Fall Brunson:Ein politischer Deal

Andrew Brunson im Juli 2018 in Izmir. (Foto: REUTERS)

Der US-Pastor Andrew Brunson war eine Geisel des türkischen Präsidenten. Erdoğan wird ihn nicht ohne Gegenleistung freigelassen haben.

Kommentar von Christiane Schlötzer, Istanbul

Schon bevor der amerikanische Pastor Andrew Brunson am Freitag zum vierten Mal in Izmir vor Gericht stand, gab es so viele Gerüchte über einen politischen Deal zwischen Ankara und Washington, dass der Ausgang des Verfahrens kaum noch überrascht. Brunson kommt frei. In der Causa hatten zwar türkische Richter das letzte Wort, die Lösung des Falles aber, der das amerikanisch-türkische Verhältnis so schwer belastete, ist ein Sieg der Diplomatie - über die Irrationalität. Die Kosten für die weitere Inhaftierung des Pastors wurden nach den Sanktionen, die US-Präsident Donald Trump verhängte, für Ankara schlicht zu hoch.

Dass Brunson eine Art Geisel war, hatte Präsident Recep Tayyip Erdoğan im September 2017 selbst suggeriert, als er einen Austausch vorschlug: Brunson gegen den Prediger Fethullah Gülen, der im US-Exil lebt und von Erdoğan für den gescheiterten Militärputsch von 2016 verantwortlich gemacht wird. Washington stellte klar, dass im US-Rechtssystem kein Platz für solche Geschäfte ist.

Die Frage ist aber dennoch: Was hat Ankara bekommen für Brunsons Freiheit? Die Türken würden zum Beispiel gerne weiter Gas aus Iran importieren, frei von US-Sanktionen, und es gibt noch andere Wünsche an Washington.

Der Fall Brunson war ein Konflikt, der sozusagen im Schaufenster stand. Dahinter gibt es tiefere Zerwürfnisse, über die Politik in Syrien etwa. Spannungsfrei dürfte das Verhältnis zwischen Trump und Erdoğan nicht sofort werden.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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