Dreier-Rekord im Basketball:Er trifft den Korb auch vom Parkplatz

Klay Thompson von den Golden State Warriors im Spiel gegen die Chicago Bulls

Klay Thompson (11) wirft und trifft: Er erzielte 14 Dreier in einem Spiel.

(Foto: USA TODAY Sports)
  • Klay Thompson von den Golden State Warriors stellt einen neuen NBA-Rekord auf: Gegen die Chicago Bulls gelingen ihm 14 Dreipunktewürfe in einem Spiel.
  • Er übertrifft damit die bisherige Bestmarke von Mitspieler Stephen Curry.

Von Matthias Schmid

Auch an diesem für ihn so denkwürdigen Abend wollte Klay Thompson nicht alles gelingen. Aber vielleicht musste es so kommen, um die Geschichte noch ein bisschen kitschiger zu machen, als sie es ohnehin schon ist. Im dritten Viertel, also kurz bevor der Basketballer der Golden State Warriors ein neues Kapitel seines Sports schreiben sollte, kollidierte er unglücklich mit seinem Mitspieler Damian Jones. Anschließend musste er mit einem gelben Stirnband auflaufen, um die Blutung zurückzuhalten. Die Wunde war so tief, dass der Teamarzt sie später mit zwei Stichen flicken musste. "Ich sah da draußen aus wie Jackie Moon", bekannte Thompson später mit einem Lächeln, "aber es fühlte sich gut an, weil er einer meiner Lieblingsfiguren in allen Sportfilmen ist und er fortan Teil meines Rekords ist." Moon, in der Komödie "Semi-Pro" dargestellt von Will Ferrell, trägt im Film immer ein gelbes Stirnband.

Thompson hat am Dienstagabend beim 149:124-Sieg über die Chicago Bulls 14 Dreipunktewürfe verwandelt - so viele wie noch kein Spieler zuvor in der 72-jährigen Geschichte der amerikanischen Basketballliga NBA. Der 28-Jährige ließ die Wirklichkeit aussehen wie einen überzeichneten Sportfilm, die Würfe von jenseits der 7,24 Meter entfernten Linie so leicht wie Freiwürfe. "Ich wusste, dass ich für einen großen Abend fällig war", sagte er nach dem Spiel ergriffen, "ich wusste das."

Merkwürdige Gefühle, so gab er später zu, überwältigten ihn, nachdem er in nur 27 Minuten mit dem 14. erfolgreichen Dreier (bei 24 Versuchen) die bisherige Rekordmarke seines Mitspielers Stephen Curry überboten hatte. Die Mitspieler draußen auf der Bank sprangen auf und rannten überschwänglich aufs Feld, als hätten sie gerade die siebte Meisterschaft gewonnen. Dabei war Thompson, der am Ende 52 Punkte sammelte, einfach in die Zone eingetaucht, wie Sportler solche Momente gerne umschreiben. Sie sind dann in einem Flow-Zustand, in dem alles zu gelingen scheint. Er hätte wohl auch schwere Medizinbälle mit Leichtigkeit im Korb untergebracht. "Es ist eines der schönsten Gefühle im Basketball, wenn du den Ball berührst und alles scheint von allein zu gehen."

Dabei hatte sich dieser Abend nicht unbedingt angekündigt. In den Spielen zuvor lief es nicht sonderlich gut für Thompson, er verwarf mehr Bälle als er traf. Aber seine hochdekorierten Mitspieler Kevin Durant und Curry hörten nicht auf, ihm die Bälle zuzupassen, sie vertrauten ihm, denn sie wussten, dass seine Würfe bald wieder fallen würden. "Dass ich mich so aus dem Tief rausziehen würde, geht natürlich nicht besser", sagte Thompson.

Golden State spielt schneller und trickreicher als die übrigen Teams

Curry und er, die beiden Guards, "splash brothers" genannt, gehören zu den besten Distanzwerfern in der NBA. Sie treffen auch vom Parkplatz aus, wie sie es in Amerika gerne nennen, wenn Spieler fähig sind, auch aus zehn Metern und mehr zu treffen. Sie haben mit ihrer Wurfstärke in den vergangenen Jahren die Liga geprägt. Die Warriors, die 2015, 2017 und 2018 den Meistertitel holten, haben darauf einen eigenen Spielstil entwickelt und die Liga der Kolosse mit einem schnellen, trickreichen Basketball revolutioniert. Sie verhalfen zudem dem sogenannten Floater, dem Wurf des kleinen Mannes, zu ungeahnter Blüte. Es war nämlich lange verpönt, beim Dribbling zum Korb den Ball im hohen Bogen über die großen Jungs hinwegzuwerfen.

"Ich habe ein paar schlechte Würfe gemacht"

Zur Stärke von Golden State gehört es, dass die Spieler auch gönnen können. Sie spielen einen selbstlosen Basketball mit vielen Extrapässen, wie sich auch an diesem Abend zeigte. Als sie zur zweiten Hälfte aufs Parkett zurückkehrten, erzählte Thompson danach, hätte Curry auf den Statistikzettel geschaut und ihm gesagt: "Hol dir den Rekord!" Es war dann auch ein No-Look-Pass von Curry, mit dem Thompson den bisherigen Bestwert einstellte, mit einem Zuspiel von Durant übertraf er ihn dann. Aber so unverschämt lässig, wie es aussah, war es dann doch nicht, wie er zugab: "Immer wenn ein NBA-Rekord auf dem Spiel steht, wird man ein bisschen nervös. Ich habe dann ein paar schlechte Würfe gemacht."

Draußen an der Seitenlinie stand Cheftrainer Steve Kerr und lächelte in sich hinein. "Ich kann gar nicht richtig ausdrücken, wie glücklich ich bin und was ich fühle, wenn ich diesen Jungs jeden Abend dabei zusehen darf, wie uneigensinnig sie spielen. Sie helfen sich gegenseitig, ermuntern sich und wollen, dass alle am Erfolg beteiligt sind."

Curry, Durant und Thompson tun sich mit ihrem Talent aber meistens noch ein bisschen mehr hervor. Sie sind allesamt Ausnahmespieler, die wissen, dass sie voneinander profitieren. "Wir beeinflussen uns gegenseitig", sagte Thompson, als er das Stirnband wieder abgelegt hatte und ein Pflaster zum Vorschein kam. Vielleicht wird ihm eine kleine Narbe bleiben, die ihn immer an diesen denkwürdigen Abend erinnert.

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