Morscher Steg:Schiff ohne Hafen

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Der bisherige Halt in Ammerland kann nicht mehr angefahren werden, weil der Steg morsch ist. Die Bayerische Seenschifffahrt sucht nun nach einem Ersatz, denn grundsätzlich boomt das Geschäft: 600 000 Fahrgäste gingen im Sommer an Bord.

Von Astrid Becker, Starnberg/Stegen

Ammerland werden die Schiffe am Starnberger See künftig nicht mehr anfahren können. (Foto: Georgine Treybal)

Der lange und nahezu durchweg strahlend schöne Sommer hat der Bayerischen Seenschifffahrt bemerkenswerte Zahlen beschert: Etwa 600 000 Fahrgäste haben sich nach Angaben des Geschäftsführers Michael Grießer in der nun zu Ende gegangenen Saison über den Starnberger See und Ammersee schippern lassen. Eigentlich also eine gute Nachricht für das Unternehmen, das einst aus der Staatlichen Seenschifffahrt hervorgegangen ist. Allerdings wird die Freude über die positive Bilanz auch ein wenig getrübt. Denn von der kommenden Saison an kann der bisherige Halt in Ammerland nicht mehr angefahren werden. Auch die jährlich anstehenden Landuntersuchungen wird die Schifffahrt am Starnberger See vor große Herausforderungen stellen - auch in finanzieller Hinsicht.

"Der Steg in Ammerland kommt weg", bestätigt der Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt. An dieser Stelle wohl auch für immer. Denn um ihn betreten zu können, mussten die Fahrgäste bisher über Privatgrund gehen, genauer gesagt, über eine Fläche, die zum "Hotel am See" gehört. Dafür gab es bislang immer einen Vertrag zwischen der Seenschifffahrt und dem Hotelbesitzer, Reinhard Sailer. Dieser wird aber nicht mehr verlängert. Das hat gute Gründe: Der dortige Steg ist derart in die Jahre gekommen, dass er nicht mehr ausgebessert werden kann. Die Schifffahrt hatte eigens dafür ein Gutachten in Auftrag gegeben, das ihr bescheinigte, wie morsch die vorhandene Konstruktion geworden ist: "Da hapert es an den Pfählen und an der Unterkonstruktion", sagt Grießer. Lauter Posten also, die gehörig zu Buche schlagen. Die Kosten für eine Sanierung würden sich laut Grießer etwa in derselben Höhe bewegen wie ein Neubau: Etwa 100 000 bis 120 000 Euro. Allein das Material sei teuer: Verwendet wird dafür nur Lärchenholz aus den Hochwäldern. "Das aber könnten wir jetzt angesichts des kommenden Winters sowieso nicht mehr bestellen", sagt der Schifffahrtschef, der wohl noch gehofft hatte, mit Ausbesserungsarbeiten könne der Steg noch für die nächste Saison ertüchtigt werden.

Denn auch mit dem Hotelbesitzer gibt es ein Problem: Der will die Fläche, über die die Fahrgäste gehen müssen, nur mehr für die nächste Saison, maximal noch für die übernächste Saison zur Verfügung stellen: "Wir sind mittlerweile im Rentenalter", sagt Sailer. Und was dann aus dem Gebäude werde, sei noch unklar: "Ein Hotel aber sicher nicht", sagt er.

Für eine oder zwei Saisons rechne sich aber ein teurer Neubau eines Stegs nicht, meint Grießer. Gemeinsam mit der Gemeinde wolle die Schifffahrt nun versuchen, einen Alternativstandort für einen Halt in Ammerland zu finden. "Leicht", so sagt er, "sei das aber nicht."

Sailer indes klingt ein wenig verärgert, wenn er über die Schifffahrt spricht: "Hätten die mal früher mit mir geredet, hätte man vielleicht schon früher den Steg renovieren können, das Material dafür bestellen oder dergleichen." Erst vor gut drei Wochen habe er von den Plänen der Schifffahrt erfahren. An seiner Entscheidung hätte das aber wohl nicht viel geändert. Denn das Verhältnis zwischen den beiden Vertragsparteien ist nicht zum ersten Mal angespannt. Bereits vor zwölf Jahren hatte die Sache mit dem Zugang zum Dampfersteg einigen Wirbel ausgelöst. Damals war eine Grunddienstbarkeit, die die Eltern Sailers der Schifffahrt eingeräumt hatten, nach 20 Jahren ausgelaufen. Reinhard Sailer, zu diesem Zeitpunkt bereits der Chef im "Hotel am See", drängte in der Folge darauf, die Vereinbarung, die Fahrgästen den Zugang zum Anlegesteg über seinen Grund gestattet, zu modifizieren, wie es damals hieß. Im Klartext hieß das: Sailer wollte nun eine Pacht dafür verlangen. Zunächst scheiterten die Verhandlungen, am Ende gab es dann doch noch, gegen eine "kleine Entschädigung", wie Sailer es heute nennt, eine Einigung.

Hotelier Reinhard Sailer will sich zur Ruhe setzen und sein Grundstück langfristig nicht mehr der Seenschifffahrt zur Verfügung stellen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Damit ist es nun vorbei. Der Gastronom Sailer will sich offenbar in absehbarer Zeit zur Ruhe setzen. Welche Pläne er dann mit seiner Immobilie am See hat, verrät er nicht. Allerdings dürfte der Grund mittlerweile einige Millionen Euro wert sein. Und das dürfte auch die Suche der Schifffahrt nach einer alternativen Haltestelle erschweren: "In Münsing gibt es einfach viele private Grundstücke am See", sagt auch Grießer. Ob es mit deren Besitzern eine Einigung geben kann, ist fraglich.

Der künftige Halt in Ammerland ist derzeit aber nicht Grießers einzige Sorge. Für die Landuntersuchung, die jedes Jahr bei einem anderen Schiff ansteht, muss der Hafen in Starnberg ausgebaggert werden. In der Vergangenheit wurde das so zu Tage geförderte Material im See verklappt. Dies ist nicht mehr erlaubt. Bodenuntersuchungen hatten Rückstände von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) nachgewiesen. Grießer zufolge wurde danach früher "gar nicht gesucht". Den geltenden Vorschriften gemäß gilt das ausgebaggerte Material nun aber als Sondermüll und muss auf einer Deponie entsorgt werden. Auch dies könne teuer werden, sagt er: "Das kommt darauf an, wie hoch die Rückstände letztlich sind. Erst wenn wir das wissen, können wir eine geeignete Deponie finden." Je weiter diese entfernt ist, desto höher die Kosten.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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