Ryder Cup im Golf:Donnergott gegen Captain America

Ryder Cup im Golf: Primus inter pares: Tiger Woods (Mitte) reiste mit dem Turniersieg bei der Tour Championship an.

Primus inter pares: Tiger Woods (Mitte) reiste mit dem Turniersieg bei der Tour Championship an.

(Foto: Franck Fife/AFP)

Wer gewinnt den Ryder Cup? Europas Golfer setzen auf ihre emotionalen Anführer, die USA hoffen auf Tiger Woods. Die Teams und Spieler im Überblick.

Von Gerald Kleffmann, Paris

An diesem Wochenende findet der 42. Ryder Cup auf der Anlage Le Golf National westlich von Paris statt (live bei Sky). Der Kampf zwischen je zwölf Europäern und US-Amerikanern ist der ruhmreichste Teamwettbewerb im Golf. Am Freitag und Samstag werden insgesamt je acht Partien im Vierball- sowie im klassischen Vierer-Format (ein Ball pro Duo) ausgetragen, ehe am Sonntag zwölf Einzel folgen. Die USA mit Kapitän Jim Furyk, 48, sind Titelverteidiger und Favorit gegen Europa (mit Kapitän Thomas Björn, 47).

Team Europa

Justin Rose (England, 1. der Golf-Weltrangliste): Begeisterte mit 17 bei der British Open als Amateur, wurde Profi, verpasste 21 Cuts in Serie. Beispiel für Durchhaltewillen. Belohnte sich 2013 mit dem US-Open-Titel, stieg 2018 zur Nummer eins der Welt auf. Geehrt mit dem MBE (Most Excellent Order of the British Empire) aufgrund seines Sieges bei Olympia 2016. Mit dem Erfolg in Rio schaffte Rose, 38, was nur vier andere Golfer schafften: auf sechs Kontinenten zu gewinnen. In Johannesburg geboren, lebt in Orlando und London, zwei Kinder, keine Skandale. Im Ryder Cup mit Henrik Stenson als Zweierteam eine Macht.

Rory McIlroy (Nordirland/5.): Schillernd wie Ian Poulter, nur erfolgreicher. Wurde in Holywood geboren, in Nordirland ein Held. Mit 16 Debüt auf der European Tour. Mit 22 US-Open-Sieger. Von den vier Majortiteln fehlt ihm nur der beim Masters. Hat Phasen der Dominanz, Phasen der Schwächen. Wurde nach Deal mit Nike 200-Millionen-Mann genannt. Nun bei Taylormade unter Vertrag. Hatte Beziehung mit Tennisprofi Caroline Wozniacki. Krach mit einem Exmanager inklusive Prozessen. Nun ist McIlroy, 29, mit Erica Stoll verheiratet, Ex-Mitarbeiterin der US Tour. Ed Sheeran sang bei der Hochzeit.

The 2018 Ryder Cup

Team Europa: Rory McIlroy.

(Foto: REUTERS)

Francesco Molinari (Italien/6.): Knuddelig, sieht aus wie 45, ist 35. Stoiker. 1,72 Meter groß. Bruder Edoardo, 37, ist auch Profi. Stammt aus Turin, seit 14 Jahren etabliert, 2018 mit dem Coup: gewann die British Open (im Flight mit Tiger Woods). Definitiv keine Skandale. Richtig normal. Mag Inter Mailand. Dritte Teilnahme beim Ryder Cup. 2012 hielt Molinari dem Druck stand im Duell mit Woods, holte halben Punkt mit Remis. Natürlicher Schwung.

Jon Rahm (Spanien/7.): das Gegenteil von Molinari. 1,88 Meter groß. Aus dem baskischen Barrika, übers Collegegolf an der Arizona State gereift, war dort fast so erfolgreich wie Phil Mickelson. Lange der weltbeste Amateur. Kraftpaket, emotional. Hackt schon mal den Schläger in den Boden. Mit 23 etabliert in den Top Ten. Holte fünf Siege. Wird Großes zugetraut, wenn er lernt, sich zu beherrschen. Arbeitet mit Mentalcoach. Ryder-Cup-Neuling.

Tommy Fleetwood (England/12.): Der 27-Jährige, der Hans Kammerlander doubeln könnte, gilt als einer, der Majorsiege erringen könnte. Scheiterte zweimal knapp bei der US Open. Fleetwood stieg 2017 in neue Dimensionen auf, als er Europas Jahreswertung gewann. Schlich sich als Kind mit Vater Pete auf den Kurs von Royal Birkdale. Gattin Clare, die er auf den Bahamas heiratete, arbeitete in Management-Positionen und betreut nun Fleetwood. Patchworkfamilie mit drei Kindern.

Alex Noren (Schweden/15.): Der 36-Jährige aus Stockholm ist auch Rookie. Lernte die Wettkampfhärte an der Oklahoma State University, schloss in Business Marketing ab. Nach ersten Siegen machten ihm Sehnen in Handgelenken zu schaffen. Geriet fast in Vergessenheit, kehrte stärker zurück. Holte bis heute zehn Titel. Gewann 2017 die PGA Championship in Wentworth, Europas größtes Turnier nach der British Open. Spielte 2018 auf der US Tour. Edler Schwung. Könnte Ben Hogan doubeln, gäbe es nicht Bryson DeChambeau.

The 2018 Ryder Cup

Team Europa: Alex Noren.

(Foto: REUTERS)

Paul Casey (England/Wildcard/18.): Der 41-Jährige aus Cheltenham wollte Tennisspieler werden. Er bewarb sich laut PGA Tour für ein Stipendium, als er zehn war. Wurde abgelehnt und versuchte es beim Golf. War erfolgreich, dann Formkrise, private Probleme, Trennung, neues Glück, wieder verheiratet, Vater, in Scottsdale zu Hause. Immer nett, auch nach 82er Runden in Regen und Wind. Erfahren.

Henrik Stenson (Schweden/Wildcard/ 24.): Typ lässiger Dressman. Liebt das Risiko, weshalb er Berichten zufolge viele Millionen verspekulierte. Fiel auf Betrüger rein. Muss nicht hungerleiden. Fuhr Siege und Schecks seitdem ein, quer in der Golfwelt. Durchlitt Schwungkrisen, heute einer der Longhitter. Krönte seine Karriere 2016 mit British-Open-Pokal in einer Schlacht gegen Mickelson. Trägt noch coolere Gläser als Rose. Mit 42 fünfte Ryder-Cup-Teilnahme. Besitzt feine Ironie.

Tyrrell Hatton (England/26.): A gritty competitor, zäher Kämpfer, so bezeichnet sich der 26-Jährige. Lässt sich nicht einschüchtern. Könnte ihm helfen beim ersten Ryder Cup. Begann Golf mit drei. Als er den Club in Wentworth besuchte und die PGA Championship verfolgte, war klar: Er will Profi werden. Wohnt nun eine halbe Stunde entfernt von der Anlage. Schaffte 2018 die Cuts bei allen vier Majors. Fünfter bei der US Open. Puttete einmal schlecht bei einem Turnier, ging in ein Geschäft, kaufte sich einen Putter für 149 Dollar, und es lief. Unprätentiös. Vater Jeff coacht ihn.

Ryder Cup im Golf: Team Europa: Kapitän Thomas Bjorn (links) neben Sergio Garcia.

Team Europa: Kapitän Thomas Bjorn (links) neben Sergio Garcia.

(Foto: AP)

Sergio Garcia (Spanien/Wildcard/28.): Garcia und der Ryder Cup, darüber ließe sich ein Buch anfertigen. Achtmal nahm er teil, das erste Mal vor 19 Jahren. Als Rookie erlebte er den Battle of Brookline, als US-Fans und -Spieler sich aufführten wie Wilde. Feiert so leidenschaftlich Siege, wie er sie erringt. Rückte dank seiner Verdienste mit Wildcard ins Team, hat aber seit seinem Masters-Triumph 2017 zu oft gespielt, als sei er nicht Sergio Garcia. Hat geheiratet, wurde Vater. Alles gut. Aber: verpasste 2018 alle Major-Cuts.

Ian Poulter (England/Wildcard/34.): Es empfiehlt sich, im Internet nach Poulter und Ryder-Cup-Sequenzen zu suchen. Der 44-Jährige ist nur für diesen Wettbewerb geboren. Wenn andere schwächeln, legt er sich allein mit dem US-Team an. Spielt Golf mit der Seele eines Fußballers, der im WM-Finale den letzten Elfer schießen will. Ist in fünf Ryder-Cup-Einzeln ungeschlagen, verlor nur vier von 18 Matches in Vierern. Ferrari-Narr. Loses Mundwerk.

Thorbjörn Olesen (Dänemark/44.): Der Däne nannte sich nicht immer Thorbjörn. Sein erster Vorname war lange Jacob, das war ihm zu gewöhnlich. Verwendet nun den zweiten Vornamen, der sich zusammensetzt aus Thor, Donnergott, und Björn, Bär. So spielt er Golf. 28, lebt in London. Fünf Siege bisher. Geht oft ins Risiko.

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Brooks Koepka (2.): Viele dachten, McIlroy, Spieth, Dustin Johnson würden 2018 abräumen - es war dieser 28-Jährige aus Florida. Koepka, kräftig wie ein Footballer, verteidigte seinen US-Open-Titel, siegte bei der PGA Championship. Diese Majors in einem Jahr zu gewinnen, gelang nur Gene Sarazen, Ben Hogan, Jack Nicklaus, Tiger Woods. Großvater Dick Groat war Baseballer bei den Pittsburgh Pirates. Fährt gerne Jetski.

Dustin Johnson (3.): Einer der Dominatoren der vergangenen Jahre. Lange Nummer eins. Der 34-Jährige hat drei Stärken: einen Drive wie ein Kanonenschlag. Den lässigsten Gang. Ist nie gestresst. Das heißt, kürzlich war er es, aus privaten Gründen. Gerüchten, seine Ehe mit Paulina Gretzky, Tochter der kanadischen Eishockey-Ikone Wayne Gretzky, wackle, begegnete er mit einer Erklärung. Er räumte Probleme ein, aber man halte zusammen; die beiden haben zwei Kinder. War mal wegen Drogenmissbrauchs aufgeflogen, Zwangspause.

Ryder Cup im Golf: Team USA: Justin Thomas.

Team USA: Justin Thomas.

(Foto: AFP)

Justin Thomas (4.): Ryder-Cup-Neuling und doch routiniert wie ein Veteran. Ein Kind der Golfwelt. Vater Mike ist PGA zertifizierter Golflehrer. Hebt bei jedem Sieg einen Ball für Daddy auf. Stammt aus Louisville, Kentucky, wohnt in Jupiter, Florida, wo die Reichen wohnen. Schwärmt noch, wie er mit 13 eine Runde mit Ex-Basketballer Michael Jordan spielte. Ist aber der bodenständige Typ. So alt wie Jordan Spieth, startete nur später durch.

Rickie Fowler (7.): Der 29-jährige Kalifornier zählt zur Kategorie: Die Besten ohne Majortitel. War bei allen vier Majors nah dran. Dreimal Zweiter, einmal Dritter. Flache Schwungbewegung. Nachbar von Thomas in Jupiter. Sieht rebellisch aus, hat Tattoos, trägt golfuntypisch Puma als Marke, Hemden in Orange. Aber fokussiert, zielstrebig, genießt hohen Respekt. Ist mit US-Leichtathletin Allison Stokke verlobt.

Bryson DeChambeau (Wildcard/8.): Golfprofessor. Tüftler. DeChambeau, 25, aus Clovis, Kalifornien, gilt als "Brain". Versucht seine Sportart unter physikalischen Gesetzen zu verstehen. Studierte Physik. Alle Schäfte seiner Schläger sind gleich lang: 95,25 Zentimeter. Alle anderen verwenden Schäfte, die immer kürzer werden, vom Driver startend bis hin zu den Wedges für die kurzen Distanzen. Auch mit Griffdicken experimentiert er. Taufte jeden Schläger. Eisen 6 nennt er Juniper, wie Bahn 6 in Augusta. Schiebermütze. Hat deutsche Wurzeln mütterlicherseits.

Jordan Spieth (10.): Drei Majortitel, war Nummer eins, sein dritter Ryder Cup. Und immer noch erst 25. Diskutiert mit Caddie Michael Geller gern lange vor Schlägen. Kann sich gut selbst beschimpfen für Fehler. Skandalfrei. Setzt sich sehr für seine autistische Schwester ein. Das Time-Magazin zählte 2016 den Texaner aus Dallas zu den 100 einflussreichsten Menschen.

Bubba Watson (13.): Golferischer Cowboy. Der 39-Jährige aus Bagdad, Florida, schwingt die Schläger wie Lassos. Manche Schläge sehen wie Trick-Shots aus. Autodidakt, noch viel radikaler als Fowler. Gewann zweimal das Masters, bereits zwölf Siege auf der US Tour. Adoptierte mit Gattin Angie zwei Kinder. Sehr gläubig, spendet viel. Möchte mal Bürgermeister in seinem Wohnort Pensacola werden.

2018 Ryder Cup - Previews

Team USA: Bubba Watson.

(Foto: Getty Images)

Patrick Reed (14.): Ob er zum Ryder Cup passt? Sein Spitzname lautet Captain America. Das sagt alles. Ist das Pendant zu Ian Poulter. Wirkt wie aufgepumpt, pusht sich zu genialen Schlägen. Major-Champion, seit dem Masters 2018. Aber auch ein schwieriger Charakter. In einem Buch wurde er dargestellt als jemand, der betrog auf dem Platz, der sich homophob äußerte, der arrogant war. USA Today nennt ihn "den Schurken der Golfwelt". Der 28-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder, aber den Kontakt zu den Eltern abgebrochen. Ließ diese gar per Polizei abführen. Was hinter dem Drama steckt? Reed schweigt dazu.

Tony Finau (Wildcard/16.): Finau aus Salt Lake City ist der erste Profi auf der PGA Tour, dessen familiäre Wurzeln nach Tonga und Samoa reichen. Hat sechs Geschwister. Hatte Angebote für Basketball-Stipendien am College. NBA-Profi Jabari Parker ist ein Cousin. Bezeichnet sich als Partymuffel. Lieh sich mal 50 000 Dollar von einem Geldgeber, zahlte sie laut ESPN sofort zurück. Nahm mit Bruder Gipper an der TV-Show "The Big Break" teil, der Reality-Fernsehsendung über Golfer. Kämpfte sich über kleine Touren in den USA und Kanada hoch. 2018 elfmal in den Top Ten. Zwei Kinder. Nennt Fire Knife Dancing, das in Samoa zelebriert wird, sein Hobby.

2018 Ryder Cup - Morning Fourball Matches

Team USA: Tony Finau.

(Foto: Getty Images)

Webb Simpson (17.): Einer, der gerne übersehen wird. 33, aus Raleigh, North Carolina, vier Kinder, hat sich stattliche Erfolge verdient. Darf sich seit dem US-Open-Erfolg 2012 Major-Champion nennen. Blieb von 2014 bis 2018 sieglos, hatte Putting-Probleme. 2018 aber mit Comeback. Gewann die Players Championship, das größte Nicht-Major-Event. Starkes kurzes Spiel, beim Abschlag nicht der längste.

Tiger Woods (Wildcard/21.): Überfigur des Sports seit 22 Jahren. 14-Major-Titel, Milliardär, vereint fünf ethnische Wurzeln (afrikanisch, indianisch, chinesisch, thailändisch, holländisch). Absturz, sportlich, privat, Scheidung, Therapien, vier Rücken-Operationen. 2017 zugedröhnt mit Medikamentencocktail von der Polizei aufgegriffen. 2018 furios zurückgekommen. Gewann gerade die Tour Championship in den USA. Seine Teilnahme in Paris veredelt den Ryder Cup, wenngleich Woods, 42, keine überragende Bilanz hat.

Phil Mickelson (Wildcard/25.): Lange der Antipode zu Woods. Beliebt beim Golfvolk, redet mit den Fans. Instinktiver Schwinger. Zockt gerne, verzockte auch viel, war mal in Aktieninsiderdeal verwickelt. Sage und schreibe 51 Turniersiege, aber nur fünf bei Majors. Angesichts seines Talents viel zu wenig. Inzwischen enger mit Woods. Auf die älteren Tage - Mickelson ist 48 - werden die zwei fast Freunde. Zuletzt formschwach.

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