FC Ingolstadt:Gärtner ruft den Abstiegskampf aus

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Schlechtes Omen für Alexander Nouri: Als Trainer drei Partien zum Start zu verlieren, das widerfuhr beim FCI nur Horst Köppel 2009. Der stieg ab. (Foto: Stefan Bösl/imago)

"Der Trainer sucht noch nach der richtigen Mischung", sagt Ingolstadts Geschäftsführer nach dem 1:2 gegen Paderborn. Der Klub hat alle drei Partien unter Anleitung von Trainer Nouri verloren.

Von Johannes Kirchmeier

Es dauerte etwas, doch dann war es da, das befreiende Gefühl, das sie so lange nicht mehr erlebt hatten. Erst schoss Konstantin Kerschbaumer nur Jamilu Collins im Strafraum an. Der Abpraller fiel ihm noch einmal vor die Füße. Er tätschelte den Ball mit seinem rechten Fuß sachte in Richtung des Paderborner Tores. Von der Latte aus tropfte dieser in der 63. Spielminute ins Netz. Was folgte, war: ein lauter und Sekunden andauernder Schrei der Zuschauer im Sportpark. Kerschbaumer drehte sich, er ballte seine Faust.

Sein Tor war das Tor, das ein Fußballstadion, eine Stadt und ihren Zweitliga-Verein wieder erweckte. Fortan waren plötzlich nicht mehr die etwa 100 Paderborner Fans zu hören, sondern die restlichen in Rot-Schwarz gekleideten Menschen. Allerdings auch nur so richtig für zehn Minuten: Am Ende unterlag der FCI am Sonntag trotz Kerschbaumers Anschlusstor 1:2 (0:1) gegen den SC Paderborn.

Das bedeutet die fünfte Niederlage in der zweiten Liga nacheinander. Die zuvor ambitionierten Ingolstädter bleiben Tabellen-17., sie könnten bereits am Montag auf den letzten Tabellenplatz rutschen. "Alle müssen mittlerweile wahrnehmen, dass es nur um eines geht: den Klassenverbleib", sagte der Geschäftsführer Harald Gärtner. Nach gerade einmal neun Spieltagen merkt der Verein, dass er im Abstiegskampf steckt. Und Alexander Nouri mutiert derweil zum 1:2-Coach: Nach Köln und Union Berlin unterlag er nun also auch Paderborn mit exakt diesem Ergebnis. "Der Trainer sucht noch nach der richtigen Mischung", sagte Gärtner.

Ein positiver Effekt des Trainerwechsels wollte sich bisher nicht einstellen. Drei Partien zum Start zu verlieren, das widerfuhr bisher als FCI-Coach einzig Horst Köppel 2009, der später abstieg. Nouri hätte sich aber durchaus Punkte verdient. Daher sprach auch er von einem "bitteren Nachmittag". Alleine zweimal trafen die Ingolstädter die Torlatte. Doch sie begannen die Partie letztlich viel zu verunsichert. Nouris Forderung, seine Mannschaft solle mit "Mut und Entschlossenheit" auftreten, wollte diese keine Taten folgen lassen, Wille und Überzeugung fehlten. Ging einmal ein Ball verloren, rannten die Ingolstädter eben nicht immer geschlossen hinterher, sondern schüttelten den Kopf, lavierten herum und entschieden sich erst nach Sekunden zur Rückeroberung des Balles.

Die erste Chance hatten trotzdem Nouris Spieler: Mit einer feinen Halbfeldflanke visierte Linksverteidiger Paulo Otavio Osayamen Osawe an, der aus sechs Metern drüberköpfelte (11.). Was Nouri dazu brachte, sich im warmen Sportpark seiner Jacke zu entledigen. Doch in Jeans und Polo-Shirt schaute es sich nicht leichter: Nach einem Abwehrfehler drang Ben Zolinski in den Strafraum. Der Paderborner schoss mittig aufs Tor, Torhüter Marco Knaller patschte den Ball zur Seite weg (17.).

Ansonsten stand der FCI mit den neu installierten drei Innenverteidigern aber gefestigter als zu Beginn der Saison. Bis die Abwehr doch patzte und verhängnisvoll foulte: Philipp Klement, der bereits beim 2:2 gegen Fürth per Freistoß getroffen hatte, erledigte seinen Job souverän. Er zwirbelte den Ball über die Mauer, Ingolstadts Torwart Knaller sprang in seine linke Ecke, doch er tat das mit zu wenig Kraftaufwand. Und so flog er nach den Gesetzen der Physik zu langsam, um den Ball in die Finger zu bekommen. Schon nach 33 Minuten war klar: Auch das neunte Spiel beendet der FCI nicht ohne Gegentor. Da Klement später abermals zur Tat schritt und seinen zweiten Freistoß nun unhaltbar verwandelte, sah es bereits nach einer Stunde so aus, als würde der FCI als Verlierer feststehen. Bis Kerschbaumer kam und mit dem 300. Zweitligator Ingolstadts kurzzeitig die Freude zurückbrachte. Nach dem Tor scheiterte Sonny Kittel per Freistoß nur knapp an SCP-Torwart Leopold Zingerle (65.), genauso wie Angreifer Stefan Kutschke per Kopf (67.). Per 16-Meter-Schuss hätte letztlich auch Kerschbaumer ausgleichen können, doch Sebastian Schonlau fälschte den Ball ab (69.).

Dann riss die Angriffseuphorie plötzlich aber wieder ab, das Stadion wurde leiser. "Wir brauchen ein Erfolgserlebnis", sagte Gärtner daher. "Was meint ihr, was hier los gewesen wäre, wenn wir in der 90. Minute das 2:2 gemacht hätten?" Wie im Eishockey drückten die Oberbayern die Führenden in den letzten Minuten noch einmal in die eigene Hälfte, der Ball sollte das Tornetz trotzdem nicht mehr berühren.

Nun steht dem Klub eine ungemütliche Länderspielpause bevor, auch wenn Nouri sagt: "Grundsätzlich ist es für uns alle gut, dass wir nun intensiver arbeiten können." Was sie tun müssen: Die nächsten beiden Partien sind Abstiegsduelle. Erst tritt Ingolstadt im kalten Herbst beim Tabellensechzehnten Sandhausen an, dann geht es gegen den Letzten Duisburg. Nouri wird seine Jacke dort wieder brauchen.

© SZ vom 08.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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