Chemikalie:Boden und Wasser in Altötting bleiben über Jahrzehnte belastet

Altötting Wasserschutzgebiet Chemikalien

Das Grundwasser aus dem Öttinger Forst ist stark mit PFOA belastet.

(Foto: Matthias Köpf)
  • In Gendorf wurde von 1968 bis 2003 die mutmaßlich krebserregende Perfluoroctansäure hergestellt.
  • Umweltexperten haben die Böden der umliegenden 200 Quadratkilometer untersucht. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass das Gebiet wohl noch über Jahrzehnte belastet bleibt.
  • Für die Bewohner des nördlichen Landkreises Altötting bestehe dennoch keine Gefahr.

Von Matthias Köpf, Altötting

Der Boden und das Grundwasser im nördlichen Landkreis Altötting werden wohl noch auf mehrere Jahrzehnte hinaus mit der mutmaßlich krebserregenden Perfluoroctansäure (PFOA) belastet bleiben. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die Umweltexperten von 2010 bis 2018 auf einer Fläche von rund 200 Quadratkilometern rund um den Chemiepark Gendorf vorgenommen haben. Auftraggeber der Studie waren die Firma Dyneon und deren Konzernmutter 3m, die in Gendorf von 1968 bis 2003 PFOA hergestellt und noch bis 2008 als Grundstoff für Beschichtungen von Funktionskleidung oder Kochgeschirr weiterverarbeitet haben.

Die Autoren der nun im Altöttinger Kreistag erstmals öffentlich und im Detail vorgestellten Studie kommen zu dem Schluss, dass eine Sanierung der belasteten Flächen technisch ausgeschlossen ist. Zugleich bestehe keine Gesundheitsgefahr für die Menschen. Diese nähmen PFOA vor allem über das Wasser auf, das aber im betroffenen Gebiet inzwischen fast vollständig durch Aktivkohlefilter gereinigt wird.

Mehrere Trinkwasserbrunnen im Öttinger Forst, dessen Bäume den Schadstoff regelrecht aus der Luft gekämmt und in den Boden geleitet haben, mussten vor zwei Jahre abgeschaltet werden. Das Umweltbundesamt hatte zuvor den Leitwert für PFOA im Wasser gesenkt, sodass er auch durch Mischen mit unbelastetem Wasser aus anderen Brunnen nicht mehr zu halten war. Weitere Kreise zog das Problem aber erst Ende 2017, als eine da schon ein Jahr alte Studie bekannt wurde. Demnach fanden sich in Blutspenden aus der Region weit überhöhte PFOA-Werte. Dies haben inzwischen auch breiter angelegte Bluttests an rund 1000 freiwilligen Probanden bestätigt.

Obwohl auch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und das Altöttinger Gesundheitsamt wiederholt betont haben, dass davon keine unmittelbare Gesundheitsgefahr ausgehe, sind die Skepsis und die Empörung unter vielen Betroffenen groß. Auch die Präsentation der erweiterten Bodenuntersuchung im Kreistag stieß auf Kritik und Verunsicherung bei Bürgern und Lokalpolitikern. Sie beklagen weiterhin eine fehlende Transparenz im Umgang mit dem Stoff PFOA und mit möglichen Gesundheitsgefahren. Außerdem vermissen sie eine klare Abgrenzung der betroffenen Gebiete und eindeutige Handlungsempfehlungen.

Eindeutig raten die Autoren der Studie vor allem davon ab, Wildschweinfleisch aus der Region zu essen. Alle weiteren Lebensmittel könnten weiterhin unbesorgt konsumiert werden. Bei größeren Bauvorhaben solle jedoch möglichst wenig Erdaushub entstehen und dieser nicht anderswo abgelagert werden, sondern möglichst auf ebenfalls schon PFOA-belasteten Flächen. Trinkwasser könne die Region demnach womöglich auch aus weiter entfernten Quellen beziehen.

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