Kinderbetreuung:Stadt will Kita-Gebühren deutlich senken

Die Senkung der Kita-Gebühren ist laut einem Urteil des Münchner Verwaltungsgerichts rechtswidrig.

Von ihrem Ziel, diese für Eltern kostenlos zu machen, ist die Stadt München freilich wieder abgerückt.

(Foto: Florian Peljak)
  • Eltern, die ihren Nachwuchs in Kitas der Stadt betreuen lassen, werden stark entlastet: Die Gebühren sollen drastisch fallen, die Einkommensgrenzen nach oben verschoben werden.
  • Auch Familien, deren Kinder in Kitas freier Träger gehen, die nach der Münchner Förderformel bezuschusst werden, profitieren von dem Millionengeschenk.
  • 310 private Kitas und 214 Eltern-Kind-Initiativen bleiben dagegen außen vor.

Von Jakob Wetzel

Zehntausende Münchner Familien mit kleinen Kindern werden künftig viel Geld sparen: In einem Großteil der Kindertagesstätten will die Stadt die Gebühren von September 2019 an drastisch senken. Am Donnerstag haben Oberbürgermeister Dieter Reiter, Schulbürgermeisterin Christine Strobl und Stadtschulrätin Beatrix Zurek (alle SPD) ihre Pläne im Detail vorgestellt. Demnach sollen in Kitas der Stadt sowie von freien Trägern, die nach der Münchner Förderformel bezuschusst werden, fast durchweg deutlich niedrigere Gebühren gelten - in Krippen, Kindergärten, Horten und Tagesheimen sowie bei der neuen "Kooperativen Ganztagsbildung" in Grundschulen.

Das betrifft fast 54 000 Kinder, und profitieren sollen Eltern in allen Einkommensstufen. Die Stadt rechnet dafür im Jahr mit Mehrausgaben von etwa 45,5 Millionen Euro. Am Mittwoch soll zunächst der Bildungsausschuss des Stadtrats darüber beraten. Er rechne aber mit wenig Gegenstimmen, sagte Reiter. In dieser Frage zögen im Rathaus alle an einem Strang.

Konkret ist vorgesehen, die Höhe der Gebühren zum Teil um mehrere Hundert Euro im Monat zu senken. Dabei werden besonders die Eltern von Unter-Dreijährigen entlastet. Denn weil die Betreuung hier aufwendiger ist, kostet ein Krippenplatz bislang oft mehr als das Doppelte eines Kindergartenplatzes. In Zukunft aber sollen in beiden Einrichtungen Gebühren in gleicher, niedrigerer Höhe fällig werden. Wie viel sich eine Familie dadurch sparen würde, zeigt ein Beispiel: Eine Familie mit einem Jahreseinkommen von 60 000 Euro brutto, deren Kind acht Stunden am Tag eine Krippe besucht, muss bislang monatlich 332 Euro Gebühren bezahlen, der Kindergarten würde sie später 147 Euro im Monat kosten. Künftig wären es beide Male nur 60 Euro. Ermäßigungen für Geschwisterkinder, wie es sie bisher bereits gibt, sollen bestehen bleiben.

Darüber hinaus verschiebt die Stadt die Einkommensgrenzen nach oben. Bislang müssen Eltern nur dann nichts für die Kinderbetreuung zahlen, wenn sie weniger als 15 000 Euro brutto im Jahr verdienen - etwa 11 000 Münchner Kinder besuchen deshalb gratis eine Kita. Künftig will die Stadt erst ab einem Einkommen von 50 000 Euro Gebühren erheben - dann würden knapp 24 000 Kinder kostenlos betreut. Zudem soll der Höchstsatz, der bislang ab einem Einkommen von 60 000 Euro fällig ist, fortan erst ab 80 000 Euro greifen. München sei teuer, sagte OB Reiter. "Eine Familie mit zum Beispiel 70 000 Euro Einkommen im Jahr verdient eigentlich nicht schlecht, aber in München stößt sie trotzdem an ihre Grenzen." Und die Stadt könne Familien nirgends so effektiv entlasten wie bei der Kinderbetreuung.

Von ihrem Ziel, diese für Eltern kostenlos zu machen, ist die Stadt freilich wieder abgerückt. Denn der Freistaat Bayern verlangt, dass Kitas ihre Gebühren nach Buchungszeit staffeln, sonst kürzt er die Zuschüsse. Diese Regel soll verhindern, dass Eltern mehr Zeit buchen, als sie brauchen, blockiert aber effektiv die Gratis-Kita: Ohne Gebühren gibt es auch keine Staffelung und damit weniger Geld vom Freistaat. Die Stadt habe das durchgerechnet, sagte Reiter. Würde die Stadt alle Gebühren abschaffen, würde sie das nicht 45,5 Millionen Euro zusätzlich kosten, sondern 469 Millionen Euro. Bereits jetzt stecke die Stadt jährlich 160 Millionen Euro in die Förderung von Kitas, sagte Stadtschulrätin Zurek.

Für alle gelten die neuen Gebühren freilich nicht. In München gibt es etwa 85 000 Betreuungsplätze für Kinder, profitieren werden aber nur die Eltern von knapp zwei Dritteln von ihnen. Außen vor bleiben 310 private Kitas und 214 Eltern-Kind-Initiativen, die der Münchner Förderformel nicht beigetreten sind, etwa weil sie den hohen Verwaltungsaufwand für diese Art der Förderung scheuen. Man wolle die Elterninitiativen aber nicht ausschließen, sondern sie motivieren, doch beizutreten, sagte Schulbürgermeisterin Strobl. Dafür könne man ihnen etwa bei der Verwaltung helfen. Denkbar sei auch, Elterninitiativen künftig auf andere Weise zusätzlich zu fördern. Eine Beitragsentlastung für sie werde geprüft, heißt es in der Beschlussvorlage des Bildungsreferats. "Für die Elterninitiativen wird uns auch noch was einfallen", sagte Reiter, von den neuen Gebühren sollten möglichst viele Kinder profitieren. "Es geht um die Kinder und die Eltern, nicht um die Gestaltung der Förderung."

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