Schweiz:Gletscher verlieren massiv an Eis

Rhonegletscher in den Alpen

Ein Arbeiter befestigt weiße Spezialdecken am Rhonegletscher, um ihn vor dem Schmelzen zu bewahren. Denn insgesamt verlieren die Gletscher massiv an Masse.

(Foto: dpa)
  • Die Gletscher in der Schweiz haben im Vergleich zum Vorjahr etwa 1,4 Milliarden Kubikmeter Masse eingebüßt.
  • Hätte es im vergangenen Winter nicht so viel geschneit, wäre die Schmelze noch dramatischer ausgefallen.

Die Eismasse der Schweizer Gletscher ist im Hitzesommer 2018 massiv geschrumpft. An den etwa 1500 Gletschern schätzen die Experten den Verlust auf 1,4 Milliarden Kubikmeter oder 2,5 Prozent im Vergleich zum September 2017, berichtete die Schweizer Akademie der Naturwissenschaften. Nur der sehr schneereiche Winter habe eine noch dramatischere Entwicklung verhindert.

Insgesamt hätten die Gletscher in zehn Jahren ein Fünftel ihres Volumes verloren. "Viele Gletscher sind in den vergangenen Monaten bereits komplett ausgeapert", sagte der Glaziologe Andreas Bauder. Das bedeutet, dass der Winterschnee auf der gesamten Gletscherfläche schnell wegtaute.

Das sei doppelt problematisch, weil der hellere Winterschnee die Sonne gut reflektiert und die darunter liegenden dunkleren Eisschichten vor Sonneneinstrahlung schützt. Zudem sei Winterschnee nötig, damit die Gletscher Verluste ausgleichen und so wachsen können. Winterschnee, der den Sommer überdauert, wird über Jahre kompakter und schließlich zu Gletschereis.

Dabei wurden im vergangenen Winter teilweise Rekord-Schneehöhen gemessen. Im Kanton Wallis hätten die Gletscher etwa zu Beginn der Schmelzperiode bis zu 70 Prozent mehr Schnee gehabt als im Durchschnitt der vorangegangenen Jahre. In manchen Tälern sei so viel Schnee gefallen wie nur alle 70 Jahre zu erwarten sei. Bis Ende März habe oberhalb von 2000 Metern noch bis zu doppelt so viel Schnee gelegen wie in früheren Jahren.

Aber: Weil April und Mai extrem warm und trocken waren, seien die Schneefelder rasant schnell geschmolzen. Das Sommerhalbjahr von April bis September war das wärmste seit Beginn der Messungen Mitte des 19. Jahrhunderts, schreibt die Akademie. Vor allem habe es wenig Neuschnee gegeben.

Auf dem 2540 Meter hohen Weissfluhjoch beispielsweise, wo seit 81 Jahren gemessen werde, sei es an 87 Prozent der Sommertage nicht unter null Grad gewesen. Noch nie habe es dort zwischen Mitte Mai und Anfang September so wenig Neuschnee gegeben wie in diesem Jahr.

Nicht alle Gletscher reagieren gleich auf die klimatischen Bedingungen, wie Bauder erklärt. Wie stark ein Gletscher schrumpfe, hänge unter anderem von Länge, Eisdicke und Neigungswinkel ab. Im vergangenen Jahr allerdings gingen praktisch alle der rund 100 in der Schweiz vermessenen Gletscherzungen zurück.

Die Eismasse wird jeweils im September gemessen. Die Experten bewerten dabei den Zuwachs durch Schnee im Winter und den Verlust durch die Schmelze im Sommer.

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