Australien:Tampon-Steuer? Abgeschafft!

Victorian Greens Senator Janet Rice addresses the media outside the Commonwealth Parliament Offices in Melbourne

Die australische Grünen-Senatorin Janet Rice mit Tampon-Tax-Gegnerinnen vor dem Parlamentsgebäude in Melbourne.

(Foto: REUTERS)
  • Nach 18 Jahren Protest hat Australien die Zusatzsteuer auf Frauen-Hygieneprodukte in Höhe von zehn Prozent gekippt.
  • In Deutschland werden Damenhygieneartikel mit dem höchsten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent versteuert;

Von Carolin Gißibl

Australien ist ein entspanntes, scheinbar harmloses Land weit weit weg, mit Kängurus, dem Uluru und so weiter. Dass Australien auch als Land der Zukunft gilt, mit Konflikten und Verwerfungen, die einem in Europa noch ins Haus stehen, fällt oft hinten runter (bzw. down under). Gerade wird aber das touristisch Niedliche von einer politischen Entscheidung überlagert, von der man dachte, sie eines Tages eher aus Schweden zu vernehmen denn aus Australien: Das Land schafft die Besteuerung von Tampons ab.

Ausgerechnet die Mitte-Rechts-Regierung einigte sich darauf, die Zusatzsteuer auf Frauen-Hygieneprodukte in Höhe von zehn Prozent zum Jahreswechsel zu kippen. 18 Jahre hatten Frauen protestiert, klebten sich blutige Binden auf die Stirn oder verkleideten sich als Tampons. Auf der Straße streckten sie Schilder in die Luft: "Ich blute auf den Kapitalismus", "Steck dir deine Mehrwertsteuer..." oder "Axe the tax", was soviel heißt wie "die Steuer abschaffen". Im Internet formierte sich der Protest hinter dem Hashtag #tampontax.

Tampons in Australien sind mit der Goods and Services Tax (GST) von 10 Prozent belegt, einer Steuer auf Waren und Dienstleistungen. Durch den Absatz von Tampons brachte sie dem Staat jährlich rund 20 Millionen Euro ein. In Deutschland werden Damenhygieneartikel mit dem höchsten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent versteuert: Jährlich werden somit etwa 87 Millionen Euro eingenommen. Ein verminderter Steuersatz gilt nur für sogenannte Produkte des "lebensnotwendigen Bedarfs" - worunter unter anderem Kaffee und Trüffel zählen, aber auch Schnittblumen oder Zeitungen.

Kein Wunder, dass auch hierzulande viele Frauen protestieren: "Ich blute. Deutschland profitiert" oder "Ich blute für mein Land", heißt es auf der Petitionsseite von #BloodyLuxuryTax. Dort kann eine Frau ausrechnen, wie viel sie bisher für ihre Periode ausgegeben hat und wie viel davon auf Steuern entfällt. Ein großzügig kalkuliertes Rechenbeispiel zeigt: Eine Frau zahlt während ihrer fruchtbaren Lebenszeit (es wird von 40 Jahren ausgegangen) durchschnittlich etwa 1650 Euro Steuern für Hygiene während ihrer Periode.

"Die Periode ist kein Luxus - senken Sie die Tamponsteuer!", nennt sich eine andere Petition mit bisher 87 417 Befürwortern. Sie wenden sich gegen die hohe Besteuerung von Binden und Tampons. Diese stelle "eine fiskalische Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts dar, die das Grundgesetz eigentlich nicht erlaubt."

Dramatische Züge hat die Tampon-Steuer in Schottland angenommen. Dort kamen vermehrt Mädchen während ihrer Regel nicht mehr in die Schule, weil sie sich Hygieneartikel nicht leisten konnten, wie der Guardian berichtete. Das Problem bekam den Namen: "Period Poverty", auf Deutsch: "Periodenarmut". Die Regierung intervenierte und rief ein Pilotprojekt ins Leben, bei dem eine Institution, ähnlich wie die Tafel in Deutschland, Tampons und Binden an Frauen und Mädchen verschenkt.

Großbritannien, Spanien und Frankreich haben die Steuer bereits auf den europäischen Niedrigsatz von 5,5 Prozent gesenkt. Anders hingegen Schweden, Dänemark, Norwegen und Ungarn - sie bilden die Schlusslichter der EU. Komplett abgeschafft wurde die Tampon-Steuer in Kanada, Kenia, Indien und Tansania - und nun auch in Australien. "Der gesunde Menschenverstand hat sich durchgesetzt", sagte Josh Frydenberg, Australiens stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Partei. Mal sehen, was von diesem Menschenverstand in Deutschland und andernorts ankommt.

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, für Klopapier gelte der verminderte Steuersatz. Wir haben das korrigiert. Auch auf Klopapier werden 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben.

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