Kirche:Wo bleibt der Staatsanwalt?

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Leser sind empört über den Ausmaß des Missbrauchsskandals in der Katholischen Kirche. Einige rufen nach dem Staatsanwalt, andere bekennen ihren deutlichen Vertrauensverlust.

" Was Kirche tun muss" vom 24. September, " Einsam, gehemmt und sexuell unreif" vom 19. September sowie "Marx zeigt sich beschämt" vom 17. September:

Aufklärung und Strafverfolgung

Ich finde, dass die Justiz der Bundesrepublik Deutschland unbedingt Schritte zur Aufklärung und Strafverfolgung bei Kindesmissbrauch unternehmen muss. Ist das nicht ein Offizialdelikt, bei dem die Staatsanwaltschaft ermitteln muss? Ist die katholische Kirche ein exterritoriales Gebiet des Vatikanstaates? Wo ist da die Staatsanwaltschaft? Jeder Pädagoge müsste sich bei dem Verdacht vor einem Gericht verantworten. Würde er oder sie verurteilt, verlöre er auch seinen Arbeitsplatz und unterläge einem Berufsverbot. Bischöfe dagegen verlieren lediglich ihre Pfründen, behalten aber ihre Titel, nach vatikanischem Recht. Wird der Kindesmissbrauch in diesem Rahmen in Bayern geduldet, wo kürzlich der Ministerpräsident für alle öffentlichen Dienstgebäude das Aufhängen des Symbolums auch der katholischen Kirche verfügt hat? Das wäre die Kehrseite der engen Verbindung der Kirche mit dem Staat.

Wolfgang Wendler, Weimar

Krimineller Tatbestand

Nach meinem Verständnis ist Kindesmissbrauch ein schwerer krimineller Tatbestand. Warum ermittelt hier ein handverlesenes Gremium und nicht das Staatsorgan, das für Ermittlungen bei Straftaten zuständig ist und auch über die entsprechenden Mittel und Kompetenzen zur Aufklärung verfügt, nämlich die Staatsanwaltschaft?

Fritz Linck, Stadtbergen

Erschreckendes Bild

Die Zahlen, die die neue Studie der Bischofskonferenz zum Umfang des Machtmissbrauchs durch Mitglieder des Klerus nennt, sind in ihrer Höhe, auch weil von einer zusätzlichen signifikanten Dunkelziffer ausgegangen werden muss, erschreckend. Zu hoffen ist, dass die Bischöfe endlich auch die offensichtlichen Zusammenhänge mit bestimmten Strukturen in den Blick nehmen, anstatt darauf zu beharren, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Als ehrenamtliche Vertreterin der Pfarrgemeinden in der Region München brennt mir die Frage auf den Nägeln, was diese Erkenntnisse konkret für das Leben in den Kirchengemeinden bedeuten. Mehr als fünf Prozent der diözesanen Priester (plus Dunkelziffer!) sind als Täter aufgefallen: Was heißt das beispielsweise für die Eltern, die ihre Kinder in Ministranten- und sonstige kirchliche Jugendgruppen schicken? Werden sie dort nur noch verheiratete pastorale Mitarbeiter akzeptieren? Oder: Was bedeutet das für das Priesterbild überhaupt? Acht Jahre nach Canisius/Berlin kommt von der Kirchenleitung hoffentlich niemand mehr auf die Idee, von uns Gläubigen zu fordern, wir müssten Vertrauen haben. Dies war damals für mich deshalb ein Tiefpunkt von bischöflichen Reaktionen, weil Vertrauen etwas ist, das nur absichtslos erworben und nicht gefordert werden kann.

Insofern ist die Auftragsvergabe der Studie durch die Kirche selbst ein Fortschritt, auch wenn der verweigerte Zugang externer nichtkirchlicher Forscher zu den Unterlagen das Versprechen von Offenheit und Transparenz wieder konterkariert hat. Hier zeigt sich: Wir haben ein umgekehrtes Vertrauensproblem, nämlich eins von der Kirchenleitung in uns Gläubige.

Hiltrud Schönheit Vorsitzende des Katholikenrates der Stadt und Region München

Frauen als Priester

Ein positiver "Klimawandel" könnte in der katholischen Kirche dadurch erreicht werden, dass Frauen zum Amt der Diakonin und später auch der Priesterin zugelassen werden. Frauen sind bisher nicht durch sexuelle Gewalt an Schutzbefohlenen aufgefallen. Es gibt keine ernst zu nehmenden Gründe gegen das Priestertum der Frau in der katholischen Kirche. Der Papst und die Kardinäle in Rom tun unrecht daran, Frauen auch heute noch von diesem Amt auszuschließen.

Veronica Gruber, Altötting

Immer weniger Vorbild

Die römisch-katholische Kirche erschreckt durch immer neue Skandale und ist so immer weniger Heimat oder Vorbild. Eher eine sehr problematische Institution mit sehr vielen sehr unseligen Vorschriften und in der Konsequenz auch sehr ungeeigneten Leitungsfiguren. Reformen sind seit Jahren vom Kirchenvolk erwünscht, aber leider bringt kein Kardinal oder Papst den Mut auf, solche Reformen durchzuführen. So wird der Abgrund Kirche leider immer größer.

Dr. Gisela Forster, Berg a. Starnberger See

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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