Merkel in Israel:"Und wie viel Prozent der Professoren sind Frauen?"

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Karrieretipps von Merkel: "Zugreifen! Und die Chance füllen." (Foto: AFP)

Die Bundeskanzlerin fühlt sich beim Austausch im akademischen Umfeld in Israel sichtlich wohl. Sie gibt Studenten Karrieretipps - und spricht überraschend offen Geschlechterungleichheiten an.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Jerusalem

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte es gar nicht erwarten. Als sie nach der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa von dessen Präsident Ron Robin am Donnerstagvormittag gefragt wurde, ob er Fragen zulassen dürfe, beschied sie ihm knapp: "Deshalb sind wir ja hier. Los geht's!"

Die deutsche Kanzlerin blieb keine Antwort schuldig auf Fragen der Studenten, die ins Auditorium des Israel-Museums gekommen waren. Selbst auf die Frage nach Karrieretipps antwortete sie: "Zugreifen! Und die Chance füllen." Als Robin stolz hinzufügte, dass 65 Prozent der Studenten in Haifa weiblich seien, fragte Merkel gleich zurück: "Und wie viel Prozent der Professoren sind Frauen?" Da musste er kleinlaut "Nachholbedarf" bekennen.

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Der Kanzlerin ist es gelungen, Netanjahus Siedlungspolitik zu kritisieren, ohne den Premier zu vergrätzen. Damit hat sie mehr Schneid bewiesen als ihr eigener Außenminister.

Kommentar von Alexandra Föderl-Schmid

Die promovierte Physikerin fühlte sich bei diesem Austausch im akademischen Umfeld sichtlich wohl. Sie stellte dann selbst viele Fragen, als sie sich kurz darauf im Foyer mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu einige konkrete Wirtschaftsprojekte, bei denen Israelis und Deutsche zusammenarbeiten, näher erklären ließ. Als sich dann etwa zwei Dutzend Unternehmensvertreter zu einem Gespräch mit ihr, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Netanjahu einfanden, befand sie nach einem Blick in die Runde süffisant: "Das scheint noch eine sehr männliche Domäne zu sein." Ihren Hinweis, dass man beim nächsten Mal auf eine etwas andere Zusammensetzung achten könnte, wollte sie als "Ermutigung" verstanden wissen.

Dass die Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft und Wirtschaft intensiviert werden soll, war eines der konkreten Ergebnisse dieser siebten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen. Zum ersten Mal waren nicht nur fast alle Kabinettsmitglieder, sondern auch eine Wirtschaftsdelegation dabei. Zum letzten Mal wurde dieses hochrangige Treffen, das Merkel selbst 2008 erstmals initiiert hat, vor drei Jahren abgehalten. Aus Verärgerung über die israelische Siedlungspolitik, die eine Umsetzung der Zweistaatenlösung und damit eines Staates für Palästinenser erschwert, sagte Berlin ein Treffen im Frühjahr 2017 ab.

Dass diesmal eine Absage wegen des von Deutschland kritisierten Abrisses des Beduinendorfes Khan al Ahmar im Raum gestanden hätte, bestritt Merkel. Uneinigkeit herrschte diesmal vor allem beim Thema Iran. "Es hat Milliarden Dollar in die Hände des Hauptsponsors des Terrorismus in der Welt und des führenden Aggressors im Nahen Osten - Iran - gebracht", sagte Benjamin Netanjahu. Merkel bekräftigte das gemeinsame Ziel, eine nukleare Bewaffung des Iran zu verhindern. "Wo wir nicht immer einig sind, ist der Weg zu diesem Ziel", so Merkel wörtlich.

Als alles andere als selbstverständlich vor dem Hintergrund der NS-Verbrechen bezeichnete Merkel sowohl die heutige Freundschaft zwischen beiden Ländern wie auch das wieder erstarkte jüdische Leben in Deutschland. Die Verantwortung für die Shoah bezeichnete sie als "immerwährend" für Deutschland. Es sei Teil dessen, "was wir mit dem Begriff 'Heimat' in unserem Land beschreiben", sagte sie bei der Entgegennahme der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa.

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