Lynne's ELO (Olympiahalle), Philip Poisel (Tonhalle) oder Mother's Finest (Luitpoldhalle Freising) anspielen müssen.

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