Fall Khashoggi:Merkel: Derzeit keine weiteren Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien

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  • Angesichts des Skandals um die Ermordung des Journalisten Khashoggi stoppt die Bundesregierung vorerst die Rüstungsexporte nach Saudi Arabien.
  • EU-Kommissar Oettinger sprach sich hingegen gegen einen sofortigen vollständigen Stopp von Waffenexporten in das Königreich aus.
  • Khashoggi war im saudischen Konsulat in Istanbul getötet worden, was die Regierung in Riad erst auf zunehmenden internationalen Druck hin einräumte.
  • Das Auswärtige Amt erwartet durch ein Gespräch mit em Botschafter des Königreiches Antworten.

Weitere deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien sind nach Ansicht von Kanzlerin Angela Merkel derzeit ausgeschlossen. Mit Blick auf die Tötung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul sagte die CDU-Vorsitzende am Sonntag in Berlin, Rüstungsexporte könnten nicht stattfinden, "in dem Zustand, in dem wir im Augenblick sind".

Zu der Tat, die sie in aller Schärfe verurteile, gebe es dringenden weiteren Klärungsbedarf. Längst liege nicht alles dazu auf dem Tisch, die Verantwortlichen seien noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Ähnlich hatte sich bereits am Samstag Außenminister Heiko Maas (SPD) geäußert. "Zeitnah" soll deshalb auch der Botschafter Saudi-Arabiens im Auswärtigen Amt Rede und Antwort stehen, sagte Außenamts-Sprecherin Maria Adebahr am Montag in Berlin.

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:Die Allmacht des saudischen Kronprinzen ist das Problem

Die Erklärungen zum Tod des Journalisten Khashoggi sollen die Wahrheit vertuschen: dass eine Killertruppe losgeschickt wurde, um einen unliebsamen Kritiker umzubringen. Es ist nur ein Beispiel für die desaströse Politik von Mohammed bin Salman.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sprach sich gegen Forderungen nach einem sofortigen vollständigen Stopp von Waffenexporten in das Königreich aus. Zwar könnten Entscheidungen über "einzelne Rüstungsexporte" zurückgestellt werden, sagte Oettinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Eine grundsätzliche Entscheidung sollte man aber erst treffen, wenn eine umfassende Aufklärung geschehen ist - oder wenn man Vertuschung bei den Saudis vermuten muss."

Saudi-Arabien ist in diesem Jahr bisher nach Algerien der zweitgrößte Kunde der deutschen Rüstungsindustrie. Bis zum 30. September erteilte die Regierung Exportgenehmigungen im Wert von 416,4 Millionen Euro.

Auf massiven Druck hin hatte die autoritäre Staatsführung Saudi-Arabiens die Tötung Khashoggis eingeräumt - demnach kam der 59-Jährige bei einer Schlägerei um. An dieser Version gibt es allerdings Zweifel, Beobachter gehen von einer gezielten Tötung des Regimekritikers aus.

Neue Details könnte es am Dienstag geben - so hat es Erdoğan angekündigt

Mehr Details zu der Tötung, wie sie Merkel inzwischen mehrmals gefordert hat, könnte es am Dienstag geben. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat für diesen Tag eine ausführliche Erklärung zum Tod Khashoggis angekündigt. "Wir suchen Gerechtigkeit", sagte Erdoğan. Die ganze Wahrheit werde ans Licht kommen. "Warum sind 15 Menschen hierher gekommen? Warum sind 18 Menschen verhaftet worden? Das muss mit allen Details erklärt werden."

Khashoggi hatte das saudische Konsulat in Istanbul am 2. Oktober betreten, um Papiere abzuholen und war nicht mehr herausgekommen. Türkische Medien zufolge ist auf Tonaufnahmen zu hören, wie er im Konsulat gefoltert und dann getötet wurde. Ermittler gehen demnach davon aus, dass er von einem 15-köpfigen aus Saudi-Arabien angereisten Kommando getötet wurde. Die saudische Führung hatte den Tod Khashoggis erst in der Nacht zu Samstag eingeräumt. 18 saudische Staatsangehörige wurden im Zuge der Ermittlungen festgenommen.

Inzwischen haben sowohl der saudische König Salman als auch Kronprinz Mohammed bin Salman den Hinterbliebenen Khashoggis ihr Beileid ausgesprochen. Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Spa hatten beide telefonischen Kontakt zu Mitgliedern der Familie. Saleh Khashoggi, Sohn des getöteten Journalisten, habe sich für die Anteilnahme bedankt, hieß es.

Die türkische Verlobte Khashoggis ist derweil unter 24-stündigen Polizeischutz gestellt worden. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag unter Berufung auf Sicherheitskreise im Istanbuler Gouverneursamt. Warum genau sie Polizeischutz bekam, wurde nicht mitgeteilt.

© SZ.de/dpa/afp/AP/bepe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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