Premier League:Die Spitzenteams rücken enger zusammen

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Vertauschte Rollen: City-Trainer Pep Guardiola (r.) zeigt Jürgen Klopp einen ihm wohlbekannten Gesichtsausdruck - das sog. Jürgen-Klopp-Gesicht. (Foto: Phil Noble/Reuters)
  • Das 0:0 zwischen Liverpool und Manchester City in der Premier League belegt, wie wichtig die direkten Duelle der Spitzenklubs für den Titelkampf werden könnten.
  • Nach der Rekordsaison von ManCity scheint die Spitzengruppe enger zusammengerückt zu sein.
  • Das liegt auch daran, dass dem Klub seine charakteristische Leichtigkeit abhandengekommen zu sein scheint.

Von Sven Haist, London

Der Ball flog in die Luft, immer höher, immer höher. Bei der Ausführung seines Elfmeters hatte sich Riyad Mahrez fürs Risiko entschieden, für einen Vollspannstoß, der auf Wucht statt Präzision setzt. Eine Variante, bei der der Schütze leicht mal die Kontrolle über die Flugbahn verliert. Auch dieses Mal. Mahrez, der im Sommer für circa 70 Millionen Euro von Leicester City zu Manchester City gewechselt war, drosch den Ball übers Tor und hinauf zu den Zuschauern auf die Tribüne.

Man musste den Eindruck gewinnen, Pep Guardiola, dieser Pedant, der in Manchester alles kontrolliert, vom Gewicht der Profis bis zur Rasenlänge auf dem Trainingsplatz, habe ein Detail übersehen. Er habe nicht in die Statistik geschaut. Denn dieser Mahrez hat jetzt in der Premier League fünf seiner letzten acht Elfmeter verballert. Mit einer Trefferbilanz von insgesamt 58,3 Prozent (nur sieben Elfmetertore in zwölf Versuchen) hat der Flügelstürmer gar die zweitschlechteste Quote in der Premier-League-Historie. Allein ein gewisser Juan Pablo Angel (2001 bis 2007 bei Aston Villa) war am Punkt noch mieser drauf, der Kolumbianer verwandelte nur fünf seiner zehn Versuche.

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"Ich habe das nicht gewusst. Im Training hat er perfekte Elfmeter geschossen. Ich entschuldige mich", sagte Guardiola zu seiner Nominierung. Nach der Auswechslung des bei City sonst für die Elfmeter eingeteilten Argentiniers Sergio Agüero entschied Guardiola, der sonst keine Entscheidung trifft, ohne sie tausendfach mittels Videoanalyse geprüft zu haben, plötzlich neu. Eigentlich wäre der Brasilianer Gabriel Jesus dran gewesen. Doch der Trainer erteilte einen anderen Befehl. Guardiolas Irrtum in der 86. Minute besiegelte zwar das 0:0 am Sonntagabend beim FC Liverpool, aber das blieb ohne fundamentale Folgen. Ging es dem Titelverteidiger doch im Kern weniger darum, ein Tor zu schießen, als gegen Liverpool mal keines zu kassieren. Ein ungewöhnlicher Arbeitsansatz für diesen notorischen Offensiv-Propheten.

Beide Klubs hatten sich bis zum Elfmeterversuch nahezu neutralisiert. Was City derzeit reicht, so früh in der Saison, denn in der vorigen Spielzeit coachte Guardiola sein Team mit einer übermütigen Strategie gegen das von Jürgen Klopp betreute Liverpool zum Viertelfinal-Aus der Champions League. Am Sonntag verzichtete Guardiola auf diffizile taktische Spielereien. Dies drückte auch der Wert von 50,6 Prozent an Ballbesitz aus - es war der geringste Ligawert für City, seit der Katalane dort 2016 sein Amt aufnahm. Der Abwehrverbund rückte näher ans eigene Tor, die Außenverteidiger hielten ihre Stellung in der Defensive, und wenn Manchester dann doch mal angriff, sicherten stets genügend Spieler die Deckung ab für den Fall eines Ballverlustes.

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Die erste Nullnummer im 15. Aufeinandertreffen zwischen Klopp (ehemals Dortmund) und Guardiola (ehemals FC Barcelona, FC Bayern) hatte aber auch Signalcharakter. Sie belegt, wie wichtig die direkten Duelle der Spitzenklubs für den Titelkampf werden könnten. Jahrelang hieß es, der Reiz der Premier League nähre sich auch daraus, dass zwar nicht alle den Titel gewinnen können, wohl aber an einem gute Tag jeder jeden schlagen könne. Doch nach der Rekordsaison von Manchester City (100 Punkte, 106 erzielte Tore) scheint die Spitzengruppe enger zusammengerückt zu sein. Was auch daran liegt, dass ManCity seine charakteristische Leichtigkeit abhandengekommen zu sein scheint.

Angedeutet hatte sich dies bereits in der Rückrunde der Vorsaison, als City nur noch fünf Punkte mehr holte als Liverpool, in der ersten Saisonhälfte waren es noch 20 gewesen. Der Trend wird tabellarisch dokumentiert: In ManCity, Chelsea und Liverpool liegen drei Klubs mit je 20 Punkten gleichauf; dahinter folgen Arsenal und Tottenham mit 18. Sieben der zehn Punktverluste dieser fünf Klubs resultieren aus den Begegnungen untereinander, sowohl Liverpool als auch Arsenal haben sich keinen Aussetzer in Spielen gegen den Rest der Liga geleistet. Erstmals seit der Saison 2011/12 konnten von den führenden Klubs der Premier League nach acht Spieltagen drei Klubs ungeschlagen bleiben.

Von den sechs Finanzgiganten der Liga liegt nur Manchester United zurück, aber dort stimmt das Betriebsklima um Trainer José Mourinho nicht. Der Portugiese ist momentan die Ausnahme, denn als Grund für die Übermacht der prominenten Klubs wird in erster Linie die Verpflichtung internationaler Hochkaräter für die Trainerbank angeführt. Von Personen, die nachgewiesen haben, dass sie das Talent von Individuen in eine kollektive Idee einbauen können. Und so hatte auch die Nullnummer von Liverpool gegen Manchester das passende Finale: Beide Trainer, Klopp und Guardiola, versicherten sich mehrmals des gegenseitigen Respekts.

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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