Lernen von Kirchseeon:Mehrgleisig fahren

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Grafinger wollen zusätzlichen Lärmschutz und gründen dazu einen Arbeitskreis, dieser soll ein überparteiliches Bündnis sein

In Kirchseeon gibt es bereits seit Anfang des Jahres eine Bürgerinitiative gegen Bahnlärm entlang der Strecke München-Rosenheim. Seit Mittwochabend gibt es ein weiteres Bündnis. Gegründet wurde es in Grafing, und zwar im Grafing-Bahnhofer Gemeindesaal. Sprecherin des "Arbeitskreises Bahnlärm" ist Martina Wolinski.

"Der Lärm wird immer mehr und ist mittlerweile eine echte Belastung für die Anwohner geworden - auch bei denen, die nicht direkt neben den Gleisen wohnen", sagt die Grafingerin. "Mit dem Zulauf für den Brennerbasistunnel wird es nochmal mehr", verweist sie auf die Pläne der Bundesregierung. "Das bedeutet alle drei bis fünf Minuten ein Zug."

Niemandem im Arbeitskreis ginge es um eine Einschränkung des Schienenverkehrs, betont die Grafingerin. "Aber er muss so leise wie möglich sein." In einer Partei ist Wolinski nicht aktiv. Ein wesentliches Ziel des Initiators und stellvertretenden Grafinger FDP-Vorsitzenden Claus Eimer ist damit erreicht: Einen in der Spitze parteifreien Anti-Bahnlärm-Zusammenschluss.

Inhaltlich ist der Grafinger Aktionskreis voll auf einer Linie mit den bereits gebildeten Bündnissen entlang der Bahnlinie. "Unsere zentrale Forderung ist, dass der Ausbau wie eine Neubaustrecke behandelt wird", sagt Wolinski. Im Vergleich zu einer lediglich als Ausbaustrecke klassifizierten alten Strecke mit neuen Gleisen wären die Anforderungen an den Lärmschutz deutlich höher. Mit günstigen Schienenstegdämpfern, deren Nutzen obendrein fragwürdig sei, lasse man sich nicht abspeisen.

Zwar hat der Bund die Neubau-Klassifizierung in Aussicht gestellt, ja aus mancher Betrachterperspektive sogar zugesagt. "Das glaube ich erst, wenn die Unterschrift drunter ist", zweifelte einer der Besucher. Formal soll der Grafinger Arbeitskreis eigenständig auftreten. "Wenn viele kleine Arbeitskreise bei den politischen Entscheidungsträgern und dem Verkehrsministerium Druck machen, hat das wahrscheinlich größere Erfolgschancen, als wenn es nur ein einziges größeres Landkreisbündnis gibt", schätzt Wolinski. Bildlich gesprochen will der Arbeitskreis also mehrgleisig fahren.

Die Eigenständigkeit bedeute schließlich nicht, dass jeder das sprichwörtliche eigene Süppchen koche. Heißt im Grafinger Fall: "Dass wir als neuer Arbeitskreis von denen lernen, die schon länger dabei sind." Der Grundstein hierfür dürfte schon gelegt sein. Die Nettelkofener Bahnlärmkritiker sind, weil es in Grafing ja bis Mittwochabend noch keinen Zusammenschluss gab, bereits an den Aktionskreis in Kirchseeon angedockt.

© SZ vom 28.09.2018 / thri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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