Hoffenheim mit 1:2 gegen Leipzig:Abwehr der Talente

29 09 2018 xmeix Fussball 1 Bundesliga TSG 1899 Hoffenheim RB Leipzig emspor v l Jubel zum

Siegbringer, Doppelpacker: Leipzigs Yussuf Poulsen.

(Foto: Jan Huebner/imago)

Ohne wichtige Spieler stößt die TSG an ihre Grenzen. Leipzig hingegen gehört nach dem Doppelpack von Yussuf Poulsen zur Spitze der Liga.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Aus Erfahrung die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist klug. Ralf Rangnick ist 60 Jahre alt und sagt von sich selbst, er lerne nie aus. In der vergangenen Saison verlor RB Leipzig gegen die TSG Hoffenheim zwei Mal deutlich (2:5 und 0:4), am Samstag aber gewann RB ein richtungsweisendes Duell in Hoffenheim mit 2:1. Rangnick, seit dieser Saison nicht nur Sportdirektor, sondern auch Trainer der Leipziger, setzte erstmals in der Abwehr auf eine Dreierkette, weil die Offensivstärke der Hoffenheimer mit der gewohnten Viererkette in der Vergangenheit "nur schwer zu verteidigen war". "Die Umstellung kam nicht ganz aus der kalten Hose", erklärte Rangnick: "Weil wir während Bundesligaspielen schon ab und an mal auf Dreierkette umgestellt haben."

Aber viel Zeit, diese Dreierkette zu trainieren, habe es wegen der englischen Wochen auch nicht gegeben. Leipzig gewann diese Partie nicht unverdient, weil Yussuf Poulsen zum richtigen Zeitpunkt mit seinem ersten Doppelpack in der Bundesliga die zwei Führungstore für die Ostdeutschen erzielte (53., 73.) und die Hoffenheimer erst in der Nachspielzeit durch einen verwandelten Elfmeter durch Andrej Kramaric zu spät den Anschluss schafften. Für RB bedeutet der Sieg mit nun elf Punkten den Sprung in die Spitzengruppe. Hoffenheim hingegen hinkt in der Liga mit sieben Zählern weiter hinterher.

Hoffenheim fehlte die komplette etatmäßige Abwehrkette

Doch noch viel schwerer wie das Ergebnis für die Badener wiegt: Gegen Leipzig fehlte die komplette, etatmäßige Abwehrkette. Neben dem Langzeitverletzten Benjamin Hübner fielen kurzfristig auch Ermin Bicakcic (Wadenprobleme), Havard Nordtveit und Abwehrchef und Kapitän Kevin Vogt aus (beide Oberschenkelprellung). Stattdessen spielten Kevin Akpoguma und Stefan Posch neben Bundesligadebütant Justin Hoogma in der Dreierkette. Besonders Akpoguma war an diesem Tag in den Duellen gegen den schnellen Timo Werner und den robusten Poulsen überfordert. Beim vorentscheidenden 0:1 ließ Akpoguma Poulsen beim Abschluss zu viel Raum und fälschte den Ball dann auch noch unglücklich ins Tor ab. Mit dieser Abwehr der Talente ist die TSG auf diesem Niveau nicht konkurrenzfähig.

Das Verletzungspech in der Defensive trifft die TSG zur Unzeit. Am kommenden Dienstag hofft Trainer Julian Nagelsmann wenigstens auf die Rückkehr von Vogt. Dann geht es in der Champions-League gegen den englischen Meister Manchester City, bevor kommenden Sonntag das wichtige Ligaspiel vor der Länderspielpause gegen Eintracht Frankfurt ansteht. Im fünften von sieben Spielen in 22 Tagen war den Hoffenheimern die Belastung anzumerken. Es fehlte in manchen Situationen die letzte Spritzigkeit, auch wenn Nagelsmann trotzig sagte: "Wenn wir in der ersten Halbzeit in Führung gehen, gewinnen wir." Aber nach Ishak Belfodils Kopfball knallte der Ball nur an die Latte - von dort auf die Torlinie und wieder zurück ins Spielfeld (19).

Das Spiel verlief anders, als Nagelsmann es vorher erwartet hatte. Statt Hoffenheim weit in deren eigenen Hälfte zu attackieren, zogen sich die Leipziger zunächst zurück und warteten auf Fehler der Gastgeber. Der starke Torwart Peter Gulasci, der mit einer tollen Parade den Ausgleich der TSG durch Adam Szalai verhinderte (65.), erklärte die Herangehensweise so: "Wenn wir ehrlich sind, dann hat uns Hoffenheim in der letzten Saison mit unserer eigenen Taktik geschlagen - das wollten wir nicht ein drittes Mal zulassen."

Das Fehlen von Leipzigs Spielmacher Emil Forsberg fiel nicht ins Gewicht

Es war also eine erfolgreiche Rückkehr für Ralf Rangnick an die alte Wirkungsstätte, er hatte ja einst Hoffenheim von der dritten in die erste Liga geführt. Nach der Demission von Ralph Hasenhüttl fungiert Rangnick in dieser Saison auf der Trainerbank als Platzhalter für Nagelsmann, der RB in der kommenden Saison übernehmen soll. Am Samstag machte Rangnick taktisch alles richtig, während Nagelsmann bei seiner Mannschaft das hohe Tempo der letzten Wochen vermisste. Beide Trainer spielten die besondere Konstellation vor und nach dem Spiel herunter, es ging vor allem um drei wichtige Punkte, die RB zurecht mitnahm.

Nach der Heimpleite zum Auftakt in der Europa-League gegen Bruderklub Salzburg gewann Leiptig nun in der Liga sieben Punkte in drei Spielen. "Vielleicht war Salzburg ein Wachpunkt", meinte der dänische Doppeltorschütze Poulsen und meinte wohl Weckruf oder Wendepunkt. Rangnick hatte nach der Pleite die beiden Spieler Mukiele und Augustin aus disziplinarischen Gründen zwischenzeitlich suspendiert. "Wir haben auf Dinge reagiert, die nicht im Sinne der Mannschaft waren und aus dem Spiel gegen Salzburg gelernt, dass wir im Sinne der Mannschaft verteidigen müssen", erklärte er die Entwicklung.

Das hat in Hoffenheim erneut gut geklappt, das Fehlen von Spielmacher Emil Forsberg fiel nicht ins Gewicht. In Hoffenheim aber haben sie am Samstag schmerzvoll erfahren, dass besonders Kevin Vogt in der Abwehr und im Spielaufbau nicht zu ersetzen ist. Spieler wie Akpoguma oder Posch wachsen an der Seite von Vogt. Ohne ihren Kapitän und mit einem dritten Talent wie Hoogma auf dem Platz aber, stoßen diese Spieler und auch die TSG an Grenzen

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