Bundesregierung:"Es ist bemerkenswert"

Bundestag

Ministerin Ursula von der Leyen, hier vor einer Woche im Bundestag.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Ärger mit dem Rechnungshof, mit Abgeordneten und nun vielleicht auch noch mit der Justiz: Das Verteidigungsministerium soll IT-Berater als Scheinselbständige beschäftigt haben.

Von Mike Szymanski, Berlin

Der Einsatz von IT-Unternehmensberatern im Verteidigungsministerium beschäftigt nun auch die Justiz. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft teilte am Donnerstag mit, dass der Anfangsverdacht geprüft werde, ob das Haus von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) externe Berater als Scheinselbständige beschäftigt hat. Es liege eine anonyme Anzeige gegen Verantwortliche des Ministeriums vor, sagte ein Behördensprecher und bestätigte damit einen Bericht von Spiegel Online. Ministerin von der Leyen musste am Donnerstag im Haushaltsausschuss dazu Stellung nehmen.

Zuvor hatte bereits der Bundesrechnungshof Mängel sowie Verstöße bei der Vergabe und Finanzierung von Aufträgen moniert. Außerdem warfen die Rechnungsprüfer die Frage auf, ob in vielen Fällen der Einsatz von Beratern überhaupt notwendig und wirtschaftlich war. Sie befürchteten sogar, dass sich das Ministerium von "bestimmten Beratungsfirmen und Einzelpersonen abhängig" mache. Die Justiz beschäftigt sich nun mit Fällen, in denen IT-Berater womöglich als Scheinselbständige eingesetzt worden sind - also offiziell selbständig, tatsächlich jedoch in die Abläufe des Ministeriums eingebunden waren und Anweisungen folgen mussten.

Das Verteidigungsministerium wies am Donnerstag den Vorwurf zurück, es habe für die Berater "vorsätzlich" Meldungen an die Sozialversicherung unterlassen. Bereits vor Kenntnis der Anzeige sei das Haus auf die Deutsche Rentenversicherung zugegangen, um den Status für insgesamt sechs Personen klären zu lassen. Einem internen Erlass zufolge hatte das Ministerium auch bereits angeordnet, dass Berater ab sofort nicht mehr "als ministerielle Instanz" auftreten dürften und "dienstpostenähnliche Beschäftigungsverhältnisse" umgehend abgeschafft müssten. Auch müssten den Beratern ihre Mail-Accounts mit Adressen des Ministeriums und der Zugriff auf das geschützte Intranet-System entzogen werden.

In der IT kommt ein Berater auf Tagessätze zwischen 900 und 1700 Euro

Die Opposition macht von der Leyen Vorwürfe. Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein erklärte: "Es ist bemerkenswert, wie sorglos das Ministerium hier mit dem Geld der Steuerzahler umgeht und wie sich externe Berater im Ministerium einnisten." Er verlangt zügige Aufklärung. "Im Zweifel werden wir auch die Ministerin zwingen." Wie bei den Grünen sind die Haushälter der Liberalen der Ansicht, dass von der Leyen ein Konzept präsentieren müsse, wie das Ministerium künftig selbst das Personal und Wissen aufbauen will, das sie derzeit für viel Geld auf dem Markt einkauft. In der IT werden Tagessätze zwischen 900 und 1700 Euro gezahlt. Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker der Grünen, sagte, die Ministerin müsse aufzeigen, wie die Bundeswehr künftig ihre Aufgaben wieder "selbst erledigen" könne. Die Linken wollen "das komplette System der externen Beratung" beenden, die AfD sagt, die Ministerin dürfe die Streitkräfte nicht "dubiosen Unternehmensberatern" überlassen.

Aber auch innerhalb der Koalition steigt der Druck auf von der Leyen. Der SPD-Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler verwies zwar darauf, dass die Staatsanwaltschaft nun erst mal "in Ruhe arbeiten" können soll. Klar sei aber, "dass Frau von der Leyen jetzt gefordert ist, vollständig über Formen, Ausmaß und Kosten von externen Dritten in ihrem Haus aufzuklären", sagte er. "Die erhobenen Vorwürfe bestätigen uns darin, dass die Ministerialverwaltung und Bundeswehr personell ausgehöhlt worden sind."

Das Ministerium wies am Donnerstag darauf hin, dass bereits daran gearbeitet werde, Missstände abzustellen. Die Vergabe von Aufträgen werde zentralisiert, in den Referaten werde umstrukturiert, um die Aufsicht über solche Aufträge zu verbessern. Eine interne Ermittlungsgruppe will Hinweisen "von grobem persönlichem Fehlverhalten von Einzelpersonen im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen nachgehen", wie es heißt. Demnächst soll eine neue Dienstvorschrift für den korrekten Umgang mit Externen veröffentlicht werden.

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