Sechs Fragen an die Kandidaten:Mehr Personal, mehr Anerkennung

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Die Freisinger Direktkandidaten erklären, was sie in der Kinderbetreuung ändern wollen. (Foto: Florian Peljak)

Die sieben Direktkandidaten erläutern ihre Vorstellungen für den Bereich Kinderbetreuung. Die einen setzen auf die Wahlfreiheit der Eltern, für die anderen ist die kostenlose Kindertagesstätte eine Kernforderung.

Das Leben in der Region wird immer teurer, die Einkommen ziehen nicht mit, kaum eine Familie kommt also noch mit nur einem Verdiener aus. Was tun Sie, um die Kinderbetreuung zu verbessern? Wann kommt die kostenlose Kita?

Florian Herrmann (CSU): Der Freistaat unterstützt die Kommunen bei der Kindertagesbetreuung wie kein anderes Land - allein in 2018 mit rund zwei Milliarden Euro. Erst vor kurzem haben wir ein weiteres starkes Paket zum Ausbau der Ganztagsbetreuung und Qualitätsverbesserung auf den Weg gebracht. Neben der Förderung von 30 000 neuen Plätzen für Kinder bis zum Schuleintritt und von 10 000 zusätzlichen Hortplätzen für Kinder ab Schuleintritt haben wir auch ein Programm zur Festanstellung von 2000 Tagespflegepersonen beschlossen. Dieses Programm soll es ermöglichen, das pädagogische Personal in der Kinderbetreuung zu entlasten, die Öffnungszeiten zu flexibilisieren sowie die von Betreuung in Rand- und Ferienzeiten zu verbessern. Wir setzen auf eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung statt auf Kostenfreiheit. Gleichzeitig wollen wir den Eltern auch nicht vorschreiben, ob sie ihre Kinder in die Kita geben oder daheim betreuen. Daher haben wir das bayerische Familiengeld von 250 Euro pro Kind pro Monat für das 1. und 2. Kind und von 300 Euro ab dem 3. Kind für Kinder im 2. und 3. Lebensjahr eingeführt - das sind insgesamt 6000 beziehungsweise 7200 Euro pro Kind. Wir stehen für Flexibilität und Anreize statt Verbote und Vorschriften.

Markus Grill (SPD): Die Bayern-SPD hat die kostenfreie Kita in ihrem Wahlprogramm. Wie übrigens auch den kostenfreien Kindergarten. Selbst wenn wir ab 14. Oktober. in Bayern die Alleinregierung stellen (Achtung Sarkasmus!), kommt die kostenfreie Kita innerhalb von 3 bis 4 Jahren. Schneller geht auch bei der SPD nicht, da wir erst in einer Personaloffensive dafür sorgen müssen, dass auch ausreichend Personal für dieses Angebot vorhanden ist. Schon heute fehlen fast 12 000 Stellen in diesem Bereich, die nicht besetzt sind. Das Berufsfeld von Erziehern muss dringend aufgewertet werden. Das ist nur durch gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Entlohnung zu schaffen. Hierfür brauchen wir auch vorab eine Neuordnung der Ausbildung. Diese muss in das Berufsbildungsgesetz aufgenommen und entsprechend vergütet werden. Hierbei sollen die Fachakademien allerdings erhalten bleiben. Bisher musste für die Ausbildung teilweise eher Geld mitgebracht werden. Dies gehört künftig der Vergangenheit an. Natürlich bekommen in unserem Modell die Gemeinden ihre Aufwendungen vom Land ersetzt. Kostenlose Bildung ist Ländersache. Ich persönlich wünsche mir einen Weg, diese Berufe (genau wie die Pflege) grundsätzlich attraktiver zu machen. Unter Umständen kann auch die Anrechenbarkeit von entsprechenden Zeiten beim freiwilligen sozialen Jahr ein Ansatz sein.

(Foto: Marco Einfeldt)

Johannes Becher (Grüne): Jede Familie muss unabhängig vom Einkommen der Zugang zu guter, frühkindlicher Betreuung und Bildung offenstehen. Um dieses Ziel erreichen zu können, braucht es deutlich mehr Plätze in Horten, Kitas und Krippen; mehr Erzieherinnen und Erzieher sowie kleinere Gruppen sind dabei unerlässlich, insbesondere wenn wir unsere Verantwortung beim Thema Inklusion ernst nehmen. Das ist nicht nur notwendig, um die Qualität der Betreuung zu verbessern, sondern auch, um überhaupt den Bedarf an Kindertageseinrichtungen decken zu können. Gute Bezahlung der Fachkräfte und ausreichend Zeit für Elterngespräche und Leitungsaufgaben dürfen dabei auf keinen Fall eine untergeordnete Rolle spielen.

Auch wenn wir viel Geld in den Ausbau und die Verbesserung der Kindertagesstätten investieren müssen, ist es unser Ziel die frühkindliche Bildung möglichst beitragsfrei zu machen - beginnend mit der Abschaffung der Gebühren für das erste Kindergartenjahr über eine Staffelung der Gebühren angepasst an die persönliche Situation der Beitragszahlenden.

Genauso wie die Arbeits- und Lebensbedingungen der Familie ändern sich auch die Ansprüche und Erwartungen an die Kinderbetreuung. Wohnortnahe Betreuungsplätze mit erweiterten Öffnungszeiten und insgesamt größerer Flexibilität werden bereits jetzt und perspektivisch immer mehr benötigt.

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Benno Zierer weiß, es gibt noch mehr zu tun. (Foto: Marco Einfeldt)

Benno Zierer (FW): Die kostenlose Kinderbetreuung für Kinder ab einem Jahr ist eine Kernforderung der Freien Wähler, die wir nach der Wahl umsetzen wollen. Bildung beginnt bereits in der Kinderkrippe. Kinderbetreuung muss hier - wie in den Schulen - als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen und ebenso wie diese kostenfrei gestaltet werden. Was in Hessen, Niedersachsen oder Berlin bereits umgesetzt wurde, sollte doch auch in Bayern möglich sein. Wir wollen eine Beitragsfreiheit für Betreuungszeiten bis zu fünf Stunden täglich. Das entlastet die Familien wirklich, gerade in Ballungsgebieten, in denen die Lebenshaltungskosten hoch sind. Die Kommunen dürfen dadurch aber nicht zusätzlich belastet werden, deshalb ist eine staatliche Sockelfinanzierung nötig. Das hätte einen weiteren positiven Effekt: Die Träger der Einrichtungen bekommen mehr Planungssicherheit und müssen nicht mehr so häufig auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. Denn gerade in der Kinderbetreuung, in der es ohnehin Fachkräftemangel gibt, ist der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse immer noch zu hoch.

(Foto: Marco Einfeldt)

Jens Barschdorf (FDP): Die größte Ungleichheit im Bildungssystem steht ganz am Anfang. Durch die Gebühren für Kindertagesstätten und Kindergärten erschweren wir es gerade jungen Familien, Kind und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Auch die Öffnungszeiten in diesem Bereich sind für Vollzeitbeschäftigte oft unmöglich mit ihrem Beruf kombinierbar. Hier muss sich dringend etwas ändern. Kinderbetreuung muss schnellstmöglich kostenfrei werden und die Öffnungszeiten flexibler und vor allem auch in den Ferien. Ich halte es nach wie vor für unverständlich, dass die Stadt Freising gerade für die Familien, die ihre Kinder lange betreuen lassen müssen, die Gebühren vor kurzem massiv angehoben hat.

Zudem müssen wir die Anreize erhöhen, dass junge Menschen eine Ausbildung für diesen Beruf wählen. Diese muss kostenfrei und ein echter Ausbildungsberuf auch mit Ausbildungsvergütung sein. Dafür müssen die Ausbildungsbedingungen besser werden und es muss allen verantwortlichen Politikern klar werden, dass schon in diesen Einrichtungen Bildung beginnt. Entsprechend müssen Anerkennung und Bezahlung sein. Ich bin aber nicht der Überzeugung, dass die Lösung sein kann, dass wir diese Berufe Akademisieren. Zudem muss die Bürokratie in allen Bereichen, in denen Menschen betreut werden, geringer werden.

Felix Bergauer (ÖDP): Vor allem mangelt es an Personal. Obwohl sich Erzieher keine Sorgen um einen Arbeitsplatz zu machen brauchen, bleibt der Ansturm auf diese Ausbildung aus. Man benötigt mindestens die Mittlere Reife und hat dann fünf Jahre Ausbildung vor sich. Für ein Monatsgehalt von . 2300 bis 2900 Euro brutto ist der Job anspruchsvoll. Allerdings steht einer Erzieherin mit bestimmten Voraussetzungen in Mathe und Englisch sogar ein fachgebundenes Hochschulstudium offen. Um den Beruf attraktiver zu machen, fordert die ÖDP eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels Dieser sieht, wenn man der Bindungsforschung folgt, bei Kindern unter drei Jahren ein Betreuungsverhältnis von 1:3 (eine Fachkraft auf drei Kinder) vor und eine verlässliche und stabile Betreuungssituation: Jedes Kind muss wissen, welche Person in der Kita sich in besonderer Weise seiner annimmt. Außerdem fordern wir für echte Wahlfreiheit ein Erziehungsgehalt in Höhe von monatlich 1000 Euro, das heiß Eltern von Kindern bis zu drei Jahren könnten selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder ganz oder teilweises zu Hause betreuen oder in einen Kita-Platz oder eine Tagesmutter bezahlen und dafür einen Teil ihres Erziehungsgehalts abführen. In Freising fordert die ÖDP schon seit längerem die Senkung der Kita-Gebühren bis hin zur völligen Abschaffung.

Guido Hoyer (Die Linke): Die kostenlose Kita kommt, wenns nach uns Linken geht, sofort. Geld ist vorhanden, wenn im Landes- und Bundeshaushalt Schwerpunkte richtig gesetzt werden. Die Kommunen müssen entlastet werden. Für uns hat Kinderbetreuung Priorität, deshalb wollen wir mehr Personal und vor allem eine deutlich bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen. Für erwerbstätige Eltern sind auch Angebote am Wochenende und in den Abendstunden nötig. Für den Dienst außerhalb der normalen Arbeitszeiten müssen die Kita-Beschäftigten steuerfreie Zulagen erhalten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Bernhard Kranich (AfD): Der Kandidat der AfD hat seine Antwort zu diesem Thema aus persönlichen Gründen nicht in der vereinbarten Form und nicht zur vereinbarten Zeit eingeschickt.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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