Mode:Achtung, die Vollmützen kommen!

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Sturmhauben mit Sehschlitz aus Wolle sind nach Vorstellung der Designer das Accessoire für diesen Winter. Damit ist endlich mal eine halbwegs brauchbare Kopfbedeckung im Trend.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Sturmhauben aus Wolle und mit Sehschlitz sind nach Vorstellung der Designer das beste Must-Have-Accessoire für diesen Winter. Damit ist endlich mal eine halbwegs brauchbare Kopfbedeckung im Trend.

Sie: Unter die Haube mit Calvin Klein

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(Foto: Hersteller)

So, die Temperaturen pendeln sich jetzt endgültig auf unter 20 Grad ein, weswegen es für Sommertypen, auch genannt Frostbeulen, aus der Jahrhunderthitze direkt hinein in die Balaklava geht. Nein, die Rede ist hier nicht von orientalischem Gebäck, also Baklava, obwohl das bei Winteranbruch auch tröstend wirken kann. Sondern von der Sturmhaube, modisch benannt nach einem Kriegsschauplatz des eiskalten Krimkriegs im 19. Jahrhundert. Damals erfanden die Briten für Soldaten die Vollgesichtsvermummung, die nur noch die Augen freiließ. Sehr wichtige Designer haben das Kriegs- und Skiaccessoire jetzt zur neuen Trendkopfbedeckung ausgerufen, Raf Simons von Calvin Klein zum Beispiel (über Netaporter.com). Die kriegerische Anmutung federn Pastellfarben und die Tatsache ab, dass man mit dem Designerstück auch Nase und Mund frei lassen kann. Und auch sonst hat die Anschaffung Vorteile: Die Sturmmaske trainiert eine gewisse Uneitelkeit - wirkt sie damit in Kombination mit ihrem Wintermantel doch so sexy wie ein Teletubby. Sie illustriert vortrefflich das manchmal vorherrschende Lebensgefühl, in stürmischen Zeiten zu leben. Sie ist warm. Und sie lohnt sich sogar finanziell, spart man sich mit ihr doch jede Menge Nylonstrumpfhosen. Die gehen ja beim Über-den-Kopf-Ziehen immer so schnell kaputt, wenn man die Lieben zu Hause mal wieder räubermäßig erschrecken möchte! Nur für einen Sparkassenbesuch ist der Trend nicht zu empfehlen. Aber es machen heute ja ohnehin alle Onlinebanking.

Er: Mal locker machen mit Gucci

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(Foto: Hersteller)

Man muss schon sagen: Einen Mann mit einer derartigen Gesichtsmaske auf der Rübe würde man lieber nicht nach dem Weg fragen. Dazu hat man einfach zu viele Filme gesehen, in denen übergezogene Sturmhauben zuverlässig andeuten, dass gleich rumgeballert wird. Wer sich aber bei grimmiger Witterung zu sportlichen Zwecken schon mal in so eine Vollmütze gezwängt hat oder an Kindertage zurückerinnert, in denen einem derlei ungefragt übergezogen wurde, muss schon zugeben: Diese Form des Überziehers trägt sich recht angenehm. Wir tendieren ja dazu, unsere Gesichtsmuskeln niemals zu entspannen, selbst im Schlaf ziehen wir Grimassen oder beißen die Zähne aufeinander. Aber verhüllt unter so einer straffen Wolldecke werden Wangen, Mund und Kinn geradezu eingeladen, einfach mal nichts zu machen und sich hängen zu lassen. Jede Maske gibt ihrem Träger ein Stück weit die Freiheit, kurz mal niemand sein zu müssen. Außerdem hält die Gesichtswolle wirklich angenehm warm, wie es sonst eigentlich nur die Bettdecke tut. Allerdings könnte es sein, dass es mit so einer Sturmhaube wie diesem Modell von Gucci (erhältlich zum Beispiel über Matchesfashion.com) doch bald wieder ungemütlich wird. Zum Beispiel, wenn man in Wien unterwegs ist und der Gendarmerie erklären muss, warum man so dreist gegen das Verhüllungsverbot verstößt. Weil es der letzte Schrei ist und die Mütze einen Wochenlohn gekostet hat, dürfte als Antwort nicht reichen. Mode ist politisch, das wäre dann einmal mehr bewiesen.

© SZ vom 27.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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